"Kunden sind komplett verwirrt": Corona-Regeln im Einzelhandel in Bayern immer komplizierter
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Samstag, 01. Mai 2021
Während Buchhandlungen und Gartenmärkte wieder öffnen und in Supermärkten teils Gedrängel herrscht, müssen Einzelhändler negative Tests verlangen und sich immer komplizierteren Regeln annehmen.
Die Regeln sind komplex. Und sie ändern sich ständig. Einer von vielen Gründen, warum die Einzelhändler in der Kitzinger Innenstadt derzeit alles andere als glücklich sind.
„Unsere Kunden sind komplett verwirrt“, sagt Lorette Konrad. Wer von der Alten Mainbrücke Richtung Marktplatz läuft, kommt an ihrem Modegeschäft vorbei. Konrad fühlt sich deshalb auch ein bisschen wie ein Auskunftsbüro. Immer wieder muss sie Fragen beantworten. Was ist derzeit erlaubt? Wo kann man sich testen lassen? „Es fehlt an der Kommunikation“, bedauert sie. Infotafeln an den Eingängen zur Innenstadt könnten helfen. Allerdings müssten die ständig aktualisiert werden. Seit Mittwoch (28. April2021) dürfen alle doppelt Geimpften beispielsweise ohne Test in die Geschäfte. Eine Erleichterung. „Aber der Flickenteppich wird nicht kleiner.“
"Click&Meet" mit negativem Test: Ausnahme für Zweifach-Geimpfte
Bei einer Inzidenz von über 100 gilt „Click&Meet“. Einen Termin ausmachen, im Geschäft seiner Wahl vorbeikommen. Dort muss allerdings ein negatives Testergebnis vorgelegt werden (mit Ausnahme der Zweifach-Geimpften). Und genau das ist das Problem. „Den meisten Kunden ist das zu aufwändig“, weiß Konrad, die eine ständig aktualisierte Liste der Apotheken in Kitzingen, die solche Tests anbieten, in ihrem Geschäft stehen hat.
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Trotz solcher Hilfen schrecke der Zwang zum Testen viele ab, weiß auch Klaus Amendt vom Haus der schönen Dinge. Generell sei wenig los in den Straßen der Innenstadt, bedauert er. Und die paar Leute, die kommen, seien verunsichert. Amendt setzt seine Hoffnung auf Pfingsten – und mögliche Lockerungen.
Ein paar Straßenzüge weiter bestätigt ein Geschäftsinhaber, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, dieses Problem. „Wer will sich schon testen lassen, um ein T-Shirt zu kaufen?“ Um die Hemmschwelle niedriger zu halten, hat er sich einige Selbsttests besorgt, die er seinen Kunden anbietet. Vor der Eingangstür müssen die Tests gemacht werden. Eine Viertelstunde später liegt das Ergebnis vor. Dann dürfen die Kunden in seinen Laden – aber nur dort hinein. Für den Einkauf in anderen Geschäften darf er kein Zertifikat ausstellen.
"Nicht gerecht": Supermärkte dürfen öffnen, Einzelhandel hat strenge Auflagen
Im März, als die Inzidenz niedrig war, liefen die Geschäfte gut. Seither aber eher „bescheiden“. Entscheidend sei es, den Leuten die Angst vor dem Einkaufen zu nehmen, meint er – und gerechte Maßstäbe anzulegen. Warum sich die Menschen in Supermärkten vor den Regalen drängeln dürfen, während die Einzelhändler nur eine Person pro 20 Quadratmeter einlassen dürfen, sei ihm schleierhaft. „Aldi und Co. sollten nur Lebensmittel verkaufen dürfen“, fordert er. „Das wäre gerecht.“ Als unlogisch bezeichnet Lorette Konrad die neueste Regelung, dass Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte und Gartenmärkte wieder öffnen dürfen – seit Mittwoch, ohne dass dort ein negativer Corona-Test vorgelegt werden muss. „Ich gönne das den Kollegen von Herzen“, betont sie. „Aber ich verstehe nicht, warum wir das nicht dürfen.“
Ein paar Meter weiter in der Marktstraße hat Lisa Schäffner im Januar 2020 den Stoffe-Laden Wohlfahrt übernommen. Zwei Monate später kam Corona. Aus den Unterlagen ihrer Vorgängerin weiß sie: Die letzten vier Wochen waren die schlechtesten in den letzten 20 Jahren. Von „total verunsicherten Kunden“ berichtet sie, von Umsätzen, die fast auf Null heruntergehen. Ihre Hoffnung setzt sie auf steigende Impfzahlen und damit einhergehende Lockerungen. „Sonst sind wir perspektivlos.“