Ins kalte Wasser geworfen
Autor: Julia Volkamer
Kitzingen, Freitag, 26. Februar 2021
Seit Montag sind die Kindergärten wieder geöffnet. Die Erzieherinnen haben wieder alle Hände voll zu tun – und sorgen sich um ihre Gesundheit und das Wohl der Kinder.
Es war wie die große Flut. Als Steuerfrau des Hauses für Kinder „Arche Noah“ konnte Elfriede Seidel ihr Schiff in den letzten Tagen nur mit größter Mühe über Wasser halten. Von einer auf die andere Woche waren die vier Gruppen der Kindertagesstätte wieder voll – mit bis zu 25 Kindern. Während sich die Kinder freuten wie ein Schwarm Fische im Meer, begann das Personal schon nach wenigen Tagen, nach Luft zu schnappen. „Wir freuen uns, dass die Kinder wieder da sind“, sagt Elfriede Seidel. „Aber wir wurden einfach ins kalte Wasser geworfen.“
Gut zwei Wochen ist es her, dass die Bundesregierung den Weg zur Kita-Öffnung für die Länder öffnete, wieder einige Tage später verkündete Bayerns Ministerpräsident Markus Söder den 22. Februar als Eröffnungstermin im Freistaat. Bei Bernhard Hornig, am Landratsamt Kitzingen verantwortlich für die Kindertagesstätten im Landkreis, liefen die Vorbereitungen von da ab auf Hochtouren. Masken wurden verteilt, der angepasste Rahmenhygieneplan verschickt. Der offizielle Startschuss wurde am 19. Februar gegeben, als abzusehen war, dass der Inzidenzwert nicht über 100 ansteigt.
Gesundheitsschutz berücksichtigen
Der Betrieb sei für die Kinder sehr wichtig. Dass sie seit zwei Monaten auf ihr „vertrautes Umfeld“ und auf die Angebote in der Kita verzichten mussten, konnte auf Dauer keine Lösung sein. Trotzdem müssten „alle Bedarfslagen verantwortungsbewusst gegenübergestellt und abgewogen werden“. Der Gesundheitsschutz der Kinder und Eltern, aber auch der des Personals müsse berücksichtigt werden.
Petra Prokot fühlt sich diesbezüglich ein bisschen im Stich gelassen. Nicht unbedingt von den Eltern, die nach dem harten Lockdown ihre Kinder wieder in die Betreuung bringen. „Wir alle haben es schließlich erlebt, und man kann die Erleichterung ja auch nachvollziehen“, sagt die Koordinatorin von insgesamt acht Kindertageseinrichtungen unter Trägerschaft des Dekanates Kitzingen. Sie hätte sich nicht nur einen späteren Zeitpunkt gewünscht, sondern auch eine stufenweise Öffnung.
Diesen Wunsch kennt auch Bernhard Hornig, sieht ihn aber von einer anderen Seite. „Im Frühjahr 2020 wurde versucht, den Wiederzugang zu den Kindertagesstätten an persönlichen Umständen festzumachen“, erinnert er an die Diskussion um systemrelevante Eigenschaften der Eltern und Erziehungsberechtigten. Das sei zu diesem Zeitpunkt zwar nachvollziehbar gewesen, habe aber „zu gesellschaftlichen Spannungen geführt, die auch an den Kindern nicht spurlos vorübergegangen sind.
Dieses Mal sollten alle Kinder dieselbe Möglichkeit erhalten, die Kita – wenn auch unter strengeren Vorgaben – wieder zu besuchen.“ Auf der anderen Seite sehe er die Personalnot in den Einrichtungen. „Es gibt schlicht und ergreifend vielerorts nicht ausreichend pädagogisches Personal, um die Vorgaben aus München eins zu eins umsetzen zu können.“
In Kleinlangheim hat Elfriede Seidel im Moment genug Personal – noch. Die Zuordnung der Kinder in feste Gruppen erfordert von den ErzieherInnen und KinderpflegerInnen ein hohes Maß an Flexibilität im – nach zwei Monaten im Lockdown – ohnehin schon fordernden Kindergartenalltag.