Druckartikel: Leckere Belohnung für einen Kraftakt

Leckere Belohnung für einen Kraftakt


Autor: Daniela Röllinger

, Freitag, 11. Oktober 2019

Beim Schulmilchtag stellen die Drittklässler Joghurt und Butter her und lernen viel über die gesunden Inhaltsstoffe der Milch.
Elias gießt vorsichtig den Inhalt des Glases ab – die Butterbrocken sammeln sich im Sieb, die Buttermilch in der Schüssel.Fotos: Daniela Röllinger


Die Arme schnellen in die Höhe, die Ellbogen werden gebeugt, die Finger drücken auf die noch zarten Muskeln. Da wandert sie hin, die Kraft, die uns das Eiweiß gibt, wissen die Schwarzacher Drittklässler. Dass sie ihre Muskeln beim Schulmilchtag noch brauchen werden, wissen die Kinder zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Denn erst mal geht es um die Theorie.

Milch kennt jeder. Auch die Schüler der dritten Klasse in Schwarzach. Sie trinken sie pur oder mit Kabapulver, geben Müsli hinein, essen Pudding, Milchreis oder Grießbrei. Doch all diese Sachen hat Agnes Fleischmann bei ihrem Besuch anlässlich des Schulmilchtages gar nicht dabei, denn an diesem Tag soll es nicht darum gehen, was man alles „mit“ Milch machen kann, sondern was man „aus“ Milch macht.

Die milchwirtschaftliche Labormeisterin, die gemeinsam mit Fachlehrerin Ruth Halbritter vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen in den Unterricht gekommen ist, hat eine große Tasche mitgebracht. Dicke Wände hat die und einem Reißverschluss. Das ist wichtig, weil die Produkte, die darin verstaut sind, nicht warm werden sollten. Milchprodukte mögen es kühl. Die Flasche frischer Milch, die Agnes Fleischmann auf den Tisch stellt, die Butter, der Frischkäse, das Joghurt, den Feta, den Quark, die Schlagsahne, die saure Sahne, den Hüttenkäse, die Buttermilch... Margarine hat sie nicht dabei, was ein paar Kinder dann doch verwundert. Dass die gar nicht aus Milch gemacht ist, sondern es sich um Pflanzenfett handelt, ist ihnen neu.

Woraus besteht Milch überhaupt? Mit Hilfe eines Lückentextes erkunden die Schüler von Klassleiterin Carmen Käppner das weiße Getränk. Wichtige Nährstoffe sind darin, sie besteht vor allem aus Wasser, enthält Vitamine, Mineralstoffe wie Kalzium, Milchfett, Milchzucker und Eiweiß. Letzteres gibt Kraft – der Moment, in dem die Kinder ihre Muskeln zeigen. Wenig später haben diese Muskeln ganz schön viel zu tun – mal müssen sie dosiert eingesetzt werden, mal kräftig. Aus dem Klassenzimmer geht es hinunter in die Schulküche, die sich innerhalb weniger Minuten in eine Molkerei verwandelt. Eine Schüler-Gruppe stellt Joghurt her, die andere Butter.

Die Joghurt-Kinder müssen vorsichtig zu Werke gehen. Sie schütten einen Liter Milch in einen Topf. Käme sie frisch von der Kuh, müsste sie jetzt erst mal auf 85 bis 90 Grad erhitzt werden. Das ist wichtig, um die unerwünschten Keime abzutöten, lernen die Kinder. „Ihre“ Milch aber ist aus dem Supermarkt, da ist das mit dem Abkochen schon erledigt. Erhitzt werden muss die Milch jetzt aber trotzdem, denn sonst wird kein Joghurt daraus. Sie rühren langsam, aber stetig und halten dabei ein Thermometer in die Flüssigkeit. Ganz genau haben sie im Blick, welche Zahlen darauf erscheinen. Erst wird es langsam wärmer, dann geht es ganz schnell. „Aufpassen“, sagt Agnes Fleischmann, „mehr als 40 Grad mögen die Bakterien nicht. Dann gehen sie kaputt.“ Die Bakterien sind in einem Joghurt, das der warmen Milch zugesetzt wird, „beimpfen“ nennt man das. Sind keine Klümpchen mehr in der Flüssigkeit, wird in Gläser umgefüllt, die sofort in den Ofen kommen. Wiederum bei 40 Grad – und zwar für ganze sechs Stunden. So lange dauert es, bis die Milchsäurebakterien den Milchzucker in Milchsäure umgewandelt haben. Je länger die Bakterien arbeiten, desto saurer wird der Joghurt.

Ganz behutsam haben die Kinder gearbeitet – anders als ihre Klassenkameraden in der Butter-Gruppe. Die hüpfen in der Küche herum, wedeln kräftig mit den Armen. Hoch und runter geht es dabei mit den Schraubgläsern, die sie in den Händen halten. Ab und an bleiben sie stehen, schütteln etwas langsamer und lauschen. Tut sich schon was im Glas? Schließlich hat ihnen Agnes Fleischmann erklärt, dass man nichts mehr hören kann, wenn aus der süßen Sahne, die sie in die Gläser gefüllt haben, durch das Schütteln geschlagene Sahne geworden ist. Mehr als eine kleine Ruhepause ist aber nicht drin, es muss noch kräftig weiter geschüttelt werden. Bollert es dann im Glas, ist aus der Schlagsahne Butter geworden – erst einzelne kleine Flocken, die sich dann zu einem großen Batzen zusammenpappen. „Es klappt“, ruft Elias begeistert und alle stecken neugierig die Nasen in sein Glas. Tatsächlich schwimmt da ein dicker hellgelber Klops in einer fast durchsichtigen Flüssigkeit. „Das ist Buttermilch“ erklärt Agnes Fleischmann.

Während die Gläser nach und nach geleert werden, steht Ema noch an ihrer Schüssel. Sie macht einen Parallel-Versuch: Wie lange dauert es, um die Schlagsahne mit einem elektrischen Rührgerät zu Butter zu schlagen? Erstaunlicherweise braucht das strombetriebene Gerät viel länger als die menschliche Muskelkraft. Ema rührt und rührt und rührt. Schließlich ist auch ihre Butter fertig und natürlich probieren dann alle gemeinsam die Produkte. Der leckere Joghurt ist in nullkommanichts geleert, obwohl den Agnes Fleischmann und Ruth Halbritter mitgebracht haben. Der eigene steht ja noch ein paar Stunden im Herd, den gibt's am nächsten Tag. Aber die Butter, die ist sofort servierbereit – und auf den Broten, teils mit Schnittlauch, in wenigen Minuten verputzt. Weil Milchprodukte halt einfach lecker schmecken.

Gesundes Obst und frische Milchprodukte

Das Programm: Das EU-Schulprogramm soll die Wertschätzung von Obst, Gemüse, Milch und Milchprodukten bei Kindern steigern und die Entwicklung eines gesundheitsförderlichen Ernährungsverhaltens unterstützen. Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 4 und Kinder ab drei Jahren bis zum Schuleintritt in Kindergärten und Häusern für Kinder (Stichtagsregelung) erhalten kostenlos bevorzugt regionales und saisonales Obst, Gemüse, Milch und ausgewählte Milchprodukte. Das EU-Schulprogramm wird aus Landes- und EU-Mitteln finanziert. Derzeit lassen sich bayernweit zirka 550 Schulen, meistens zusätzlich zu Obst und Gemüse, auch Milch und Milchprodukte in die Schulen liefern. Das bedeutet, dass knapp 20 Prozent der Grund- und Förderschulen bereits mitmachen. Die Teilnehmerquote bei Obst- und Gemüse beträgt 80 Prozent.

Lieferanten im Landkreis: Milch & Milchprodukte: Gahr biologischer Gartenbau (Kitzingen), Edeka Jochen Waigandt (Nenzenheim), Ökokiste Schwarzach (Schwarzach). Obst & Gemüse: Gahr biologischer Gartenbau (Kitzingen), Gartenbau Werner Töpfer (Albertshofen), Obsthof Böhm (Effeldorf), Obstbau Zörner (Bibergau), Edeka Jochen Waigandt (Nenzenheim), Rewe Sascha Horn (Iphofen), Gärtnerei Schunke (Hüttenheim), Leo Weiglein (Geesdorf), Ökokiste Schwarzach (Schwarzach).

Info: Schulen, die teilnehmen möchten, können sich im Amt für Landwirtschaft informieren – Tel. 09321/3009-0.