Kleine Gewässer sind das Problem
Autor: Daniela Röllinger
, Mittwoch, 19. Juli 2017
Beim Thema Hochwasser geht es nicht nur um den Main: In den Dorfschätze-Gemeinden treten bei Starkregen vor allem die Bäche - die Gewässer zweiter und dritter Ordnung - über die Ufer, überschwemmen die Straßen, überfluten die Keller. Doch die Gemeinden fühlen sich beim Hochwasserschutz alleine gelassen.
Starkregen. Bei diesem Wort schrillen bei Volker Schmitt die Alarmglocken. Die Bilder vom 31. Mai 2013 haben sich bei ihm eingebrannt: überflutete Keller, überschwemmte Straßen. Für den Bürgermeister von Schwarzach hat der Hochwasserschutz seitdem oberste Priorität. Vom Wasserwirtschaftsamt fühlt er sich dabei alleine gelassen.
Vier Jahre ist das große Hochwasser jetzt her, das viele Gemeinden im Landkreis wie aus dem Nichts getroffen hat. Castellbach und Schwarzach wurden zu reißenden Gewässern, der Breitbach und die Volkach wuchsen ob der Regenflut auf eine vielfache Breite an, Gräben und kleinere Bäche überfluteten Felder, Straßen und Höfe, das Wasser drang in Häuser ein, sprudelte aus der Kanalisation. Ein Horrorszenario, das keiner nochmal erleben möchte.
Die Dorfschätze-Gemeinden, zu denen auch Schwarzach gehört, entschlossen sich schnell zum Handeln. Die Bürgermeister setzten sich zusammen, die Gemeinderäte berieten. Die Erstellung eines Hochwasserkonzepts wurde beschlossen. Doch in der Praxis erweist sich das Thema als schwierig.
„Es gab Stolpersteine“, sagt Inge Thomaier, Geschäftsführerin der Dorfschätze – der Gemeinschaft, zu der sich Abtswind, Castell, Kleinlangheim, Großlangheim, Prichsenstadt, Wiesentheid, Schwarzach, Wiesenbronn und Rüdenhausen schon vor Jahren zusammengeschlossen haben. Ende 2016 sollte das Hochwasserschutzkonzept eigentlich fertig sein. Eingehalten werden konnte der Termin nicht. Von staatlicher beziehungsweise behördlicher Seite wurden neue Pegelstände für den Hochwasserschutz festgesetzt, so dass es zu Verzögerungen kam. Dann waren die Vorgaben – Bauwerke für ein „Hundertjähriges Hochwasser“ sowie ein Sicherheitszuschlag – so gewaltig, dass riesige Rückhaltebecken in die Landschaft hätten gebaut werden müssen. „Wir können nicht in jeden Ort riesige Bauwerke stellen. Das würde die Landschaft zerstören“, sagt Inge Thomaier. Der Schwarzacher Bürgermeister wird deutlicher, spricht von „wahnsinnig groß dimensionierten und unwahrscheinlich teuren“ Bauwerken, die gefordert würden. „Sechs Meter hoch und 40 bis 45 Meter breit, das ist ein Witz“, ärgert er sich.
Wie problematisch die Situation bei Starkregen für das Gebiet werden kann, zeigt ein Blick auf die Karte. Wie ein Adernetz ziehen sich die dünnen blauen Linien durch die Landschaft. Gräben und kleine Bäche münden in Castellbach und Schwarzach, diese wiederum fließen in Schwarzach in den Main. „Bei uns entwässert eine Fläche von 180 Quadratkilometern“, sagt Volker Schmitt. „Mit dem Main werden wir fertig. Aber nicht mit den Gewässern zweiter und dritter Ordnung. Die sind unser Problem.“ Doch eben diese kleineren Gewässer betrachte das Wasserwirtschaftsamt nicht ausreichend. „Die sehen nur den Main.“ Und tatsächlich sucht man in der Liste der Risikogewässer, die dem „Hochwasserrisikomanagement-Plan Einzugsgebiet bayerischer Main“ zugrunde liegt, vergeblich nach den Gewässern zweiter und dritter Ordnung, die im Landkreis Kitzingen in den Main münden.
Auch Inge Thomaier sieht dem Umgang mit den kleinen Flüsschen und Bächen beim Hochwasserschutz kritisch. Da tue sich „wenig bis nichts“. Doch sowohl sie als auch Schmitt rechnen damit, dass gerade diese Gewässer durch vermehrte Starkregenereignisse im Zuge des Klimawandels immer mehr zum Problem werden können.
„Die Gemeinden werden mit der Planungslast, der finanzielle Last, der ganzen Verantwortung allein gelassen“, kritisiert Thomaier. Die Dorfschätze haben sich deshalb schriftlich ans Wasserwirtschaftsamt gewandt und suchen auch sonst nach Unterstützern. „Wir schreiben an diese und an jene, wir kämpfen uns durch.“