Druckartikel: Knackig frisch und regional

Knackig frisch und regional


Autor: Daniela Röllinger

Bibergau, Mittwoch, 09. Februar 2022

Es muss nicht der Apfel aus Neuseeland sein: Christian Zörner vom Obsthof Zörner in Bibergau und andere Obstbauern aus der Region versorgen uns auch in der kalten Jahreszeit mit heimischen Früchten.
Mehr als zehn Sorten Äpfel und mehrere Birnensorten bietet der Obsthof Zörner derzeit an. Damit sie frisch und knackig bleiben, spielt die richtige Lagerung des regionalen Obstes eine wichtige Rolle.


Wer durchs Fenster in den Lagerraum schaut, der blickt in eine andere Atmosphäre. Wenig Sauerstoff, niedrige Temperaturen. Für den Menschen tödlich. Für Äpfel und Birnen ideal. Und Voraussetzung dafür, dass Christian Zörner seine Kunden auch jetzt, in der kalten Jahreszeit, mit frischem Obst aus dem Landkreis Kitzingen versorgen kann.

Die Rubinella hängt schon lange nicht mehr am Baum. Im Oktober hat Christian Zörner den leuchtend roten Apfel geerntet. Wenn er jetzt, mehrere Monate später, hineinbeißt, kann er sich nicht nur am aromatischen, süßen und saftigen Geschmack erfreuen, sondern auch an dem Geräusch, das für Frische steht: „Die Rubinella bleibt lange knackig und frisch, das Fruchtfleisch wird nicht mehlig“, sagt der Herr über mehr als 100.000 Obstbäume auf den Hochflächen bei Bibergau. Der Apfel, den er in der Hand hält, lag vor kurzem noch im Kühllager – so wie viele tausend andere Äpfel und Birnen auch.

Von der Streuobstwiese zum Betrieb mit 100.000 Obstbäumen

Über fünf Millionen Früchte ernten Christian Zörner, seine Familie und seine Mitarbeiter alljährlich von den Bäumen und Sträuchern des Obsthofes. Was 1948 mit einer Streuobstwiese begann, ist stetig gewachsen. Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Aprikosen, Himbeeren und Physalis baut Zörner inzwischen an. Lange auch Heidelbeeren, aber damit hat er aufgehört, der Konkurrenzdruck war zu hoch. Kirschen kauft er zu.

Christian Zörner hat den Betrieb von seinem Vater übernommen und dafür seinen eigentlichen Beruf an den Nagel gehängt. Ursprünglich hat der Bibergauer Medizin studiert, ist Arzt geworden. „An apple a day keeps the doctor away“ heißt es ja so schön – und so sorgt der Dr. med. jetzt auf andere Weise für die Gesundheit der Menschen in der Region, pflanzt und pflegt Bäume, erntet und verkauft die Früchte im Hofladen, wenn er mit dem Verkaufs-LKW in Gemeinden Station macht, auf Märkten in Schweinfurt und Würzburg, an Restaurants und auch in den Edeka-Märkten der Region. „Ohne den Einzelhandel könnten wir das Obst nicht verkaufen“, so Zörner. „Man braucht Partner, die mitvermarkten.“ Zumal der Ansturm auf die Direktvermarkter, der im ersten Corona-Lockdown zu spüren war, längst wieder nachgelassen hat. „Das hat nicht lange gehalten, die Leute gehen jetzt wieder in die Supermärkte.“ Die Zeit und die Bequemlichkeit geben viele als Gründe dafür an.

Die Äpfel und Birnen vom Bibergauer Obsthof Zörner gibt es nicht nur in der Erntesaison, sondern das ganze Jahr über. Es muss also niemand zu Früchten aus Neuseeland oder einem anderen, weit entfernten Anbaugebiet greifen. Damit sie frisch bleiben, lagern die Früchte im ULO-Lager. Die Abkürzung steht für ultra low oxygen. Und tatsächlich herrscht darin eine gänzlich andere Atmosphäre. Der Sauerstoffgehalt liegt bei etwa 1,5 Prozent und damit sehr niedrig. Ultra low eben. Dazu zwei Prozent CO2, der Rest ist Stickstoff. „Wir verändern die Atmosphäre so, dass die Äpfel weniger atmen. Dann bleiben sie bis zu zehn Monate erntefrisch.“

Über viele Wochen bleiben die Räume gasdicht verschlossen. Werden Äpfel entnommen, muss erst mehrere Stunden gelüftet werden, um die Atmosphäre auszugleichen. Nach dem „Auslagern“ aus dem ULO-Raum werden die Äpfel für einige Tage im Normalkühllager bei etwa 2 bis 4 Grad Celsius zwischengelagert, dann verpackt und ausgeliefert. Ein Apfel atmet? Ja, und zwar auch dann, wenn er längst nicht mehr am Baum hängt. Er nimmt Sauerstoff auf, atmet CO2 aus. Und wenn er unter Stress steht, atmet er stärker – und reift dadurch schneller nach. Damit die Äpfel frisch und knackig bleiben, kontrolliert Christian Zörner die EDV-gesteuerten Werte jeden Tag. Ist der Sauerstoffgehalt zu niedrig, wird Frischluft zugeführt, ist der CO2-Gehalt zu hoch, gilt es den zu drosseln.

Es ist also Energie nötig, um heimische Äpfel frisch zu halten. Was ist denn dann mit dem ökologischen Fußabdruck? Ist es da nicht besser, jetzt, im Winter, zu Importware zu greifen? „Nein“, sagt Christian Zörner. Importware muss für den Transport genauso gekühlt werden wie heimische Ware für die Lagerung. Es ist also in beiden Fällen Energie nötig, um die Ware herunterzukühlen.

Aber ist diese Temperatur erst mal erreicht, kostet es nicht mehr viel Energie, sie zu halten, auch über Monate, da die Kühlzellen gut isoliert sind. Für den Transport der Ware aus dem Ausland aber wird weitere Energie verbraucht – und das fällt bei regionaler Ware weg. „Heimisches Obst schneidet beim Energieverbrauch immer besser ab“, betont der Obstbauer. „Für mich ist es absolut nicht nachvollziehbar, wenn jemand jetzt einen Apfel aus Neuseeland kauft.“

Über 20 Apfelsorten wachsen auf dem Obsthof bei Bibergau. So bekannte wie Elstar, die Hauptsorte, und Gala, aber auch eher wenig geläufige wie Delbarestivale und Wellant. Nicht alle Sorten sind für eine lange Lagerung geeignet und deshalb gibt es jetzt auch nur etwa zehn verschiedene Sorten zu kaufen. Haltbarkeit, Geschmack, Säure, festes oder eher mehliges Fruchtfleisch – das und mehr ist von Sorte zu Sorte unterschiedlich. „Der Wellant ist gut für Allergiker geeignet“, erklärt Christian Zörner. Die Elternsorten, durch deren Kreuzung dieser Apfel entstand, gehören nicht zum Standardsortiment, es sind Sorten, die kaum Allergien hervorrufen. Das „Kind“, der Wellant, schneidet hier noch besser ab. Wer mit Kratzen im Hals oder juckender Haut reagiert, wenn er einen Apfel isst, kann es also durchaus mal mit dieser Sorte probieren. „Da gibt es ganz interessante Therapieansätze bei der Hyposensibilisierung“ – bei diesem Satz blitzen die anderen, die medizinischen Interessen Christian Zörners auf.

Auf seinen Feldern finden sich noch relativ junge Kreuzungen genauso wie alte Sorten. Vor einem Jahr hat er zum Beispiel den Weißen Winter-Calville angepflanzt, eine Sorte, die schon vor dem Jahr 1600 in Frankreich gezüchtet worden sein soll. Aber in großem Stil will Zörner nicht auf alte Sorten setzen. „Legen Sie den Elstar neben die Goldparmäne, greift der Verbraucher fast immer zum Elstar.“ Trotzdem gehört die Goldparmäne, die um 1510 in der Normandie entstand, zu seinem Sortiment. Allerdings nur bis Ende Januar, weil sie schneller mehlig wird als andere Sorten und in der Bissfestigkeit nachlässt.

Auch zuhause mögen es die Äpfel kühl

Wobei auch ein lange lagerfähiger Apfel wie der Boskoop nicht gegen dieses Schicksal gefeit ist, wenn er falsch gelagert wird.

Deshalb gilt laut Christian Zörner auch Zuhause eines: „Temperatur, Temperatur, Temperatur!“ So kühl wie möglich, zum Beispiel draußen auf dem Balkon, bei einem bis zwei Grad im Karton. In einem kühlen Keller. Oder, weil die wenigsten über den noch verfügen, im Biofreshfach im Kühlschrank, in der Regel sind das die Schubladen im unteren Bereich. „Da gehört das Obst hin.“ Generell gilt: Dunkel ist besser als hell. Und manch einer legt noch ein feuchtes Tuch über die Früchte. „Das ist meist nicht notwendig. Höchstens, wenn man das Obst sehr lange lagern will.“ Dann sind 86 bis 88 Prozent Luftfeuchtigkeit ideal. Aber Vorsicht: Wird es zu feucht, droht Schimmelbildung.

Das Obst ist längst geerntet – was gibt es da jetzt zu tun auf dem Hof? „Seit November schneiden wir die Bäume“, berichtet Christian Zörner. „Im April sind wir fertig.“ Während bei der Haupternte, von Anfang September bis Ende Oktober, etwa 30 Leute mit anpacken, sind derzeit etwa sechs Arbeitskräfte auf den Obstbaumfeldern im Einsatz. Sie rücken den Bäumen mit Scheren und Sägen zu Leibe, entfernen alte Triebe und Äste, die nicht mehr gebraucht werden oder im Weg sind.

Alles in Handarbeit. Zwar wäre auch ein maschineller Schnitt möglich mit einer Art senkrecht stehendem Balkenmäher, aber den setzt Zörner nicht ein. „Der ersetzt den Handschnitt nicht. Jeder Baum braucht einen individuellen Schnitt.“ Damit daran in diesem Jahr wieder leckere Früchte wachsen – und wir auch im nächsten Winter wieder zum heimischen Apfel greifen können.

Obstanbau im Landkreis Kitzingen

Von A bis Z: Das Angebot an heimischem Obst im Landkreis Kitzingen ist groß und reicht von A wie Apfel bis Z wie Zwetschge. „Angebaut wird die ganze Obstpalette, die in unsere klimatischen Bedingungen passt“, sagt Thomas Riehl vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen/Würzburg. Bekanntes wie Äpfel und Kirschen, aber auch Sonderkulturen wie Aronia und Minikiwis. Die größte Kultur sind die Erdbeeren, sie werden von 15 Betrieben auf etwa 70 Hektar Fläche angebaut. Kern- und Steinobst, zu dem beispielsweise Äpfel, Birnen, Kirschen und Zwetschgen gehören, wächst auf 230 Hektar in 120 Betrieben. Hinzu kommt das Beerenobst mit zwölf Hektar und zehn Betrieben. (len)