Sicher auf dem Pedelec
Autor: Daniela Röllinger
Kitzingen, Freitag, 05. April 2019
Immer mehr Menschen nutzen die Vorteile von Pedelecs: Längere Strecken und Steigungen lassen sich problemlos meistern und wer Gelenkprobleme hat, tut sich leichter. Doch die Fahrräder mit Elektromotor-Unterstützung bergen auch viele Gefahren. Der VdK Kitzingen bietet deshalb eine Lehrveranstaltung an.
Max Michelsen ist begeisterter Fahrradfahrer. Mit dem Helm auf dem Kopf tritt er regelmäßig in die Pedale – seit vielen Jahren hilft ihm dabei ein Elektromotor. Er kennt sich aus mit der Technik seines Pedelecs, weiß, warum es wie reagiert. Weil das nicht für alle E-Bike-Fahrer gilt, bietet der stellvertretende Vorsitzende des VdK Kitzingen gemeinsam mit Steffen Matthaei am Samstag, 6. April, eine Lehrveranstaltung an. Das Thema: „Sicherer Umgang mit dem Pedelec“.
Die Zahl der verkauften Fahrräder mit Unterstützung von Elektromotoren steigt rasant an. Alleine im Jahr 2018 wurden dem Zweirad-Industrie-Verband zufolge in Deutschland 980.000 E-Bikes verkauft. Das ist ein Plus von 36 Prozent. Der allergrößte Teil davon sind Fahrräder mit elektrischer Unterstützung beim Treten bis 25 Stundenkilometer und einer maximalen Leistung von 250 Watt – die so genannten Pedelecs.
Fahrrad-Fan Max Michelsen erkundet bei seinen Touren nicht nur den Landkreis Kitzingen, sondern organisiert seit mehr als 20 Jahren auch Radreisen für den VdK. Die Teilnehmer sind zwischen 60 und 85 Jahre alt und mindestens die Hälfte, wenn nicht zwei Drittel von ihnen fahren ein Pedelec. Michelsen schätzt das Fortbewegungsmittel sehr. „Ich habe Gelenkprobleme und meine Wadenmuskulatur ist verkürzt. Da ist ein Pedelec ideal.“
Die Umstellung von einem normalen Fahrrad auf ein Pedelec fällt allerdings nicht jedem leicht. Michelsen trifft bei seinen Touren immer wieder auf Menschen, die damit Probleme haben. Deshalb hat er Steffen Matthaei vom gleichnamigen Fachgeschäft gefragt, ob sie nicht gemeinsam eine Lehrveranstaltung anbieten wollen. Der war sofort mit im Boot.
Dass es sehr wichtig ist, sich mit der Technik und den veränderten Fahreigenschaften eines Pedelecs auseinander zu setzen, zeigt ein Blick in die Unfallstatistik. 1159 Fahrradunfälle haben sich im vergangenen Jahr in Unterfranken ereignet, 122 davon mit dem Pedelec. Damit ist der Anteil der Pedelec-Unfälle im Verhältnis zur Gesamtzahl der Radunfälle zwar relativ gering. „Allerdings zeigt sie in den letzten fünf Jahren eine deutlich steigende Tendenz“, so Polizeihauptkommissar Michael Zimmer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken, allein von 2017 auf 2018 um 67 Prozent. Bei den 122 Pedelec-Unfällen wurden 120 Personen verletzt. Ein 42-Jähriger starb, als er mit seinem E-Bike bei Münnerstadt auf die Gegenfahrbahn geriet und mit einem Pkw zusammenstieß. Auch in diesem Jahr kam es schon zu einem Unfall mit tödlichem Ausgang: Ein E-Bike-Fahrer fuhr auf einem kombinierten Geh- und Radweg von hinten in zwei Frauen, eine 85-Jährige starb.
Dass die Unfälle folgenschwerer verlaufen als mit einem normalen Fahrrad, liegt oft schon an der höheren Durchschnittsgeschwindigkeit, so Zimmer. Damit ändert sich beispielsweise der Bremsweg. Dass die Bremsen gut funktionieren, ist da natürlich oberstes Gebot. Oft allerdings unterschätzen die Fahrer, wie gut die Vorderbremsen greifen. Sie ziehen sie im Fall des Falles stark an, die Bremse greift, das Hinterrad steigt hoch, der Fahrer stürzt über den Lenker. „Ein typischer Pedelec-Unfall“, weiß Steffen Matthaei. Ein anderer Unfall passiert häufig beim Anfahren: Man setzt schon mal den Fuß auf das Pedal, weil man ja schnell losfahren will, sobald die Kreuzung frei ist oder die Ampel grün zeigt. Doch das Pedelec mit Mittelmotor – die Technik, die am häufigsten verkauft wird – reagiert auf den Druck. Dann geht es ganz schnell, das Fahrrad saust los, der überraschte Fahrer hat keine Kontrolle mehr.
Die veränderten Fahreigenschaften, der verlagerte Schwerpunkt, der längere Bremsweg, das schwierigere Anfahren, das höhere Gewicht – all das sind Punkte, an die sich die Radfahrer erst gewöhnen müssen. „Wir hatten schon Leute auf der Reise dabei, die ihr Pedelec erst eine Woche hatten“, erzählt Max Michelsen. Die schafften zum Beispiel die Steigungen nicht, weil sie nicht richtig geschaltet haben. „Sie dachten ja, die Unterstützung des Motors macht das schon.“ Andere tun sich schwer damit, langsam zu fahren, „die fahren immer zu schnell“. Wieder andere sind einfach unsicher. „Vor allem Frauen haben oft Angst“, so die Erfahrung von Steffen Matthaei.