So geht es einer fränkischen Familie mit acht Kindern in der Corona-Krise
Autor: Daniela Röllinger
Geiselwind, Freitag, 08. Mai 2020
Sabine und Oliver Dehn aus dem Geiselwinder Ortsteil Rehweiler im Landkreis Kitzingen haben acht Kinder. Sieben von ihnen gehen noch zur Schule. Doch das ist nur eine der Herausforderungen, die zu Corona-Zeiten zu bewältigen sind.
Acht Kinder zwischen acht und 19 Jahren. Sieben davon gehen noch zur Schule, einer macht eine Ausbildung. Wie funktioniert das Leben einer Großfamilie in Zeiten von Corona und Home-Schooling? „Es ist eine Herausforderung“, sagt Sabine Dehn aus Rehweiler in Unterfranken.
Jelina ist 14 und besucht die achte Klasse. Bock auf Schule? Hat sie eher wenig. Sie zu motivieren, ist schwierig, schon zu normalen Zeiten und noch mehr, wenn Schule daheim stattfinden soll. Die Pubertät hat voll zugeschlagen. „Die Mutter zwingt mich zu lernen“, sagt sie und blickt leidend. Alle anderen lachen: „Weil du sonst nichts machst.“
Acht Kinder werden zur Herausforderung
Alle anderen, das sind Malena (19 Jahre), Damian (18), Cincia (13), Lucian (12), Brian (11), Lennian (9) und Finnian (8), die Geschwister von Jelina. Alle wohnen unter einem Dach. Alle, bis auf Damian, der eine Ausbildung macht, gehen noch zur Schule. Damit hat das Haus von Familie Dehn im beschaulichen Geiselwinder Ortsteil Rehweiler seit Wochen etwas von einer Dorfschule. Seit die Schulen in Bayern am 16. März geschlossen wurden, lernen jeweils ein Zweit-, Viert-, Fünft-, Sechst-, Siebt- und Achtklässler sowie eine Fach-Abiturientin unter einem Dach.
Die Älteste, Malena, arbeitet dabei natürlich selbstständig. Als die Schule für die Abschlussklassen noch geschlossen war, saß sie täglich von 8 bis 16 Uhr in ihrem Zimmer, um zu lernen. „Das hat ganz gut geklappt“, sagt sie rückblickend. Seit zwei Wochen geht sie im Gegensatz zu ihren Geschwistern wieder in die Schule. Die anderen Familienmitglieder hätten schon Rücksicht darauf genommen, dass sie sich auf die Prüfungen vorbereiten muss. „Und wenn es mal zu laut war, hab ich sie halt zusammengeschissen.“
Schule im "Schichtbetrieb"
Die Jüngeren arbeiten unter der Aufsicht der Mutter in Schichten. „Ich fang früh um halb neun mit den Kleinen an“, erklärt Sabine Dehn die Struktur des Home-Schoolings. „Danach kommen die nächsten.“ Lucian, der Sechstklässler, und Cincia, die Siebklässlerin, erledigen ihre Arbeiten sehr zielstrebig, lobt die Mutter. Die anderen allerdings brauchen mehr Anleitung. Und Jelina ab und zu doch eher deutlichere Aufforderungen, ihre Sachen zu erledigen. „Ihr habt halt eine blöde Mutter“, sagt Sabine Dehn in Richtung der genervten 14-Jährigen. „Ich könnte auch sagen, es ist mir wurscht.“
Ist es aber nicht, und daher gilt es, die „Herausforderung“ zu meistern. Unterschiedliche Schularten, unterschiedliche Aufgaben, unterschiedliche Programme, unterschiedliche Dateien für sieben Schulkinder – und das bei nur einem Computer im Haus. „Würde mir nicht unser Nachbar helfen, der sich mit IT auskennt, wären wir aufgeschmissen“, sagt Sabine Dehn. „Der hat uns schon öfter was eingerichtet, was wir für die Schule brauchen.“ Am Nachmittag werden die geforderten Aufgaben an die Lehrer zurückgesendet, die Mutter fotografiert sie ab und schickt sie per WhatsApp. Größere Dateien zu übermitteln sei auf dem Land schwierig, die Videos mit der Buchvorstellung und dem Gedichtvortrag zum Beispiel. Gleichzeitig viele Daten abzurufen, klappt auch nicht immer. „Wenn einer ein Lernvideo anschauen soll, wird es für die anderen schon schwierig.“ Jetzt werde deutlich, dass man „hintendran“ sei beim Thema Digitalisierung, findet Vater Oliver Dehn.
Jeder Schultag daheim will vorbereitet sein. Nachts druckt die Mutter die neuen Arbeitsblätter aus, damit am nächsten Tag jeder wieder loslegen kann. Für jedes der Kinder liegt ein Stapel auf dem Bügelbrett im Esszimmer, neben dem sich die Bügelwäsche stapelt – bei einem Zehn-Personen-Haushalt ist der nicht klein. Doch in Zeiten von Home-Schooling bleibt Sabine Dehn nichts anderes übrig, als bei der Hausarbeit Abstriche zu machen. „Die bleibt fast auf der Strecke.“ Normalerweise arbeitet sie zudem zweimal die Woche. Daran ist momentan nicht zu denken, selbst wenn die Kinder daheim mit anpacken.