Eine üble Geschichte
Autor: Daniela Röllinger
Kitzingen, Donnerstag, 26. Juli 2018
Für Reisekranke ist die Fahrt in den Urlaub eine Tortur. Vor allem Kinder sind betroffen.
Auf dem Weg nach draußen schnappt sich Jonah die Küchenrolle. Die muss mit, ebenso wie Tüten und Ersatzkleider. Dem Vierjährigen wird es schlecht, wenn er im Auto fährt. Er leidet unter Reisekrankheit – ebenso wie seine Schwester und seine Mutter. Fast jede Fahrt ist eine Strapaze für alle Beteiligten.
Die Sommerferien beginnen und damit steht der Höhepunkt des Jahres vor der Tür: der lang ersehnte Urlaub. Es geht in die Berge, in fremde Länder, ans Meer. Allein der Gedanke daran löst Vorfreude aus – zumindest wenn man nicht an Kinetose leidet. Doch gerade bei Kindern zwischen zwei und zwölf Jahren tritt die Reisekrankheit häufig auf.
Kinetose ist ein Bewegungsschwindel. Er entsteht durch fehlerhafte Verarbeitung von Sinneseindrücken durch das Gehirn, erklärt der Kitzinger Kinderarzt Dr. Stephan Küntzer. „Die Augen und das Gleichgewichtsorgan nehmen gleichzeitig Bewegung und Stillstand wahr.“ Dadurch gerät der Körper in Stress. Was sich durch mehrere Symptome äußert: Es kommt zu vermehrtem Speichelfluss, Gähnen, Kopfschmerzen und Schweißausbrüchen, dann zur klassischen Übelkeit und zum Erbrechen.
Studien zufolge sind fünf bis zehn Prozent aller Menschen sehr empfindlich für das Auftreten von Kinetose, Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
„Wenn Jonah anfängt zu gähnen, geht es los“, weiß Diana Schmidt. Sie kennt die Symptome genau. Nicht nur, weil auch ihre ältere Tochter Carla betroffen ist, sondern weil sie selbst unter Reiseübelkeit leidet. „Als Kind haben meine Eltern mir immer einen gelben Eimer zwischen die Füße gestellt und eine Zewarolle in die Hand gedrückt“, weiß sie noch genau. Das Bild hat sich ins Gedächtnis eingebrannt. Es zeigt, wie belastend die Reiseübelkeit für die meisten Betroffenen ist.
Jonah ist noch relativ klein. Er steht Reisen noch unbekümmert gegenüber. Wie die Fahrt kürzlich in den Urlaub war? „Langweilig“, sagt der Vierjährige. Die achtjährige Carla schaut schon skeptischer. „Ich fahr' nicht gern in Urlaub“, sagt sie. Gut, dass Freundin Nele dabei war. Die beiden haben geredet, Musik gehört, im Zug gespielt, Geschichten erfunden. „Das hat gut geklappt.“
Zumindest bis zum Flugzeug. Da wurde es dann schon schwieriger. Die Sitzeinteilung war ungünstig, die Mutter saß zwischen den Kindern, der Vater weit entfernt. „Den Kindern rechts und links von mir Tüten hinhalten und mir dazwischen ist selber schlecht, das brauch' ich erst mal nicht mehr“, sagt Diana Schmidt rückblickend.