Klinik zieht Bilanz: Keine Spur von Pandemie
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Samstag, 18. Juli 2020
Die eigens eingerichtete Isolierstation in der Klinik Kitzinger Land blieb auch während der Corona-Hochphase weitgehend leer. So wie das ganze Haus. Stand heute hätte man sich einiges an Corona-Maßnahmen sparen können.
Im Rückblick fällt die Bilanz eindeutig aus. „Von einer Pandemie konnte bei uns keine Rede sein“, sagt Dr. Uwe Pfeiffle. Der stellvertretende Leiter der Klinik Kitzinger Land ist sich bewusst, dass das Coronavirus das ganze Land vor nie gekannte Herausforderungen gestellt hat. Eine gewisse Vorsorge sei daher sicher richtig gewesen. Stand heute hätte man sich aber auch einiges sparen können.
Treffpunkt Klinik, Verwaltungstrakt: Hier haben Pfeiffle und Vorstand Thilo Penzhorn den Großteil der letzten Wochen und Monate verbracht. „Abwechselnd war tagsüber immer einer von uns da“, sagt Pfeiffle. Auch an den Wochenenden und Feiertagen. Schon alleine deshalb, weil Statistiken erfasst werden mussten. Wie viele Patienten werden gerade mit Verdacht auf Covid 19 in der Klinik behandelt? Wie viele liegen auf Isolierstation? Wie viele Kapazitäten sind vorhanden?
Klinik Kitzinger Land: Stand heute hätte man sich einiges sparen können
42 Plätze hatte die Klinik ab Ende März in einer eigens eingerichteten Isolierstation bereitgestellt. Das Personal wurde noch einmal extra geschult. Zwischen drei und acht Personen lagen im Schnitt in den Betten. Manchmal auch nur ein Patient, manchmal keiner. Viele hatten gar nicht Covid 19, mussten aber als Verdachtsfall so lange bleiben, bis auch der zweite Test negativ ausgefallen war. „Diese Patienten brauchten gar keine stationäre Behandlung“, sagt Pfeiffle. „Sie waren aber trotzdem da, manchmal bis zu zwei Wochen.“
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Statistisch gesehen sterben rund 120 Menschen pro Halbjahr in der Klinik Kitzinger Land. Das erste Halbjahr 2020 macht da keine Ausnahme. An oder mit Corona sind letztendlich zwei Personen verstorben. Beide mit etlichen Vorerkrankungen, beide deutlich über 60 Jahre alt.
Als Kaufmann blickt Pfeiffle mehr als kritisch auf die letzten Wochen zurück. Rund 670 Mitarbeiter stehen in der Klinik in Lohn und Brot. Wegen Corona wurden hunderte geplante Operationen verschoben, die Rückkehr in den Normalbetrieb läuft schleppend an. „Viele haben wohl immer noch Angst“, vermutet der Klinikvorstand.
Klinik blickt kritisch zurück: Corona-Zeiten bedeuteten immense Herausforderungen fürs Personal
Die Bundesregierung hat versprochen, den Kliniken im Land einen finanziellen Ausgleich zu gewähren. Also verschicken Penzhorn und Pfeiffle neue Statistiken. Die Auslastung eines Tages im Jahr 2019 wird mit der Auslastung des gleichen Tages im laufenden Jahr verglichen. Den Differenzbetrag will die Regierung erstatten. Grundsätzlich ein schöner Gedanke. Doch der Teufel steckt im Detail. In welcher Höhe wird die Regierung einsteigen? Wie werden die Bewohner von Altenheimen berechnet, die in der Klinik lagen, ohne tatsächlich behandelt zu werden. „Wir stochern finanziell im Nebel“, sagt Pfeiffle.
Die ersten Wochen in der Corona-Zeit bedeuteten für das Klinik-Personal eine immense Herausforderung. „Viele hatten verständlicherweise Angst“, erinnert sich Pfeiffle. Tatsächlich haben sich auch Pflegekräfte und Ärzte angesteckt. Sie wurden nach dem positiven Testergebnis sofort in Quarantäne geschickt und berichteten bei ihrer Rückkehr von ganz unterschiedlichen Erfahrungen. „Manche fühlten sich ein paar Tage richtig schlapp, anderen ging es nach zwei Tagen wieder prima“, so Pfeiffle.