Gemeinsam mehr erreichen
Autor: Daniela Röllinger
Willanzheim, Freitag, 29. April 2022
Der neue DGB-Kreisvorsitzende Stefan Belik will die Arbeit der Gewerkschaften mehr ins Licht der Öffentlichkeit rücken und für die ganze Familie interessant werden.
Kitzingen Am Tag der Arbeit lädt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) traditionell zur Kundgebung – am Sonntag erstmals unter der Regie des neuen Kreisvorsitzenden Stefan Belik. Welche Pläne hat der 48-Jährige aus Willanzheim? Und wie beurteilt er die Situation in den Betrieben im Landkreis?
Stefan Belik: Wir wollen mal was Neues machen und auch die Familien einbeziehen. In der Corona-Zeit ist die Arbeit des Kreisverbandes durch die Beschränkungen fast zum Stillstand gekommen. Jetzt wollen wir sie wiederbeleben und ausbauen. Durch den Tanz in den Mai, der übrigens keine Eintagsfliege sein soll, sondern regelmäßig stattfinden und noch ausgebaut werden soll, mit mehreren Bands statt wie jetzt nur einer. Aber auch durch weitere Veranstaltungen und Angebote, Infostände, Beteiligung an Berufsinformationstagen, mehr Kontakt zu jungen Leuten, mehr Informationen. Außerdem haben wir die Maikundgebung auch ein bisschen verändert. Sie findet im Freien statt, mit Weißbierfrühstück und Musik, gleichzeitig mit dem Main-Festival des Stadtmarketingvereins. Da ist für jeden was dabei an diesem Tag und so lassen sich die Leute leichter aktivieren und motivieren, auch bei uns vorbeizukommen.
Hatten Sie solche Veränderungen im Blick, als Sie im vergangenen Jahr zum Kreisvorsitzenden gewählt wurden?Stefan Belik: Es ist mir wichtig, dass Politisches und Familiäres zusammengeführt wird, das hatte ich auch bei meiner Vorstellung vor der Wahl gesagt. Trotzdem hat mich überrascht, dass ich einstimmig gewählt wurde. Ich hatte ja vorher keinerlei Kontakt zu anderen Gewerkschaften wie der IG Bau oder der Bahngewerkschaft. Der DGB vertritt acht Mitgliedsgewerkschaften im Landkreis Kitzingen, etwa 6700 Kolleginnen und Kollegen sind dort organisiert.
Stefan Belik: Ich bin Delegierter der IG Metall und Betriebsratsvorsitzender bei Baumüller. In die Gewerkschaft bin ich vor mehr als 30 Jahren eingetreten, damals noch bei Rathgeber. Als dort eine beschlossene Tariferhöhung nicht an uns Auszubildende bezahlt werden sollte, haben wir uns an die Gewerkschaft gewandt und die hat uns geholfen. Auch als die Firma später Insolvenz angemeldet hat, hat uns die Gewerkschaft unterstützt. Und die wussten auch, welche Betriebe Mitarbeiter gebraucht haben, so dass wir uns nicht erst überall auf gut Glück bewerben mussten.
Stefan Belik: Es wird oft vergessen, dass vieles, was heute das Arbeitsleben prägt, mit den Gewerkschaften erreicht wurde. Der 8-Stunden-Arbeitstag zum Beispiel – früher wurde zwölf Stunden gearbeitet. Die Erholungszeit zwischen den Schichten. Die Urlaubstage. Die 35-Stunden-Woche. Die Tarife. Vieles würde anders aussehen, wenn es die Gewerkschaften nicht gäbe. Wobei wir noch schlagkräftiger wären, wenn sich die Gewerkschaften enger zusammentun würden. Momentan schaut eigentlich jeder nur auf sein eigenes Revier. Ich möchte gern dazu beitragen, dass sich das ändert.
Momentan beschäftigt ein anderes Thema Arbeitgeber und Arbeitnehmer: der Krieg in der Ukraine.Stefan Belik: Der wirkt sich natürlich auch in der Region aus. Einige Firmen haben Mitarbeiter in der Ukraine, wie Leoni oder Knauf, oder in Nachbarländern. Zudem sind Lieferketten unterbrochen, Lieferzeiten verlängern sich, teilweise ist Material knapp. In der Automobilindustrie zum Beispiel ist der Chipmangel ein riesengroßes Thema. Sind die Zulieferungen gedrosselt, kann weniger produziert werden. Teilweise stehen Betriebe vor der Kurzarbeit. Bei den Firmen, in denen es vorher gut gelaufen ist, ist das Überstundenkontingent noch hoch, auch Urlaube sind noch da. Das wird jetzt sukzessive abgebaut. Aber wir müssen schauen, wie es dann Mitte des Jahres aussieht.
Zumal da ja auch noch die Corona-Pandemie ist.Stefan Belik: Wegen Corona hatten fast alle Firmen Kurzarbeit beantragt, teils abteilungsbezogen. Es gab aber auch staatliche Unterstützung. Für die Firmen in der Region blieben die Corona-Folgen insgesamt in einem humanen Rahmen, wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Anderswo war es weit gravierender.