Hilfe gegen Angst und Einsamkeit
Autor: Daniela Röllinger
, Mittwoch, 11. August 2021
Die letzten eineinhalb Jahre waren für viele ältere Menschen schwierig. Ein Gespräch mit Lorenz Kleinschnitz, Altenseelsorger im Dekanat Kitzingen, über Erfahrungen und Lehren.
Landkreis Kt/Schwarzach Hinter den Menschen liegen schwierige Monate – Besuchsverbot, Abstand, die Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus. Wie kamen und kommen die Senioren mit der Situation zurecht? Dekanatsaltenseelsorger Lorenz Kleinschnitz aus Schwarzach erlebt es in seiner täglichen Arbeit.
Lorenz Kleinschnitz: Ich muss zugeben, dass ich erstaunt war: Ich habe bei den Besuchen, die mir möglich waren, nicht die Tristesse erlebt, die ich anfangs erwartet hatte. Natürlich waren die Bewohner traurig, dass sie keine Besuche bekommen durften, aber die Mitarbeiter haben da sehr viel aufgefangen. Sie waren immer da für die Bewohner. Es ist Wahnsinn, was sie leisten, sie waren sozusagen wie Seelsorger.
Weil Sie lange nicht in die Heime durften?Kleinschnitz: Ja, es war für uns teilweise schwierig, Kontakt zu halten. Wir haben das über verschiedene Wege versucht. Zum Beispiel haben wir in Dettelbach Videoclips mit vertrauten Menschen in den Eingangsbereichen der Einrichtungen oder in der Kirche aufgenommen und über Liedblätter zum Mitbeten ermuntert, so konnten die Leute in den Wohneinheiten am Gottesdienst teilnehmen. Dazu haben wir natürlich die Mitarbeiter gebraucht. Wenn die das nicht mittragen, ist das nicht machbar.
Kleinschnitz: Ja, es gab viele schwierige Situationen. Zum Beispiel ist der Sohn einer alten Dame gestorben und wegen Corona auf der Station war jeglicher Besuch nicht möglich, sie konnte auch nicht bei der Beerdigung dabei sein. So haben wir während dieser Zeit lange miteinander telefoniert und es war mehr als ermutigend, wie sie mit der Situation umgegangen ist. Doch gerade in solchen Situationen ist menschliche Nähe lebensnotwendig.
Kleinschnitz: Nein, auf keinen Fall. Die Bewohner litten ja nicht an den Einrichtungen, sondern an den vorgegebenen Einschränkungen und den Corona-Regeln. Da gab es natürlich immer wieder zerstörte Hoffnungen, zum Beispiel wenn kein Besuch kommen durfte oder kurzfristig abgesagt werden musste. Aber das lag ja nicht an den Heimen. Und diese Beschränkungen gab es ja auch für die Leute, die bei ihrer Familie wohnen.
Warum, da war man doch beeinander?Kleinschnitz: Vielleicht im gleichen Haus. Aber auch in der Familie wurde darauf geachtet, dass man sich nicht ansteckt. Oma und Opa haben sich abgekapselt oder wurden zum Teil abgekapselt, die Enkelkinder durften nicht hin, um sie nicht anzustecken. Das war schwierig für die Senioren. Und sie haben natürlich auch gemerkt, in welche Stresssituation Corona die Familien gebracht hat – mit Homeschooling und Homeoffice.
Abgekapselt – haben auch die Senioren in den Familien unter Einsamkeit gelitten?Kleinschnitz: Ja, aber nicht nur, weil sie nicht zu den Kindern und Enkelkindern konnten. Es ist ja auch alles andere im gesellschaftlichen Leben weggefallen: der Kirchgang, der Einkauf, der Kontakt zu den Nachbarn und Freunden, zum Seniorenkreis, das hat alles gefehlt. Es gab also durchaus eine Vereinsamung, auch wenn eigentlich vom Wohnen her Nähe da war.