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Mit den Kräften am Ende: Reitanlage in Marktsteft von Corona hart getroffen


Autor: Julia Volkamer

Marktsteft, Dienstag, 02. Februar 2021

Die Reitanlage in Marktsteft hat es gerade nicht leicht. Aufgrund des Lockdowns können die Besitzer keine Reitstunden mehr geben. Doch die Tiere müssen trotzdem finanziert werden. Außerdem sind die Besitzer selbst an Corona erkrankt und kämpfen noch mit der Krankheit.
Die Reitanlage  in Marktsteft ist kurz vor dem Aus. Im Sommer konnten sie noch Reitstunden geben. Während des Lockdowns gehen nicht einmal Einzelstunden. Dazu kommt, dass die Besitzer selbst an Corona erkrankten und noch mit den Spätfolgen kämpfen.


Müde sehen sie aus, kraftlos. Die letzten Wochen haben ihre Spuren bei Barbara Eck und Michael Müller hinterlassen. Ihren großen Traum vom eigenen Reitstall haben sich die beiden besten Freunde vor dreieinhalb Jahren erfüllt. Jetzt haben sechs Monate gereicht, um ihn zu einem Alptraum werden zu lassen.

Corona hat die zwei Pferdeliebhaber doppelt hart getroffen. Mitten in diesem zweiten Lockdown sind sie mit ihren Kräften am Ende – und in doppelter Hinsicht auf die Hilfe anderer angewiesen.

Reitstall-Besitzer erkranken selbst an Corona

Der Reitstall am Traugraben liegt idyllisch über den Dächern von Marktsteft. Vom Flurweg aus sieht man nur die große Reithalle. Die 16 Boxen, teilweise mit Paddock, also kleinen, angrenzenden Freiflächen für Pferde, liegen ebenso wie die Koppeln und das Wohnhaus dahinter versteckt. Es ist eine kleine, familiäre Anlage. Die fünf Pferdebesitzer, die ihre Tiere hier einstellen, wissen das zu schätzen.

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Besitzerin Barbara Eck und Pferdetrainer Michael Müller stecken ihr ganzes Herzblut in die Pflege ihrer tierischen und menschlichen Gäste – wenn sie gesund sind. Bis vor gut vier Wochen konnte die zwei nichts so schnell umwerfen – Corona hat es geschafft. „Obwohl wir wirklich nur beim Einkaufen waren und kaum Kontakte hatten“, beteuert Eck. Immer wieder muss sie husten, die Schlaflosigkeit hat ihr dunkle Ringe unter die Augen gegraben. Noch schlechter steht es um ihren Kompagnon, der sich nach kurzem Gespräch ins Bett verabschiedet. „Es ist genug für heute“, findet er, obwohl der Nachmittag gerade erst ausklingt. Barbara Eck nickt verständnisvoll. „Was für ein Glück, dass wir so einmalige Einsteller bei uns haben“, sagt sie eine Spur lauter, so dass die drei Frauen, die sich – mit Abstand und Schutzmaske – gerade auf dem Hof besprechen, aufschauen. Sie haben die Arbeit der Stallbesitzer während derer Krankheit übernommen und wollen dies auch noch tun, bis Michael Müller wieder fit ist.

Aber sie haben noch viel mehr getan. Die Stallarbeit ist schließlich nur die eine Baustelle. Die Reitanlage verdient ihr Geld nämlich nicht mit den (wenigen) Einstellern, oder, wie mancher Reitsportverein, über Mitgliedsbeiträge, sondern vor allem über die Reitstunden. Die gelten aktuell aber als „Hallensport“ und sind damit verboten – wie auch schon während des ersten Lockdowns im Frühjahr. Über den Sommer konnte Barbara Eck die Einbußen noch mit ihren Ersparnissen ausgleichen, inzwischen sind die aber restlos aufgebraucht. Ihr Gehalt, das sie als Kinderkrankenschwester in Teilzeit an einer Erlanger Klinik verdient, reicht gerade für ihren eigenen Lebensunterhalt. „Unsere Privatkonten sind überzogen, es kommen kaum Einnahmen, und Kredite müssen wir auch noch abbezahlen“, beschreibt Eck ihre scheinbar ausweglose Situation. Und so trat Jutta Helm auf den Plan. „Wir haben ihr ein halbes Pferd verkauft“, erklärt Barbara Eck knapp und humorlos. „Nur so hatten wir genug Geld, um wieder Futter für die Tiere zu kaufen.“ Etwa 1200 Euro kostet es, die Pferde für einen Monat mit Heu und Kraftfutter zu versorgen, 350 Euro kosten die Holzspäne für die Boxen, der Abtransport von Gülle und Mist schlägt alle drei Wochen mit 490 Euro zu Buche.

Besitzer: "Wir sind, wie so viele andere, vergessen worden"

Dabei ist die Firma Lewandowski der Reitanlage zwar noch entgegengekommen, die Einnahmen von monatlich 340 bis 370 Euro pro eingestelltem Pferd können die Ausgaben aber längst nicht kompensieren. Die Lohn- und Energiekosten sind da zum Beispiel auch noch nicht eingerechnet. „Wenn wir nicht bald wieder unterrichten dürfen, gehen in unseren Ställen die Lichter aus“, befürchtet sie.

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„Das darf auf keinen Fall passieren“, findet Anja Roth-Ruft. Vor knapp zwei Wochen hat sie über verschiedene Plattformen wie Facebook oder Go Fund Me einen Spendenaufruf gestartet. „Wir versuchen gerade alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um unseren kleinen Stall zu retten“, schreibt sie dort. Mit 1.095 Euro hat sie fast schon die Versorgung für eine weitere Woche gesichert – die Tiere wollen schließlich trotzdem weiter versorgt werden. „Wir sind unendlich dankbar für jede Spende“, erklärt sie weiter, weiß aber wie auch Barbara Eck: „Auf die Dauer wird das nicht reichen.“

Zumal ein Ende des Lockdowns nicht in Sicht ist – zumindest nicht für den Amateur-Hallensport. Dabei ist in der 800 Quadratmeter großen Reithalle genug Platz für zwei Menschen und ein Pferd, der Abstand ist durch die großen Tiere sowieso gewährleistet und die Halle ist immer gut durchlüftet. In normalen Zeiten arbeitet Michael Müller dort während seines Unterrichts mit bis zu vier Reitern, im Herbst hat er Einzelunterricht zum gleichen Preis angeboten – und war dafür dann eben doppelt so lange in der Halle gestanden. „Es ist ja nicht so, dass wir nichts angeboten und investiert haben“, sagt Barbara Eck mit hörbarer Verzweiflung in der Stimme. „Es würde uns wirklich schon sehr weiterhelfen, wenn wir diesen Einzelunterricht wieder anbieten dürften.“ Lange Wartelisten dafür gibt es schon. Grünes Licht von der Regierung hingegen nicht. Genauso wenig wie Ausgleichszahlungen. „Wir sind, wie so viele andere, in dieser Pandemie vergessen worden.“

 

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