Druckartikel: Keinen Bärendienst erweisen

Keinen Bärendienst erweisen


Autor: Diana Fuchs

Kitzingen, Freitag, 01. April 2022

Maske oder nicht? Ab Montag wird aus der Pflicht vielerorts eine Kür. So mancher Händler in Kitzingen freut sich, wenn die Kunden den Mund-Nasen-Schutz weiterhin tragen.
Ein bäriges Statement: Auch wenn die Maskenpflicht am Montag vielerorts fällt, wollen zahlreiche Menschen sich und andere dennoch weiterhin vor dem Coronavirus schützen – in welcher Form auch immer.


Die einen feiern schon Masken-Verbrennungspartys, die anderen schlagen die Hände überm Kopf zusammen und verstehen nicht, dass die Regierung trotz vieler Corona-Erkrankter die Pflicht zum Maskentragen streicht. Ab kommendem Montag, 3. April, wird alles anders – oder doch nicht? Manche Geschäftsleute werden von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und eigene Zugangsregeln formulieren. Die Kunden müssen sich also auf eines einstellen: Individualismus.

Frank Gimperlein, Geschäftsführender Vorstand des Kitzinger Stadtmarketing-Vereins, formuliert es so: Ab Montag treffe „Team Vorsicht“ auf „Team Gott sei Dank es ist rum“. Seitens des Marketingvereins werde es keine Empfehlung geben, ob in Geschäften weiterhin Maske getragen werden soll oder nicht. „Die Einzelhändler entscheiden selbst, was für sie, ihre Kunden und Mitarbeiter in ihrer jeweiligen Situation das Beste ist.“

Die jeweilige Situation, das heißt: die Größe der Räume, die Kundenfrequenz, die Möglichkeit zu lüften und letztlich auch der Gesundheitszustand beziehungsweise mögliche Vorbelastungen der Mitarbeiter und Familienangehörigen. All das sind Kriterien für die Gefahr, die noch immer von Corona ausgehen kann.

„Man weiß nie, was hinter der Maske steckt“, gibt Gimperlein zu bedenken. Möglicherweise ein ohnehin belastetes Immunsystem. „Wir hatten in der Familie erst eine Krebserkrankung, außerdem habe ich auch ältere Menschen um mich herum – da wäre mir unwohl, wenn ich bei den aktuell hohen Inzidenzen keine Maske mehr trüge“, sagt Helmut Beer jun. von PelzPlusDesign am Kitzinger Marktplatz. „Meinen Kunden schreibe ich nicht vor, dass sie eine Maske benutzen müssen, aber es wäre nett, wenn sie es täten.“

Die Maskenpflicht beibehalten, auch für die Kunden, will Klaus Amendt (Das Haus der schönen Dinge). „Ich muss und will mein Personal und natürlich auch die Kunden schützen.“ Das könne er in den verzweigten Räumlichkeiten derzeit noch nicht ohne Mund- und Nasenbedeckung. Ein Schild, das auf die Hausregel hinweist, werde er am Eingang anbringen. „Welche Art von Maske die Menschen verwenden, ob medizinische oder FFP2, stelle ich allen frei.“ Er werde die Infektionszahlen beobachten und erst, wenn diese sinken, über ein Ende des Masketragens nachdenken, sagt Amendt.

Bei Schuh Hassolt wird es den Kunden freistehen, ob sie ab Montag einen Atemschutz tragen oder nicht. „In unseren Räumlichkeiten ist es glücklicherweise auch kein Problem, Abstand zu halten“, sagt Barbara Neeser. „Wir wollen den Menschen nichts vorschreiben.“ Jeder habe ein individuelles Sicherheitsgefühl.

Das sieht Elzbieta Gebicki ähnlich. „Die Menschen sind und denken ganz verschieden. Ich möchte, dass sich bei mir alle wohlfühlen können“, sagt die Inhaberin von „Winkel – Vintage & Handgefertigtes“ in der Schweizergasse. „Jeder soll für sich entscheiden, wie er sich sicher fühlt.“ Sie selbst werde, wenn die Kunden in ihre Nähe kommen, weiterhin eine Maske aufsetzen und außerdem immer gut lüften. „Ich glaube nicht, dass es ab Montag große Probleme geben wird“, schaut sie voraus. „Ich habe eigentlich nur nette Kunden. Man kann miteinander reden und auf den anderen eingehen.“

Mit Optimismus schaut auch Gastronom Reiner Straßer in die Zukunft. „Ich glaube, die schlimmste Zeit haben wir hinter uns“, sagt der Inhaber des „Casa Konrad“ am Marktplatz und erinnert an den „richtig schlechten Jahresstart“, an zögerliche Gäste, viele Erkrankte und „Quarantäner“. „Die Leute waren vorsichtiger, aber als das Wetter frühlingshaft geworden ist und die Außengastronomie losging, haben sich die Menschen plötzlich wohler gefühlt, alles hat eine andere Dynamik bekommen“, obwohl – oder weil – sie im Freien, an den Tischen, die Masken abnehmen konnten.

Guter Dinge ist auch Laura-Sofie Dauenhauer-Fritz (Akzent-Hotel Franziskaner, Dettelbach). Die unterfränkische Sprecherin der Jungen Gastgeber des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DeHoGA) betont, jeder Gastronom sei in der Lage und habe inzwischen Übung darin, sich und seine Gäste adäquat zu schützen. Die Tochter des DeHoGa-Kreisvorsitzenden Thomas Dauenhauer unterstützt die Stellungnahme des Verbandes, wonach jeder selbst entscheiden kann, welche Verhaltensweisen individuell am besten sind. Den Wegfall der G-Regeln kommentiert sie so: „Wir Gastgeber freuen uns auf jeden Fall sehr, dass wir die Besucher ohne Zugangsbeschränkungen und ohne Maskenpflicht begrüßen können – und dass wir wieder Gastgeber für alle sein können.“

Sie persönlich werde es Gästen und Mitarbeitern freistellen, ob sie ab Montag einen Mund-Nasen-Schutz nutzen oder nicht. „In Gesprächen mit unseren Mitarbeitern zeichnet sich ab, dass die meisten die Maske aufbehalten wollen, wenn sie direkt am Tisch sind. Wenn sie abseits arbeiten, werden sie sie sicher gerne auch mal runternehmen.“

Wenn also ab Montag die Maskenpflicht fällt und „Team Vorsicht“ auf „Team Gott sei Dank es ist rum“ trifft, sind zwei Charakterzüge mehr denn je gefragt: Kommunikationswillen und Fingerspitzengefühl. Damit Kunden und Dienstleister sich nicht gegenseitig Bärendienste erweisen, formuliert Einzelhändlerin Elzbieta Gebicki die Strategie so: „Wenn wir aufeinander eingehen und die Bedürfnisse des Gegenübers respektieren, dann werden wir die Zeit nach der Maskenpflicht auch noch gut hinbekommen.“

Corona-Neuerungen ab Sonntag, 3. April

Schluss mit 2G-/3G-Beschränkungen: Einige bisher verpflichtende Vorgaben zum Schutz gegen Corona werden in Bayern zu freiwilligen Maßnahmen. So gibt es keine Orte mehr, für die pauschal die 2G- oder 3G-Regel gilt. Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) spricht aber davon, dass Maskentragen in Innenräumen und Mindestabstand „Empfehlungscharakter“ hätten. Das seien „simple Mittel“, um sich selbst und andere vor Infektionen zu schützen.

Maskenpflicht fällt weg: An vielen Orten im Freistaat muss man ab diesem Sonntag keinen Mund-Nasen-Schutz mehr tragen. Die Maskenpflicht entfällt in Schulen, öffentlichen Innenräumen sowie im Handel, also etwa im Supermarkt. Das Aus für die Maskenpflicht ist allerdings kein Maskenverbot – es steht jedem Menschen frei, weiterhin einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

Maskenpflicht bleibt: Bestehen bleibt die Maskenpflicht vorerst im Fernverkehr, im öffentlichen Nahverkehr sowie in „vulnerablen Einrichtungen“ wie Kliniken und Altenheimen. In Bayern muss es eine FFP2-Maske sein (ab 16 Jahren).

Testpflicht: Weiterhin verpflichtend testen muss man sich vor dem Betreten „vulnerabler Einrichtungen“. Besucher brauchen einen tagesaktuellen negativen Schnelltest. Geimpfte und genesene Beschäftigte in Kliniken, Heimen und Praxen müssen sich zweimal wöchentlich testen, alle anderen täglich. Die gleichen Regeln gelten laut Staatskanzlei auch bei Justizvollzugsanstalten für Besucher und Beschäftigte.

Schule: Auch Schülerinnen und Schüler müssen sich ab Montag wie bisher regelmäßig testen – vorerst bis zu den Osterferien, die am 11. April beginnen. In den Kitas bleiben die bisherigen Testregeln ebenfalls bestehen – dreimal wöchentlich in der Regel per Schnelltest zuhause.

Homeoffice: Es besteht keine gesetzliche Pflicht zum Angebot von Homeoffice durch den Arbeitgeber mehr.

Diskos, Feste: Bereits zum 20. März hatte die Staatsregierung viele Corona-Maßnahmen im Freistaat gelockert. Seitdem dürfen unter anderem Jahrmärkte und Volksfeste wieder stattfinden. Auch alle Kontaktbeschränkungen sowie die Personenobergrenzen für Kultur- und Sportveranstaltungen sind gestrichen. Ungeimpfte dürfen wieder Gastronomie oder Hotels besuchen.