Mühlen säumen den Weg
Autor: Daniela Röllinger
Rüdenhausen, Mittwoch, 01. Juli 2020
Vom Getreidemahlen, Streit ums Wasser und von Explosionen mit tragischen Folgen: Ein Wanderweg bei Rüdenhausen gibt Einblicke in die Geschichte von acht Mühlen.
Wo Bäche sich durch die Landschaft schlängeln, sind sie nicht weit: Über 50 Mühlen gibt es im Landkreis Kitzingen, auch wenn kaum eine heute noch für ihren ursprünglichen Zweck genutzt wird. Einen Eindruck davon, wie dicht das Netz der Mühlen ist, vermittelt der Mühlenweg in Rüdenhausen.
Ein Rundweg von acht Kilometern, aufteilbar in zwei Etappen von je vier Kilometern. Ausgangspunkt ist am Schloss in der Ortsmitte. Die Wege führen teils idyllisch am Wald entlang und über Feldwege, die den Blick weit in die Landschaft erlauben, teils aber auch schnurgerade auf betoniertem Grund ohne Schatten weit und breit. Der Wanderer muss die Bundesstraße überqueren, läuft über den Kreisverkehr der Umgehung und ein Stück nahe der Autobahn entlang. Soweit die Fakten, die nicht unterschlagen werden dürfen. Doch es würde dem Mühlenweg nicht gerecht, sich auf diese Aspekte zu beschränken. Der Heimatverein hat ihn vor vielen Jahren angelegt und stellt damit einen wichtigen Aspekt früheren Alltagslebens vor, denn der Weg führt nicht nur an acht Mühlen vorbei – auf Schildern erfahren die Wanderer auch einiges über die Geschichte der Anwesen.
Zu verdanken ist das Johann Michel. Der engagierte Rüdenhäuser war 18 Jahre Gemeinderat und 20 Jahre Vorsitzender des Heimatvereins Rüdenhausen. Die Geschichte seines Heimatortes war ihm stets wichtig. Er hat die Informationen über die Mühlen zusammengetragen, die Texte für die Schilder geschrieben, die Wegbeschreibung verfasst. Auch wenn er sich aus gesundheitlichen Gründen inzwischen nicht mehr so stark einbringen kann, ist Johann Michel der Weg nach wie vor wichtig. Und so ist ihm bewusst, dass sich am Mühlenweg etwas tun sollte, damit er attraktiv bleibt für Wanderer. „Wir werden die Wegstrecke aufgrund des Baus der Umgehung etwas abändern müssen.“ Michel könnte sich zudem vorstellen, den Ausgangspunkt vom Schloss zur Schirnbachquelle zu verlagern.
Die Quelle und das Goldbrünnle
Am Ortsrand, im schattigen Grün alter Bäume, entspringt jener Bach, der einst fünf Rüdenhäuser Mühlen mit Wasser versorgte und damit Grundlage für die Arbeit der Müller bot. Die Herrenmühle ist eine der Mühlen, die von dieser Quelle und dem sogenannten Goldbrünnle angetrieben wurden. Sie wurde 1534 als älteste Mühle in Rüdenhausen erwähnt und zwischendurch auch einige Jahre als „Obere Mühle“ bezeichnet. Wie der Name verrät, gehörte sie einst der „Herrschaft“, die sie 1696 verkaufte. Das Mühlrad drehte sich bis 1959, zuletzt wurden damit die Maschinen einer Schmiede angetrieben.
Fast genauso alt wie die Herrenmühle ist die „Leyhersmühle“, die ihren Namen 1590 von ihrem zwischenzeitlichen Besitzer, W. Leyherer bekommen hat. 1538 wurde die Lohmühle erstmals erwähnt, allerdings als „Gerbersmühle“. Vermutlich, weil dort einige Zeit so genannte „Gerberlohe“ aus gemahlener Eichenrinde produziert wurde – das Material wurde zum Gerben von Tierhäuten benötigt. Die Bodenmühle hat ihren Namen von der Feldlage „Am Boden“. „Sie wurde 1548 auf herrschaftliche Anordnung errichtet“, erklärt Johann Michel. Bis 1965 war sie als Getreidemühle aktiv. „Sie ist heute die einzige Mühle, die mit dem Wasser des Mühlbachs eine moderne Turbine zur Stromerzeugung betreibt.“
Dass sie nicht zum Mahlen von Getreide verwendet wurde, verrät schon der Name der 1715 erbauten Pulvermühle. Dort wurde Schwarzpulver hergestellt. Schon 1724 wurde sie laut Johann Michel erstmals durch eine Explosion zerstört. Der Besitzer soll versucht haben, das Pulver auf dem Stubenofen zu trocknen – es entzündete sich. Bei der Explosion kam nicht nur er, sondern auch seine Schwiegertochter ums Leben. Auch später kam es in der Pulvermühle immer wieder zu Explosionen. 1907 war geplant, dort eine Munitionsfabrik einzurichten, was aber an den Finanzen scheiterte: Die Firma ging schnell pleite.
Streit ums Wasser
An der acht Kilometer langen, mit einem schwarzen Mühlrad auf gelben Grund gekennzeichneten Runde liegt außerdem die Neumühle, die in Aufzeichnungen aus dem Jahr 1790 als „neu“ bezeichnet wurde, aber schon länger bestand. An ihrem Beispiel wird ersichtlich, dass Mühlen oft nicht nur vom Müller genutzt wurden: An den Samstagen von Walpurgi bis Bartholomäi musste die Mühle ihr Wasser zur Bewässerung der Wiesen abgeben. „Da gab es oft Streit“, berichtet Johann Michel.