Fitnessstudios stehen in den Startlöchern
Autor: JULIA VOLKAMER
Kitzingen, Dienstag, 05. Mai 2020
In den Kitzinger Fitnessstudios ist man bereit für die Wiedereröffnung. Auf den Startschuss der Regierung warten Besitzer und Sportler aber noch immer vergeblich.
Mehr denn je sind auch die Kitzinger Fitnessstudios auf das Verständnis und die Solidarität ihrer Mitglieder angewiesen. Die Geräte, die Kurse, die Betreuung, auf all das müssen Sportbegeisterte und Gesundheitspatienten seit geraumer Zeit verzichten. Die Studios sind leer, die Kosten laufen weiter – und die Besitzer haben ganz verschiedene Strategien entwickelt, um das Beste aus der vertrackten Situation zu machen.
„Diese Zeit können wir nur zusammen durchstehen“, sagt Nadja Stettner, Mitglied der Geschäftsleitung im Life Fitness Club. „Dieser Kampf stellt uns als Gemeinschaft vor eine große Herausforderung.“ Zusammen mit Bruder Christian und den Eltern Sabine und Volker Stettner hat sie sich einiges einfallen lassen, um die Mitglieder bei der Stange zu halten. „Stay fit at home“ ist das Motto: Über eine Plattform im Internet kann man sich aus rund 1000 Kursen das Richtige für sein Heimtraining aussuchen. Die Ausstattung für Kurz- und Langhantel-, Reha- oder Yoga-Übungen können sich die Mitglieder im Studio ausleihen. Außerdem hat das Life-Team Webinare zu den Themen Immunsystem und Stoffwechsel organisiert – für eine dementsprechende Kur bietet sich die Corona-Zeit geradezu an. Schließlich gebe es viel weniger Einflüsse von außen, denen man widerstehen muss.
Die sechs besten Ärzte
Den persönlichen Kontakt halten die Stettners übers Telefon und per Mail. „Wir sind gerührt von so viel Zuspruch und Solidarität“, freut sich Volker Stettner über diese Unterstützung. Die fehle von Seiten der Regierung, mit den einschneidenden Beschränkungen, hadert der Fitness- und Reha-Trainer. „Ob das alles so richtig ist, sei mal dahingestellt“, meldet Stettner Zweifel an. Er und seine Familie sind täglich im Club, die Mitarbeiter in Kurzarbeit und Homeoffice. „Finanziell ist Corona für uns eine große Herausforderung“, weiß Nadja Stettner. „Wir haben uns trotzdem entschlossen, die Clubbeiträge für April und Mai nicht einzuziehen.“ Der wechselseitigen Leistungspflicht habe man somit eine Ruhepause verordnet. „Gerade in Zeiten der Kurzarbeit finden wir dies nur fair.“
Aktuell bereiten sie alles für die Wiedereröffnung vor, haben ein Konzept erstellt, wie die Mitglieder mit Abstand und den entsprechenden Hygienemaßnahmen wieder trainieren können. Die besten sechs Ärzte seien schließlich Bewegung, gesunde Ernährung, reichlich Trinken, Sonne, frische Luft und mindestens sieben Stunden Schlaf.
Den bekam Andreas Gregor in den letzten Wochen nicht immer. Corona bescherte dem Inhaber von Gregor‘s Gym so manche schlaflose Nacht. Für ihn war trotzdem schnell klar: „Wo kein Sport, da keine Beiträge.“ Dafür habe er von seinen Mitgliedern sehr viele, positive Rückmeldungen bekommen. Inzwischen nimmt er eine steigende Unruhe wahr. „Die Leute stehen in den Startlöchern, sie wollen wieder trainieren“, weiß der Kitzinger Fitness-Guru. „Wir wären bereit.“ In den letzten Wochen hat er sein Studio generalsaniert, hat täglich gehämmert, geschraubt und gestrichen. So war er selbst täglich beschäftigt, während er seine Mitarbeiter und Trainer in Kurzarbeit schicken musste.
Einen Nachteil haben sie davon im Moment noch nicht, zumindest nicht finanziell: Andreas Gregor braucht gerade seine im letzten Jahr ausbezahlte Lebensversicherung auf, um die Verluste aufzufangen. „Das geht schon noch eine Zeit lang“, sagt er. „Aber eigentlich warte ich nur darauf, endlich wieder öffnen zu können.“ Kritik übt er vor allem am Informationsfluss aus der Politik. „Ich hätte mir schon erwartet, dass man da ausführlicher und aktuelle informiert wird“, sagt Gregor, der vor stolzen 38 Jahren sein Fitness-Gewerbe in Kitzingen angemeldet hat. „Man könnte mit einer ganz anderen inneren Ruhe an die Corona-Pause herangehen, sich seine Zeit anders einteilen.“ Er habe in den letzten Wochen richtig Gas gegeben mit der Renovierung, habe sich um Hygieneartikel gekümmert, neue Geräte bestellt. „Wir könnten jeden Tag starten.“ Aus verschiedenen Quellen will der Fitness-Fachmann erfahren haben, dass die Studios frühestens an Pfingsten wieder öffnen dürfen. „Das wäre ein guter Termin.“ Verlassen will er sich darauf aber noch nicht. Bis es soweit ist, werkelt er weiter vor sich hin. „Ich mache mein Ding“, sagt Andreas Gregor. „Noch lasse ich mich nicht aus der Ruhe bringen.“
Im Hause Schmidt konnte von Ruhe in den vergangenen Wochen keine Rede sein. Alleine die vier Kinder, die zwischen elf Jahre und acht Monate alt sind, wären in Zeiten von Homeoffice schon eine große Herausforderung. Dazu kam bei Oliver und Diana Schmidt die Erkenntnis, dass mit der vorübergehenden Schließung des „Bodypower“ ihre Existenz auf dem Spiel steht. Innerhalb kürzester Zeit organisierten sie über die sozialen Netzwerke tägliche Online-Kurse, informierten ihre Mitglieder per Newsletter über die Entwicklungen, luden zu Seminaren und Meetings ein. „Wir haben uns dazu entschlossen, in die Offensive zu gehen“, erinnert sich Oliver Schmidt an die vielen Gespräche, die sich letztlich nur um eines drehten: Wie können wir unser Studio retten? Schon Anfang des Jahres hatten die Renovierungsmaßnahmen begonnen, Pläne für den Außenbereich nahmen – zumindest in den Köpfen des Besitzerehepaares – Gestalt an. „Es wäre ein Fehler, geschäftlich jetzt nicht mehr zu investieren“, ist Fitness-, Ernährungs- und Entspannungstrainerin Diana Schmidt sicher. „Und es wäre unfair den Mitgliedern gegenüber, die uns weiter zur Seite stehen.“ Diese erhalten beim Re-Start Gutscheine und haben somit mehrere Optionen, ihren Monatsbeitrag trotz geschlossener Türen sinnvoll zu nutzen. Seit den Lockerungen vom 20. April ist es zudem möglich, pro Ausfallmonat eine Personal-Trainer-Stunde zu buchen. Trotz allem flatterte die ein oder andere Kündigung in den Briefkasten, teils auch von Mitgliedern, „von denen wir gedacht haben, dass sie uns mindestens die nächsten 20 Jahre erhalten bleiben“, bedauert Oliver Schmidt die Situation. Er weiß aber auch, dass die Unsicherheit im Moment einfach sehr groß ist.