Das lange Warten auf die Erstimpfung
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Freitag, 11. Juni 2021
In den Hausarztpraxen und im Kitzinger Impfzentrum ist man derzeit fast ausschließlich mit den Zweitimpfungen beschäftigt. Dabei wäre Potenzial für mehr da.
Der Unmut ist nach wie vor groß. Fast 500 Menschen stehen auf der Warteliste der Gemeinschaftspraxis von Dr. Klaus Kolbert in Wiesentheid. Alle wollen sie eine Erstimpfung. Allein: Es mangelt am Impfstoff. Dr. Kolbert ist der koordinierende Impfarzt für den Landkreis Kitzingen. Jeden Mittwoch schaltet er sich mit seinen Kollegen in einer Videoschalte kurz. Die Hausärzte sind sich einig: Mehr Impfstoff täte gut. Seit April werden ihnen jede Woche Liefermengen versprochen, die in dieser Größenordnung nie eintreffen.
„Wir erhalten meistens die Hälfte dessen, was avisiert wurde“, berichtet Dr. Kolbert. In der vergangenen Woche sollten es bei ihm 24 Dosen sein, tatsächlich kamen nur zwölf. „Wir müssen diesen Mangel Woche für Woche an unsere Patienten kommunizieren“, ärgert er sich. Immerhin: Die Liste mit den Patienten, die vormals in der Priorität 3 gelistet waren, ist abgearbeitet. „Aber wir haben auch in Prio 4 Patienten mit Vorerkrankungen, wie Asthma oder Bluthochdruck, die gerne drankommen würden“, berichtet er.
Nur noch Biontech und Johnson
Zurzeit hat Kolbert noch den Impfstoff von Johnson auf Lager, der nur einmal gespritzt werden muss, um Vollschutz zu erreichen. Im Gegensatz dazu ist Astrazeneca wenig gefragt, weil die beiden davon nötigen Impfungen zwölf Wochen auseinander liegen. Das kommt mit Blick auf den Reise-Sommer für die meisten Patienten zu spät. Kolbert wird daher nur noch Biontech und Johnson ordern.
Deutlich über 1000 Corona-Impfungen sind in der Gemeinschaftspraxis Dr. Bedö/Alexandra Möhringer in Mainbernheim seit Mai verabreicht worden. „Der Schützenverein hat uns freundlicherweise seine Räume zur Verfügung gestellt“, erklärt Dr. Michael Bedö. Zunächst sind alle schwer gefährdeten und älteren Patienten geimpft worden, mittlerweile liegt der Altersdurchschnitt bei 41 Jahren und auf der Warteliste stehen „nur noch“ etwa 150 Namen. „Das können wir an einem Nachmittag schaffen“, meint der Allgemeinmediziner. Aber erst dann, wenn die Zweitimpfungen abgearbeitet sind.
Hoffnung auf den Juli
Von 140 Impfungen, die am Mittwoch dieser Woche in der Praxis von Dr. Kolbert verabreicht wurden, waren 120 für Zweitimpfungen reserviert. Gerade 20 konnten an Erstgeimpfte verabreicht werden. Bis Ende diesen Monats wird sich daran wenig ändern, prognostiziert der Mediziner. Erst Anfang Juli wird sich das Verhältnis umkehren. Dann kann die lange Liste von Wartenden endlich abgearbeitet werden.
Käme danach genauso viel Impfstoff wie jetzt, könnten alle Patienten, die das wünschen, bis Ende Juli geimpft sein, macht er Hoffnung. Und ab Mitte Juli, so lautet die jüngste Information, die der koordinierende Impfarzt im Landkreis bekommen hat, sollen Impfzentren, Hausärzte und Apotheken die digitalen Impfpässe ausstellen dürfen.
Bundesweit ist die Priorisierung am 7. Juni aufgelöst worden, bayernweit bereits am 20. Mai. Die Hausärzte im Landkreis reagieren darauf unterschiedlich: Dr. Tobias Freund berichtet von etlichen ängstlichen Patienten, die sich in der vertrauten Atmosphäre der Kitzinger Hausarztpraxis und nach einem ausführlichen Beratungsgespräch trauten, sich impfen zu lassen. Ein Patient hatte in der Corona-Zeit eine Angststörung entwickelt und sich kaum mehr aus dem Haus getraut.