„Mit Diabetes kann man leben“
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Donnerstag, 18. November 2021
Franz Ringelmann und Maria Mergler leben seit vielen Jahren mit der Krankheit. Ihren Alltag mussten sie umstellen
Zum Frühstück gibt es ein Tomatenbrot, dazu einen Apfel und eine Banane. Franz Ringelmann hat sich an diesen Start in den Tag gewöhnt. Vor 17 Jahren ist bei ihm Diabetes diagnostiziert worden.
Auch Maria Mergler hat ihr Leben in den letzten acht Jahren umgestellt. 30 Kilo hat sie seither abgenommen. Ein gutes Frühstück am Morgen und dann isst sie den ganzen Tag nichts, bis es zum Abendessen vor allem Gemüse gibt. Auf Fleisch und Süßigkeiten verzichtet sie weitgehend. „Man muss auf diese Krankheit reagieren“, sagt sie und lächelt. Bei der Ernährung hat sie eine Formel für den Verzicht gefunden: „Alles, was gut schmeckt, geht nicht mehr.“
Leben umstellen
463 Millionen Erwachsene leben laut der International Diabetes Federation (IDF) weltweit mit Diabetes. Jede zweite Diabetes-Erkrankung bleibt lange unentdeckt. 232 Millionen Betroffene leben demnach mit Diabetes, ohne es zu wissen. Auch Franz Ringelmann wusste lange nicht, dass er Diabetes hat. „Anders als bei Zahnschmerzen spürt man nichts“, sagt er. „Es tut nichts weh. Das ist das Gemeine daran.“
Ringelmann wurde 2004 in die Klinik Bad Mergentheim eingewiesen. Sein Blutzuckerwert lag bei 16 Prozent. „Normal sind sechs bis sieben Prozent.“ So einen hohen Wert hatten die Ärzte noch nie gesehen. Ringelmann musste sein Leben sofort umstellen. Abnehmen, gesunde Ernährung, Bewegung – und täglich Insulin spritzen. Vor jedem Essen führt er sich das Hormon zu, das den Blutzucker senkt. Immerhin: Mittlerweile muss er sich für die Bestimmung des Blutzuckerwertes nicht mehr stechen, sondern verwendet einen Sensor, der ihm den Wert auf einem Display anzeigt. Die Sensortechnik wird für 90 bis 180 Tage unter der Haut platziert und misst alle fünf Minuten den Zuckergehalt im Fettgewebe. „Die Forschung macht immer wieder Fortschritte“, freut sich der 75-Jährige. Geforscht wird unter anderem in Würzburg.
Fortschritte in der Forschung
Christoph Wanner leitet am dortigen Uniklinikum die Nephrologie, in der es unter anderem um Nieren- und Bluthochdruckerkrankungen geht. Wie die Pressestelle der Uniklinik berichtet, war er einer der ersten, die das Potenzial von sogenannten SGLT2-Hemmern in der Behandlung von Diabetes und Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen erkannt hat. Diese Medikamente helfen laut den Forschungsergebnissen nicht nur bei Diabetes, sie verlangsamen auch das Fortschreiten von Herz- und Niereninsuffizienz – auch bei Patienten ohne Diabetes. Wanner: „SGLT2-Hemmer sorgen dafür, dass vermehrt Zucker über den Urin ausgeschieden wird. Dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel und es kann zu einer leichten Abnahme von Gewicht und Blutdruck führen. Gleichzeitig werden Niere und Kreislauf entlastet.“
Maria Mergler und Franz Ringelmann können die Forschungsergebnisse nur Recht sein. Sie gehören zum weitaus häufigeren Typ 2, bei denen der Körper noch Insulin produziert, es aber nicht mehr verwerten kann. „Wenn man diesen Typus rechtzeitig erkennt und sein Leben umstellt, kann er heilbar sein“, sagt Ringelmann. Voraussetzung ist allerdings eine frühzeitige Erkennung. Franz Ringelmann kann allen Menschen deshalb nur empfehlen, ihren Blutzucker regelmäßig beim Arzt messen zu lassen und mögliche Anzeichen ernst zu nehmen.
„Ich war immer sehr müde und durstig“, erinnert sich Maria Mergler im Rückblick und ist froh, vor zehn Jahren zum Arzt gegangen zu sein. Ihr Tipp an junge Menschen: gesund leben, gemäßigt Sport treiben.