Im Zeichen des Klimawandels
Autor: Caroline Münch
Kitzingen, Mittwoch, 15. Sept. 2021
Richtiges Bauen ist ein entscheidender Faktor beim Klimaschutz. Was können Häuslebauer dafür tun? Und kann die Zukunft auch ein Rückschritt sein? Was ein Kitzinger Architekt und ein Stadtplanungsbüro dazu sagen.
Die Folgen des globalen Klimawandels sind mittlerweile nicht mehr nur in den großen Städten zu spüren, sondern auch in den kleinen Gemeinden. Überflutungen infolge von Starkregen und die Dauer von Trockenperioden nehmen spürbar zu.
Die Bundesregierung fördert kommunale Programme beim Klimaschutz zum Beispiel im Verkehrssektor, doch noch zu wenig im Bereich des Bauens, findet das Stadtplanungsbüro „arc.grün“: „Das Bauen an sich hat eine Schlüsselrolle bei Klimaschutz und -anpassung, die bisher noch zu wenig beachtet worden ist“, sagt Gudrun Rentsch. Doch wie genau können Gemeinden oder auch Häuslebauer selbst etwas gegen den Klimawandel tun, wenn es um das Thema Stadtentwicklung und Hausbau geht? Was ist sinnvoll, was im Trend und was wird gerade entwickelt? Wir haben mit zwei Experten an der Schnittstelle von Stadtplanung, Architektur, Landschaft und Heimat gesprochen.
Ziegel mit Luftkammern als Dämmstoff der Zukunft?
Energieeffizientes Bauen ist bei den Kommunen im Trend, vor allem auch, weil es vom Bund stark gefördert wird. Durch eine gute Außenwanddämmung von Häusern muss im Winter weniger geheizt werden. Doch was aktuell in Mode ist, nämlich die Dämmung der Häuser durch dicke Styroporwände, könnte sich in nächster Zeit ändern. „Die Dämmung mit bis zu 25 Zentimeter dickem Styropor, ist gar nicht so gesund. Durch den hohen Druck im Haus kann man Kopfweh bekommen, wenn man nicht oft genug lüftet. Wir hatten da erst kürzlich einen Fall“, berichtet Architekt Dieter Bilz. Die Alternative: Ziegel mit Luftkammern, die genauso dämmen, aber schonender für die Gesundheit sind. Auch beim Thema Solaranlagen in historischen Städten tue sich etwas. Forscher seien gerade dabei, Dachziegelsteine zu entwickeln, in die Solarpanels eingebaut werden können, damit das Stadtbild nicht verändert werde. In bestimmten Bereichen von Iphofen sind aktuell genau aus diesem Grund Solarpanels auf den Dächern verboten. Wer also in ferner Zukunft ein Haus (um-) baut, kann Energieeinsparung ohne auffällige Aufbauten auf dem Dach betreiben.
Auf Gemeinden und Häuslebauer werden aber in Zukunft nicht nur kleine Veränderungen zukommen, sondern auch ganz große. „Womit wir als Stadtplaner immer wieder in Berührung kommen, ist das verdichtete Bauen mit kompakten und gleichmäßigen Formen, was aber leider aktuell noch nicht viel Gehör findet“, erklärt Gudrun Rentsch von „arc.grün“. Schon in den 1960er Jahren habe man sogenannte Teppichsiedlungen ohne große Abstände und Ausuferungen gebaut, meint der ehemalige Heimatpfleger Dieter Bilz. Auch wenn Einfamilienhäuser heute klimaneutral gebaut werden können, sind sie aufgrund des immensen Flächen-, Ressourcen- und Energieverbrauchs nicht mehr zeitgemäß. „Sie erzeugen die größten ökonomischen Folgekosten“, sagt Gudrun Rentsch. „Wir müssen in Zukunft wieder einen Schritt zurücktreten und uns mehr auf Reihenhäuser und Siedlungen besinnen.“ Siedlungen seien auch Städte der kurzen Wege und sparen dadurch viel C02 ein. Auch dort gelten die allgemeinen Regeln, auf die jeder Häuslebauer und -planer achten sollte: Sanierung und Umbau vor Neubau, regionale Baustoffe verwenden und auf Recycling der Materialien achten. Städte sollten steuernd eingreifen und mit den eigenen Gebäuden als gutes Beispiel vorangehen, wünscht sich Gudrun Rentsch. Gemeinden sollten beispielsweise dringend darauf achten, genug Grünflächen zu schaffen beziehungsweise zu erhalten. Grünflächen und Wasserspeicher spielten eine große Rolle, wenn es um die Klimaanpassung geht. Die Grünflächen fungieren als Durchlüftungs- und Frischluftleitebahnen, als Klimaanlagen in der Stadt, als Erholungs- und Freizeitorte und oft auch als Versickerungsflächen sowie als unterirdische Wasserspeicher. Immer wichtiger werden auch Pflaster- oder Kiesmischungen, durch die Wasser versickern kann.
„In Zukunft muss es in Städten tabu sein, bestehende Grünflächen zu bebauen“, fordert Rentsch. Im Gegenteil: Es müssten sogar noch zusätzlich Grünflächen auf Büro- und Industriegebäuden geschaffen werden.
Baugebiete mit städtischem Wasserspeichersystem planen
„Immer mehr Häuslebauer setzen auch Grünflächen auf Garagen an, das ist sehr gut, auch wenn es etwas mehr planerischen Aufwands bedarf, weil ja alles gut abgedichtet und abgeleitet werden muss“, erklärt die Landschaftsarchitektin. Dabei solle man darauf achten, dass Dachdecker und Dachbegrüner gut zusammenarbeiten.
Dieter Bilz berichtet, dass auch immer mehr Häuslebauer hauseigene Zisternen einplanen, was sehr zu empfehlen sei, um die Umgebung zu kühlen und das Regenwasser für bestimmte Hausbereiche wiederverwenden zu können. Planerisch am einfachsten sei es jedoch, Baugebiete mit vorgefertigten Plänen für Häuser und einem gesamtstädtischen Wasserspeichersystem zu bauen. Das Baugebiet „Hammerstiel“ in Kitzingen gehe da mit gutem Beispiel voran, erklärt Gudrun Rentsch. „Dort liegt die Wasserrückhaltung für alle Häuser unter dem Spielplatz. Sie fällt gar nicht auf“. Der Trend sollte ihrer Meinung nach in Zukunft eher zu dezentralen Wasserspeichern, also Gesamtrückhaltebecken in Baugebieten gehen.