Höchste Zeit für Veränderungen
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Freitag, 09. Juli 2021
Manfred Engelhardt erklärt, wie die Pariser Klimaziele doch noch erreicht werden können – und warum ihn eine Richtungsänderung beim Bund Naturschutz gefällt.
Landkreis Kitzingen Das große Ganze will er nicht aus den Augen verlieren. Denn letztendlich gehe es genau darum: um den Schutz der Umwelt und das Erreichen der Klimaziele, die im Pariser Abkommen von 2015 festgeschrieben wurden. Manfred Engelhardt ist klar, dass es dafür vor allem eines bedarf: einer Bewusstseinsveränderung in der Bevölkerung. Die Klimakrise muss in ihrer Brisanz begriffen werden.
Engelhardt: Durch einen Mix an Maßnahmen. Besonders wichtig erscheint mir der Ausbau der erneuerbaren Energien – neben ernsthaften Bemühungen zur Effizienzsteigerung und zum Energiesparen.
Der Ausbau stockte in den letzten Jahren. Setzen Sie auf Windkraft oder Photovoltaik?Engelhardt: Wir müssen beide Bereiche bedeutend ausbauen. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie der TU München müssten wir in Bayern bis 2040 die installierte Leistung aus Photovoltaik von aktuell 13,5 Gigawatt auf 67 Gigawatt und bei Windkraft von jetzt 2,5 Gigawatt auf 13,5 Gigawatt hochfahren, um die Klimaziele zu erreichen. Das geht nur mit einem neuen politischen Willen und einem Umdenken der Bürger.
Engelhardt: Es gibt ein hohes Bewusstsein für diese Thematik, zumindest in der Theorie. Aber der Wille zur Umsetzung ist noch nicht groß genug. Ohne eine Verhaltensänderung eines jeden Einzelnen wird es aber nicht gehen. Dafür bräuchten wir auch überzeugende Vorbilder.
Engelhardt: Richtig, aber es wird auch keinen Bürger geben, der einen Tornado wie zuletzt in Tschechien oder Waldbrände wie an der Westküste Kanadas erleben möchte. Diese und andere Gefahren eines fortschreitenden Klimawandels kommen immer näher. Sollte sich die Energieversorgung nicht mehr decken lassen, sind auch Zerrüttungen in der Gesellschaft nicht undenkbar.
Die 10 H-Regelung behindert den Ausbau der Windkraftanlagen im Freistaat. Muss sie fallen?Engelhardt: Auf jeden Fall. Die Regelung besagt, dass der Mindestabstand zwischen Windrad und Wohnbebauung das Zehnfache der Höhe eines Windrades betragen muss. Moderne Windräder sind 200 Meter hoch. Dann bräuchten wir zwei Kilometer Abstand. Laut der TU-München Studie käme man bei einem durchschnittlichen Abstand von 1,4 Kilometern zwischen Wohnbebauung und Windrad und der Nutzung der sich dann öffnenden Flächen auf die nötige Zahl an Anlagen.
Die Zahl der Anlagen müsste massiv steigen?Engelhardt: Das ist sicher zutreffend. In Unter- und Oberfranken haben wir bei Windkraft eine ganz gute Basis. Obwohl auch hier der Ausbau voran schreiten müsste. Es gibt noch freie, geeignete Flächen. Bislang wehren sich vor allem die Menschen in Ober- und Niederbayern.