Marktsteft: Neuer Trend? Immer mehr Menschen werfen die Angel aus
Autor: Daniela Röllinger
Marktsteft, Sonntag, 30. Mai 2021
In sich ruhen draußen in der Natur: Die Corona-Pandemie verhilft dem Angeln zu neuem Ansehen. Die Nachfrage bei Vereinen wie dem in Marktsteft ist groß.
Was hat der Mann nicht alles in seinen Jackentaschen: ein Maßband, eine Lösezange, viele behördliche Schreiben und mehrere dicke Mappen voller Wobbler, Spinner, Blinker und schlabberiger Gummifische. Hubert Przybylla ist leidenschaftlicher Angler. Ein Hobby, das in Zeiten von Corona mehr und mehr Anhänger findet.
Bloß nicht zu nahe kommen in Zeiten der Pandemie? Darüber brauchen sich Angler nicht groß den Kopf zu zerbrechen. Sie stehen oder sitzen stundenlang am Ufer eines Sees oder Baches, in der Regel allein. Oder, wie Hubert Przybylla, mit seinem kleinen Enkel, der zwar noch nicht alleine angeln darf, aber große Freude am Hobby des Opas hat. Geredet wird wenig, nicht miteinander und auch nicht mit dem nächsten Angler, der sich ein gutes Stück entfernt platziert. „Abstand halten war schon immer eine Tugend der Angler. Endlich dürfen wir das tun, was uns sonst als Eigenbrötler gekennzeichnet hat“, sagt Hubert Przybylla und lacht. Alleine draußen in der Natur sein, in sich ruhen, das finden jetzt, in der Corona-Zeit, plötzlich viele attraktiv.
Einfach los Angeln geht nicht: Strenge Regeln
Also kurzerhand eine Angel kaufen, sich irgendwo hinstellen und den Köder auswerfen? Wer so vorgeht, macht sich strafbar. So wie zwei Männer, die Mitte April am Mainufer bei Segnitz ihre Angeln ausgeworfen hatten. Bei einer Kontrolle durch einen Fischereiaufseher konnten sie die erforderliche Erlaubnis nicht vorweisen. Die Folge war eine Anzeige wegen Fischwilderei.
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„Angeln darf, wer das 18. Lebensjahr vollendet und die Fischerprüfung bestanden hat“, erklärt Przybylla, Ehrenmitglied des Anglervereins Marktsteft-Marktbreit und Kreisbeauftragter für Kitzingen beim Fischereiverband Unterfranken. Für Kinder und Jugendliche gibt es Sonderregeln (siehe Infokasten.)
Wer die Fischerprüfung ablegen will, muss zunächst einen Vorbereitungskurs besuchen. Er umfasst zahlreiche Fachgebiete, die deutlich machen, wie viel Wissen Angler haben müssen. Natürlich geht es da unter anderem um die Fischkunde. Welche Fische gibt es, wie sehen sie aus, wo leben sie, wann haben sie Schonzeit? Eine Regenbogenforelle zum Beispiel darf vom 15. Dezember bis 15. April nicht gefangen werden, eine Bachforelle ist vom 1. Oktober bis 28. Februar tabu. Und wie ist das Schonmaß? Diese Zahl gibt vor, welche Größe ein Fisch haben muss, damit er gefangen werden darf. „Jeder Fisch soll die Möglichkeit haben, mindestens einmal im Leben abzulaichen“, erklärt der Obernbreiter den Hintergrund der Schonmaß-Regel. Dabei kommt es auf jeden Zentimeter an. Bei den beiden Forellenarten liegt das Schonmaß bei 26 Zentimetern, beim Barsch bei 25 Zentimetern, bei der Nase bei 35 Zentimetern. Es sind einige von vielen Arten, die im Main oder seinen Nebengewässern leben, genauso wie die Rutte, der Hasel, der Döbel oder die Elritze. Hubert Przybylla kennt sie alle, und er kennt noch viel mehr. Denn er fischt nicht nur an den Marktstefter Seen des Vereins und am Breitbach, von dem er einen Bereich jahrzehntelang gepachtet hatte.
"Die Angelei ist sehr facettenreich"
„Einmal im Jahr geht es nach Norwegen zum Hochseefischen“, erzählt er mit strahlenden Augen. „Dann geht's raus aufs Meer und wir fischen Dorsch und Heilbutt.“ Dazu braucht es andere Angelgeräte und Köder als am ruhigen See in Marktsteft. „Die Angelei ist sehr facettenreich“, schwärmt Przybylla. „Es gibt ja nicht nur Ansitzangler.“ Beim Fliegenfischen zum Beispiel oder wenn es mit künstlichem Köder auf Raubfische geht. „Da läuft man weite Strecken.“ Gewässerkunde, Schutz und Pflege der Fischgewässer, Fischhege, Rechtslehre, alles das muss lernen, wer den Fischereischein machen möchte. Man muss sich mit den Fachgeräten auskennen. Welche Angel für welchen Fisch, welchen Köder darf man nehmen? Und wie müssen die gefangenen Fische behandelt werden? Denn es ist nicht erlaubt, nur aus Spaß an der Freude zu angeln und die Tiere dann wieder zurück ins Wasser zu werfen. „Catch and release ist verboten“, betont Przybylla. „Man darf Fische nur aus hegerischen Gründen ins Wasser zurücksetzen.“ Also zum Beispiel, wenn sie noch zu klein sind oder die Art geschont werden soll. Eine sinnvolle Verwendung des Fanges ist zwingend vorgeschrieben.
Überhaupt sind die Vorschriften streng. Nicht nur das Angeln ohne Schein ist verboten, sondern schon die Verwendung des falschen Hakens oder von mehr als zwei Ruten. Wer am Main vom Boot aus angelt, macht sich strafbar, wer das Anfütterungsverbot missachtet, wer mit Würmern angelt, obwohl es laut Erlaubnisschein nicht zugelassen ist. Hubert Przybylla kann noch viele weitere Regeln aufzählen, die es zu beachten gilt.