Druckartikel: Höhepunkt einer spannenden Reise

Höhepunkt einer spannenden Reise


Autor: Daniela Röllinger

Kitzingen, Freitag, 10. Dezember 2021

Sabine Lewandowski hat mit ihrer Mutter Marianne das Unternehmen Mari&Anne gegründet. Jetzt wurde sie als Kultur- und Kreativpilotin ausgezeichnet
Marianne Lewandowski und ihre Töchter Marina und Sabine produzieren handgemachte Naturkosmetik. Jetzt ist die Kitzinger Manufaktur mit Designatelier „Mari&Anne“ als Kultur- und Kreativpilotin von der Bundesregierung ausgezeichnet worden.


Kitzingen 765 Unternehmen aus ganz Deutschland haben sich beworben, 32 wurden ausgewählt – und „Mari&Anne“ gehört dazu: Das junge Kitzinger Familienunternehmen, das Naturkosmetik herstellt, wurde jetzt von der Bundesregierung als „Kultur- und Kreativpilot*in 2021“ ausgezeichnet. Geschäftsführerin Sabine Lewandowski, die „Mari&Anne“ gemeinsam mit ihrer Mutter Marianne und Schwester Marina betreibt, erzählt, was hinter der Auszeichnung steckt.

Frage: Sie sind Kultur- und Kreativpilotin. Was ist das?

Sabine Lewandowski: So werden innovative Unternehmer und Unternehmerinnen in Deutschland genannt, die sich Herausforderungen stellen, originelle Herangehensweisen anwenden, mit Mut und Initiative Hürden bewältigen und wirtschaftlichen Erfolg im Blick haben. Sie engagieren sich in der Gesellschaft und inspirieren mit ihrem Tun andere.

Wie sind Sie auf die Auszeichnung aufmerksam geworden?

Lewandowski: Die Auszeichnung hat ihren Ursprung in Bremen. Ich habe in Bremen studiert, lebe in der Stadt und habe mir dort ein Netzwerk an Kreativen aufgebaut. Eine Netzwerkpartnerin, die selbst schon als Kreativpilotin ausgezeichnet wurde, hat mich auf die Auszeichnung aufmerksam gemacht.

Und dann haben Sie sich beworben?

Lewandowski: Man muss ein Onlineformular ausfüllen und sich vorstellen, erklären, was man als Unternehmen und als Unternehmer*in macht.

Warum haben Sie sich für eine Bewerbung entschieden?

Lewandowski: Durch die Auszeichnung der Bundesregierung erhalten wir ein einjähriges Mentoringprogramm von erfahrenen Mentoren und Mentorinnen, das uns als Titelträgerinnen unterstützt und voranbringt. Zudem lernen wir alle aktuellen und ehemaligen Ausgezeichneten kennen. Das Netzwerk umfasst mittlerweile deutschlandweit 300 Unternehmer und Unternehmerinnen und ist viel wert.

Beschreiben Sie uns doch mal Ihr Unternehmen.

Lewandowski: Grundlage für die Idee zur Gründung von Mari&Anne war die persönliche Geschichte unserer Familie. Weil ich eine Hautkrankheit hatte, ausgelöst durch Überreizung der Haut von industriellen Pflegeprodukten, hat meine Mutter Marianne vor Jahren begonnen, Naturkosmetik selbst herzustellen. Das Konzept haben wir mit der Gründung von Mari&Anne gemeinsam ausgebaut, mit der Vision, auch meine Schwester Marina, die das Downsyndrom hat, zu integrieren. Wir produzieren in unserer Manufaktur handgemachte Naturkosmetik. Marina ist das Gesicht von Mari&Anne. Sie modelt, illustriert und kreiert gemeinsam mit mir Merch-& Geschenkartikel mit Botschaft. Mari&Anne ist kein Ladengeschäft, unsere Produkte werden ausschließlich online verkauft oder bei ausgewählten Händler*innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz angeboten.

765 Unternehmen haben sich beworben, 100 kamen in die Vorauswahl. Wann haben Sie erfahren, dass Sie dabei sind?

Lewandowski: Die erste Phase kann man öffentlich mitverfolgen. Auf der Website der Kultur- und Kreativpilot*innen werden alle Unternehmen, die sich bewerben, aufgezeigt. Interessierte können Votings für ein Unternehmen abgeben. Wir haben großartige Kunden und Kundinnen, die für uns gestimmt haben. So wurden wir dann Anfang September zur Vorauswahl eingeladen.

Wie lief das Ganze ab?

Lewandowski: Das ging über mehrere Tage – wegen Corona leider nur online. Jeweils drei Bewerber haben sich mit neun Jurymitgliedern in drei virtuellen Räumen getroffen. Man hatte jeweils 20 Minuten Zeit, sich und das Unternehmen vorzustellen und musste viele Fragen beantworten. Die Vorstellung ist also kein Monolog. Die Jury will nicht nur wissen, welche Motivation ein Bewerber mit seinem Unternehmen hat – oder vielleicht erst mal mit seiner Idee, wenn es noch gar kein Unternehmen gibt. Sie will auch etwas über die Persönlichkeit erfahren, die dahinter steht.

Waren Sie aufgeregt?

Lewandowski: Nicht wegen der Sache an sich. Es war eine Herausforderung, weil die Gespräche wegen Corona nur virtuell stattfanden. Es sitzen zwölf Leute online zusammen, die sich noch nie gesehen haben. Bei einem persönlichen Treffen ist das einfacher.

Sie konnten die Jury überzeugen und gehören zu den 32 Ausgezeichneten bundesweit. Haben Sie damit gerechnet?

Lewandowski: Nein, denn es haben sich so viele tolle Unternehmen vorgestellt. Um so mehr freuen wir uns.

Was ist nun mit der Auszeichnung verbunden?

Lewandowski: Wir werden ein Jahr lang sehr individuell von zwei Mentoren begleitet und unterstützt, einem erfahrenen Mentor und einer jungen Mentorin. In dieser Zeit gibt es vier Termine mit ihnen – einen hatten wir bereits. Dazu kommen nochmal Workshops mit allen Coaches und den anderen Titelträger*-innen.

Warum nochmal? Gab es denn schon ein Treffen?

Lewandowski: Ja, im November waren alle Ausgezeichneten zu einem persönlichen Kennenlernen und einem ersten Workshop eingeladen. Dabei ging es unter anderem darum, wie man sich gut in der Öffentlichkeit präsentiert. Anfang Januar treffen wir uns wieder – dann zur offiziellen Auszeichnung im Kanzleramt.

Ihnen geht es bei Mari&Anne nicht nur um Naturkosmetik, sondern auch um Inklusion. Sie wollten, dass ihre Schwester Marina, die das Down-Syndrom hat, festes Teammitglied werden kann.

Lewandowski: Inzwischen hat sich da tatsächlich etwas getan: Marina hat seit dem 1. Dezember einen Außenarbeitsplatz in Kooperation mit den Mainfränkischen Werkstätten bei uns in der Manufaktur. Es ist schön, dass sie jetzt ganz offiziell zum Team gehört.

Ist Ihnen wichtig, dass es beim Mentoring auch um Inklusion geht?

Lewandowski: Inklusion an sich ist beim Mentoring kein extra Thema, weil es um die Unternehmerpersönlichkeiten und die Entwicklung des Unternehmens geht. In den Gesprächen mit den Mentor*innen und anderen Unternehmer*innen wird es sicherlich immer wieder Thema werden. Themen wie Diversität und Inklusion sind wichtig und müssen vor allem in der Gesellschaft mehr Verständnis, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung bekommen.

Haben Sie jetzt schon Tipps für andere Jung-Unternehmer und Unternehmer?

Lewandowski: Jeder Gründer und jede Gründerin hat einen ganz eigenen Weg. Ich empfinde Gründen mittlerweile als eine Reise, die nie aufhört. Sie ist voller Herausforderungen, aber auch spannender Abenteuer und Möglichkeiten. An manchen Punkten fühlt es sich an, als sitze man wieder auf der Schulbank in der ersten Klasse, weil man viele Dinge das erste Mal hört und unglaublich viel lernen muss, um weiter zu kommen. Ich würde anderen auf jeden Fall empfehlen, auch die Talfahrten als etwas Positives zu betrachten und sich dadurch nicht demotivieren zu lassen. Außerdem sollten sich Gründer*innen definitiv Zeit für sich nehmen, um auf dieser Reise auch immer wieder Ruhepausen einzulegen.

Auszeichnung für Unternehmer- und Unternehmerinnenpersönlichkeiten

Die Auszeichnung: Kultur- und Kreativpilot*innen Deutschland ist eine durch die Bundesregierung vergebene Auszeichnung für Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft und deren Schnittstellen zu anderen Branchen, die sich an Selbstständige, Gründer*innen und Projekte richtet. Gesucht werden Menschen, die Mut beweisen, Engagement zeigen und sich immer fragen: Was kann ich noch besser machen? Die Auszeichnung ist kein Innovationspreis, sondern legt ihren Fokus auf die Unternehmer*innenper-sönlichkeit, heißt es auf der Homepage, denn gerade in dieser herausfordernden Zeit sei es wichtig, der Branche ein Gesicht zu geben und zu zeigen, welche Innovationskraft durch die Vielfalt ihrer Mutmacher*innen, Andersdenker*innen und Wegbereiter*innen hervorgebracht wird.

Mari&Anne: Die Manufaktur mit Designatelier von Sabine und Marianne Lewandowski ist ein junges Familienunternehmen in Kitzingen. Die Familie stellt natürliche Hautpflegeprodukte mit Traubenkernöl aus Franken nach Mariannes Rezeptur her und vertreibt ihre Design-Erzeugnisse aus eigener Kreation. Das Besondere: Das Label bindet die individuellen Begabungen von Tochter Marina, die das Down-Syndrom hat, aktiv in das Geschäftsleben mit ein. Sie unterstützt in der Produktion und ist gemeinsam mit ihrer Schwester Sabine kreativer Kopf im Atelier von Mari&Anne. (red)