Mord und Totschlag: Kreuze in den Fluren erinnern an manch' grausigen Vorfall.
Die Vorstellung lässt das Blut in den Adern gefrieren: Bis zum Hals in den Boden eingegraben. Als lebender Grenzstein missbraucht. Und dann zu Tode gepflügt. Eine grausige Strafe, die doch einst vermutlich auf einem Gerichtsurteil beruhte, und an die noch heute ein kleines Steinkreuz in der Euerfelder Flur erinnert.
Meist registriert man sie gar nicht. Grau, unscheinbar, oft tief in den Boden eingegraben und nicht sehr hoch, manches Mal zwischen Büschen und Bäumen versteckt: Steinkreuze, die in der Flur stehen und mit Sagen und Geschichten verbunden sind, die noch immer für Gänsehaut sorgen.
Steinkreuze werden gemeinhin als Denkmäler bezeichnet, auch wenn nur manche unter Denkmalschutz stehen. Doch sie alle erfüllen die Funktion eines „Denk-Mals“: Sie erinnern an Geschehnisse und Traditionen vergangener Zeiten.
Vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis zum Ende des 16. Jahrhunderts wurden die „eigenartigen Denkmäler“, wie Kreisheimatpfleger Dr. Hans Bauer die Steinkreuze im „Großen Landkreisbuch“ bezeichnet, aufgestellt. „Es war üblich, dass an der Stelle, wo ein Mensch eines gewaltsamen, nicht beabsichtigten Todes starb, ein Steinkreuz aufgestellt wurde“, so Bauer. Der Tod im Affekt war im Mittelalter eine Privatfehde, die Hinterbliebenen einigten sich in einem Sühnevertrag. Darin waren verschiedene Dinge festgeschrieben, die der Täter abzuleisten hatte. Dazu konnte nicht nur die Übernahme der Kosten für Begräbnis und Leichenschmaus gehören. Manch einer musste ein Leben lang einen Eisenring um den Hals tragen. Zudem war am Tatort auch ein Steinkreuz zum Gedenken aufzustellen. Wer daran vorbeikam, sollte niederknien und ein Gebet für den Verstorbenen sprechen.
Heimatkundliche Veröffentlichungen berichten von einer ganzen Reihe blutiger Vorfälle, die durch die Aufstellung von steinernen Kreuzen gesühnt werden sollten. In Iphofen, so heißt es, habe ein Mann einen Hasen gewildert. Als er ihn auf einer Schubkarre nach Hause transportieren wollte, wurde er von einem Flurschütz erwischt. Mit der Sense soll der Wilddieb dem Flurschütz den Kopf abgeschlagen haben.
Im Einersheimer Tor in Iphofen erinnert ein Steinkreuz an den Tod des Ratsherrn, der 1632 um Gnade für die Stadt bitten wollte, als schwedische Truppen eindrangen. Er wurde von einem Söldner erstochen.
Während die Kreuze in Iphofen nicht unter Denkmalschutz stehen, ist eines an der Friedhofsmauer von Abtswind in der Liste enthalten: 1695 soll dort ein Bauer in der Dämmerung vorbeigefahren sein und sich über den Ruf eines Käuzchens geärgert haben. Er holte mit der Peitsche aus, doch er traf nicht den Vogel. Die Peitschenschnur wickelte sich in die Speichen der Kutsche. Als der Bauer die Schnur befreien wollte, fiel er vom Wagen und wurde überrollt.