Mit allen Sinnen geprüft

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Brotprüfer Manfred Stiefel schneidet die Brötchen auf: Sind sie gleichmäßig gebacken, lassen sie sich gut bestreichen? Fotos: Daniela Röllinger
Daniela Röllinger
Biobäcker Philipp Scheckenbach ist es wichtig, dass die Produkte seines „Franzensbäck“ regelmäßig von Fachleuten des Deutschen Brotinstituts geprüft werden ...
Daniela Röllinger
Wie ist die Kruste, die Krume, der Geschmack, der Geruch? Manfred Stiefel fühlt, schaut, riecht und schmeckt bei der Prüfung der Brötchen und Brote ganz genau hin.
Foto: Daniela Röllinger
Erfolgreich bei der Brotprüfung: Stefan Fuchs von der Marktbäckerei Fuchs aus Markt Einersheim, Philipp Scheckenbach vom Franzensbäck Iphofen und Tilo Brönner von der Bäckerei Brönner, ebenfalls ...
Daniela Röllinger
Die Brotprüfung findet öffentlich in der Rathaushalle statt – und so schaute sich auch am Dienstag so mancher Passant kurz um und stelle Fragen zur Prüfung und Qualität der Brote und Brötchen.
Foto: Daniela Röllinger

Sensorikfachmann Manfred Stiefel gibt bei der Brotprüfung in Kitzingen 23 von 39 Produkten heimischer Bäcker 100 Punkte und damit die Bestnote „sehr gut“. Der Rest schneidet mit mehr als 90 Punkten „gut“ ab.

„Hören Sie das?“ Manfred Stiefel drückt mit flacher Hand fest auf einen Kipf. Ein leises Krachen ist zu hören. „Ich höre die Rösche“, sagt der Brotprüfer zufrieden. Sie ist einer von vielen Aspekten, die ein gutes Brötchen ausmachen. Bei der alljährlichen Brotprüfung hört und schaut der Fachmann vom Deutschen Brotinstitut ganz genau hin, fühlt, riecht und schmeckt.

Acht verschiedene Produkte liegen in den Körben, die Philipp Scheckenbach in die Rathaushalle trägt, das klassische Brötchen, der Malzkipf, ist dabei, das Urkraftbrot, Backwaren mit Emmer und Dinkel... Die Urgetreide kommen vor allem bei den jüngeren Leuten gut an, beobachtet der Bäckermeister. „Die sind gesundheitsbewusster und da kann man als Biobäckerei punkten.“ Scheckenbach stellt die Körbe auf einen langen Tisch, an dem schon Manfred Stiefel sitzt, einen Laptop vor sich, ein Schneidbrett, ein scharfes Messer. Mehr Ausstattung braucht der Brotprüfer nicht. Die Instrumente, die er für seine Arbeit nutzt, sind seine Sinne.

Manfred Stiefel ist einer von drei Sachverständigen des Deutschen Brotinstituts. Die Bäckermeister haben eine Zusatzausbildung zum sensorischen Sachverständigen absolviert und sind in ganz Deutschland unterwegs, um Brote und andere Backwaren zu prüfen – über 20.000 jedes Jahr.

39 Produkte sind es am Dienstag in der Kitzinger Rathaushalle. Neben Philipp Scheckenbach vom Franzensbäck Iphofen legen die Marktbäckerei Fuchs aus Markt Einersheim und die Bäckerei Brönner aus Iphofen ihre Backwaren zur Prüfung vor. „Leider sind heuer nur drei dabei“, bedauert Ehrenobermeister Claus Lux. Im vergangenen Jahr waren es vier, davor sechs. Warum die Zahl kontinuerlich zurückzugehen scheint? Lux zuckt mit den Schultern, eine Erklärung hat er nicht. „Ich habe alle angeschrieben.“

Qualitätskontrolle und wertvolle Tipps für die Bäcker

Philipp Scheckenbach ist dankbar dafür, dass der Ehrenobermeister der Bäckerinnung Kitzingen jedes Jahr wieder die Brotprüfung durch das Deutsche Brotinstitut organisiert. „Es ist mir sehr wichtig, dass ein Fachkundiger meine Waren beurteilt“, sagt der Bäckermeister. Der Franzensbäck ist Bioland-zertifiziert. „Das ist ein Alleinstellungsmerkmal“, so Scheckenbach. Die Qualität müsse 100-prozentig stimmen – „ich sage sogar immer: 120-prozentig.“ Das Angebot des Deutschen Brotinstituts, die Brote bei den Innungen vor Ort zu prüfen, lobt er ausdrücklich. Das eigene Tun werde überprüft und man erhalte „Input und Verbesserungsvorschläge, wie man seine Produktion noch optimieren kann“. Um die Qualität zu halten, sei stetige Kontrolle von einer unabhängigen Stelle nötig.

Ob die Qualität stimmt, prüft Manfred Stiefel bei jedem Produkt ausführlich. Er nimmt sich Zeit für jedes Brötchen, jedes Brot – so wie Zeit auch bei der Herstellung der Backwaren eine ganz entscheidende Rolle spielt. In Eile und unter Zeitdruck entstehen keine qualitativ hochwertigen Backprodukte, sagt der Bäckermeister und Sensorikfachmann. Ruht der Teig nicht lange genug, merkt man das dem Produkt später an. „Je länger ich einem Brötchen Zeit gebe, desto mehr Geschmack kann es entwickeln“, erklärt auch Philipp Scheckenbach. So hat er, bevor er zur Brotprüfung gefahren ist, schon den Teig für das Urkraftbrot gemischt, das es erst am nächsten Tag zu kaufen geben wird.

26 Brote und 13 Brötchen liegen an diesem Tag vor Manfred Stiefel – wobei jeweils mehrere pro Sorte angeliefert werden. Kipf oder Kaiser, Vollkorn, Roggen, Dinkel, Sonnenblumen... – die Bandbreite ist groß. 23 Produkte wird Stiefel später mit der Note „sehr gut“ bewerten. Die gibt es nur, wenn das Produkt die höchsten Ansprüche erfüllt und 100 Punkte bekommt. Von 99 bis 90 gibt es die Note „gut“. 16 Mal vergibt Stiefel sie bei der Prüfung in Kitzingen. Was schlechter abschneidet, wird nicht prämiert – aber das gilt an diesem Tag nur theoretisch, denn kein einziges der abgegebenen Produkte erhält weniger als 90 Punkte.

Bei der Brotprüfung zählen verschiedene Aspekte: Form und Aussehen, Oberflächen- und Krusteneigenschaft. Ist die Kruste dick genug, so dass das Innere nicht austrocknet, aber auch nicht zu dick? Welche Backfarbe hat das Brot? Käseweiß ist genauso schlecht wie zu dunkel. Ist das Brötchen gleichmäßig mit Körnern bestreut? Dann die Krume – also das weiche Innere des Brotes oder Brötchens: Sie sollte bei Weizenbroten locker und luftig sein, bei Roggenmischbrot dichter und kompakter. Stiefel schneidet jedes Brötchen auf, jedes Brot in der Mitte durch und schaut sich die Poren genau an, fährt mit dem Finger darüber. Lässt sich die Fläche gut und gleichmäßig bestreichen? Er schaut auf sein Messer: Pappt da was an der Klinge fest? Dann riecht der Fachmann am Brötchen: Bekommt er Lust, reinzubeißen? Und natürlich probiert er, kaut ausführlich und konzentriert. Passt der Geschmack? Tritt ein Gewürz womöglich zu stark in den Vordergrund?

Schwankende Mehlqualität bereitet derzeit Probleme

Passt etwas nicht, gibt der Fachmann den Bäckern Tipps, wie es besser funktionieren könnte – und das hat nicht unbedingt immer nur etwas mit den geprüften Produkten zu tun. Derzeit beispielsweise schwanke die Mehlqualität sehr stark, berichtet Stiefel. „Dann kann es sein, dass ein Brot unregelmäßige Poren hat, obwohl man alles macht wie immer.“ Die Fachleute des Brotinstituts können wertvolle Hinweise geben, wie die Bäcker so etwas in den Griff bekommen.

Mit nach Hause nehmen konnten die beteiligten Bäcker auch Urkunden, die ihre Teilnahme belegen und die Ergebnisse verkünden. Philipp Scheckenbach hat auf fast alle seine Produkte die volle Punktzahl erhalten. Die Urkunde wird im Franzensbäck ausgehängt – so dass auch die Kunden jederzeit sehen: Die regionalen Bäcker bemühen sich nicht nur um höchste Qualität, sie liefern sie auch.