Druckartikel: „Ohne is' des doch nix!“

„Ohne is' des doch nix!“


Autor: Diana Fuchs

Wiesenbronn, Montag, 13. Dezember 2021

Eine 89-Jährige, die regelmäßig im Wiesenbronner Krämerladen einkauft, wünscht sich, jedes Dorf solle auch so einen Treffpunkt haben.

Sie liebt „ihren“ Dorfladen: Marianne Werner, 89, freut sich sehr darüber, dass die „Wehrweins-Mädli“ Christiane (heute: Pötzl) und Claudia (Djuren), die sie schon als Kinder kannte, den Dorfladen in der Wiesenbronner Ortsmitte wiederbelebt haben – und jetzt Einjähriges feiern können. Fotos: DIANA FUCHS


Frühsport, Einkauf und „aweng reden“: Drei Fliegen mit einer Klappe schlägt Marianne Werner, wenn sie zum Krämerladen geht. „Seit der wieder auf hat“, sagt die rüstige 89-Jährige mit herzlichem Lachen, „bin ich sehr zufrieden“. Genau seit einem Jahr also.

Marianne Werner gehört zu den fast 20.000 Landkreisbürgern, die im Rentenalter – über 65 Jahre – sind. Die „waschechte Wiesenbronnerin“ ist geistig topfit und rege, aber nur bedingt mobil. Auto fährt sie nicht. Aber zu Fuß kommt sie überall hin, gerne mit ihrem „Wägele“, wie sie den praktischen Rollator nennt, der ihr auch beim Einkaufen gute Dienste leistet. „Unten passt alles rein, was ich brauch', und wenn ich mich mal ausruhen will, kann ich mich obendrauf lehnen.“

„Ich bin wirklich froh, dass man hier alles bekommt“

Mehrmals pro Woche steuert die zweifache Mutter, fünffache Oma und sechsfache Uroma den Krämerladen in der Ortsmitte an. Auf einem Zettel hat sie jeweils fein säuberlich notiert, was sie so alles braucht – an frischem Brot, Käse, Wurst, Obst, Putzmittel, Zahnpasta, Kaffee oder anderen Waren des täglichen Bedarfs. „Ich bin wirklich froh, dass man hier alles bekommt“, sagt sie und ihr Blick schweift durch den gut sortierten Laden. „Sogar kleine Geschenke haben sie hier.“

Mit „sie“ meint Marianne Werner die beiden Geschäftsleiterinnen: „Die Wehrweins-Mädels kenne ich schon, seit sie Kinder waren. Die sind sympathisch und man kann ihnen vertrauen.“ Die „Mädels“ sind natürlich längst gestandene junge Frauen. Sie heißen Christiane Pötzl und Claudia Djuren. Die Cousinen haben Ende November 2020 den traditionsreichen Wiesenbronner Krämerladen wiedereröffnet, nachdem er anderthalb Jahre leer gestanden war.

„Wir haben den Laden von Frau Opfermann immer sehr gern gemocht und auch schon dessen Vorgänger drüben in der Sparkasse als Kinder gekannt. Wir wollten wieder einen Treffpunkt für Groß und Klein, für Alt und Jung schaffen“, erinnert sich Claudia Djuren. „Und auch wenn Corona unser geplantes kleines Café bisher vereitelt hat, ist uns das schon ganz gut gelungen, denke ich“, ergänzt Christiane Pötzl.

Marianne Werner nickt. Die Seniorin findet es „spitze“, dass Pötzl und Djuren auch auf Wünsche der Kunden eingehen. „Ich wollte so gerne kleinere Milchportionen für meinen Kaffee kaufen, weil ich die lieber mag“, erklärt die 89-Jährige. „Die haben die Mädels dann tatsächlich bestellt.“

Christiane Pötzl bestätigt: „Manchmal geht das problemlos. Wir bemühen uns auf jeden Fall, auch individuelle Wünsche der Kunden zu erfüllen.“ Per Handy-App könne sie nachsehen, ob ein bestimmtes Produkt beim Lieferanten vorrätig ist. „Wenn ja, kann ich es gleich ordern. Das ist echt praktisch.“

„Vielleicht habt Ihr ja irgendwann auch Blumensträuße“, meint Marianne Werner. Christiane Pötzl wiegt den Kopf hin und her: „Wir haben das schon überlegt, sind aber noch auf der Suche nach einem passenden Lieferanten.“ Für alle essenziellen Frischwaren haben Pötzl und Djuren mit der Metzgerei Bausewein, der Bäckerei Brönner und dem Gemüselieferanten Will längst zuverlässige, regionale Partner gefunden. „Unser Hauptlieferant ist Igros, der Dorfladenlieferant: ein mittelständisches Unternehmen, das auch kleinere Packungseinheiten und regionale Produkte zur Verfügung stellt.“ Regionalität ist generell ein großes Thema. So gibt es im Krämerladen zum Beispiel Wein von heimischen Winzern, Honig vom Wiesenbronner Bürgermeister und sogar „vegane Geweihe“, Wandschmuck aus Filz, entwickelt vom Wiesenbronner Rüdiger Schmalz. Auch fair gehandelte Waren sind im Sortiment.

„Man findet hier wirklich alles, was man zum Leben braucht – und auch noch ein bisschen mehr“, stellt Marianne Werner mit einem Lächeln fest.

Plan für die Zeit nach Corona

Ihre Mitbürger ermahnt sie: „Wenn man will, dass der Laden im Dorf überlebt, dann darf man ihn nicht nur als Notnagel sehen.“ Von dem, was man anderswo vergessen hat, „können die Mädels und ihr Team nicht leben“. Insgesamt arbeiten neben den beiden Geschäftsleiterinnen auch noch fünf Teilzeitkräfte im Laden. Sie selbst, sagt Marianne Werner, nehme es gern in Kauf, wenn das eine oder andere Produkt vielleicht mal ein paar Cent mehr kostet als beim Discounter. „Dafür spart man sich den Einkaufsstress und die Fahrerei. Und ich kaufe sowieso nicht einfach das Billigste, sondern meine Favoriten.“

Gemeinsam mit Marianne Werner freuen sich Christiane Pötzl und Claudia Djuren auf die Zeit, wenn Corona keine große Rolle mehr spielt. Denn dann sollen im Krämerladen Tische aufgebaut werden, an denen man gemütlich einen Kaffee trinken und ein bisschen plaudern kann. „Das Reden funktioniert zwar auch so schon ganz gut“, meint Christiane Plötz. „Aus irgendeiner Ecke hört man immer wieder Sätze wie: 'Dich hab ich ja schon lang' nimmer g'sehn, wie geht's denn so?' Aber wir freuen uns trotzdem darauf, irgendwann mal noch mehr zum sozialen Treffpunkt mit noch ein bisschen mehr Gemütlichkeit zu werden.“

„Eigentlich müsste jedes Dorf so einen Laden für seine Bewohner haben“, findet Marianne Werner. „Ohne is' des doch nix!“

INFO: Treffpunkte für Alt und Jung und zugleich Nahversorger mit allem Drum und Dran – davon gibt es im Kreis Kitzingen gar nicht so viele. Neben dem Wiesenbronner Krämerladen und dem Rödelseer Dorfladen zählt das „Kumm 'rei“ in Buchbrunn dazu, sicher auch der Nenzenheimer Edeka-Weigandt oder die Markt Einersheimer Mark-Bäckerei Fuchs. In vielen Orten gibt es den Trend, dass Bäcker und Metzger Waren des täglichen Bedarfs mit ins Sortiment aufnehmen.