Eine Grundlage fürs Leben
Autor: Daniela Röllinger
Kitzingen, Montag, 14. März 2022
Ob Pandemie oder Preissteigerung: Die letzten zwei Jahre haben gezeigt, wie wichtig Kenntnisse in Hauswirtschaft sind. Und doch führt die Ausbildung ein Schattendasein. Leonie Brändlein ist im dritten Lehrjahr auf dem Schwanberg und kann das gar nicht nachvollziehen. "Das ist ein Beruf mit Zukunftspotenzial", sagt die 19-Jährige.
Eine hauswirtschaftliche Ausbildung? Wer die vorweisen konnte, war früher stolz darauf. „Heute führt die Ausbildung ein Schattendasein“, bedauert Ruth Halbritter. Die Fachlehrerin vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg hofft, dass sich das jetzt ändert, denn die Corona-Pandemie habe vielen vor Augen geführt, wie wichtig es ist, sich gut versorgen zu können und gut versorgt zu werden.
Ruth Halbritter, Fachlehrerin
AELF Kitzingen-Würzburg
Vier Frauen haben auf den Schwanberg eingeladen. Allesamt beschäftigen sie sich beruflich mit der Hauswirtschaft – und doch hat jede einen anderen Aufgabenbereich. Neben Fachlehrerin Halbritter sitzt die Auszubildende Leonie Brändlein am Tisch im Schloss, auf der anderen Seite die Leiterin der Küche, Amelie Haupeltshofer, und Hauswirtschaftleiterin Andrea Rickel. Ihr unterstehen neben der Küche auch die anderen Bereiche der Hauswirtschaft, wie beispielsweise Service und Reinigung. So unterschiedlich ihre Arbeitsbereiche, so verschieden ihr Alter – alle sind begeistert von ihrem Beruf. Hauswirtschaft werde häufig unterschätzt, finden die vier Frauen. Dabei ist sie vielfältig. Und wichtig für unser aller tägliches Leben. „Von der Wiege bis zur Bahre“, sagt Ruth Halbritter. Sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich.
Es wird viel über gute Lebensmittel gesprochen. Über Essen aus der Region, am besten ökologisch oder biologisch angebaut. „Aber die idealsten Lebensmittel alleine helfen uns nicht weiter. Wir brauchen jemanden, der etwas daraus zubereitet“, sagt Ruth Halbritter. Die letzten beiden Jahre haben deutlich gemacht, wie wichtig das ist – und wie wenig viele darüber wissen. Wo kaufe ich Kartoffeln, welche Sorte wähle ich, wie bereite ich sie zu, wie kann ich Reste verwerten, um sie nicht wegwerfen zu müssen? Ein kleines, ganz einfaches Beispiel nur, das dem riesigen Gebiet der Hauswirtschaft nicht gerecht wird. Aber es zeigt, dass wir alle tagtäglich mit dem Thema in Berührung kommen.
Andrea Rickel hat 1978 den Beruf der ländlichen Hauswirtschafterin gelernt, später die Meisterprüfung abgelegt. Heute leitet sie die Hauswirtschaft auf dem Schwanberg, hat 40 Mitarbeiter unter sich. 150 Betten gibt es – im Schloss, im Haus St. Michael, im Jugend- und Familienhof. 30.000 Übernachtungen im Jahr. „Wir sind dafür zuständig, dass jeder Gast zu jeder Zeit genau das bekommt, was er braucht und möchte“, sagt Andrea Rickel. „Wir sind dafür zuständig, dass die Gäste sich wohlfühlen.“ Was wird gekocht, wie wird es zubereitet, was braucht man dafür, was macht man, wenn eine Zutat fehlt, welche Gerichte bekommt jemand, der eine Allergie hat? Die Antworten auf diese und die vielen weiteren Fragen, die sich tagtäglich stellen, werden nicht vorgegeben. Jeder Mitarbeiter kann und muss sich einbringen, Eigenverantwortung spielt eine wichtige Rolle.
„Hier kann man viel lernen“, sagt Leonie Brändlein, die im Zuge ihrer Ausbildung am Leistungswettbewerb mitgemacht und Platz fünf bayernweit erreicht hat. „Auch fürs eigene Leben.“ Sie kocht viel öfter als früher, saisonal und regional. Sie vergleicht Preise, achtet genauer darauf, was sie kauft. „Oft sind Kühlschränke ja bis oben voll mit Sachen, die man gar nicht braucht“, gibt die 19-Jährige zu bedenken. Aufgrund ihrer Lehre geht sie wertschätzender mit Lebensmitteln um, vermeidet Abfälle, verwertet Reste. Hier kommt, wie in vielen anderen Bereichen der Hauswirtschaft, der Umweltgedanke ins Spiel, der vielen Menschen immer wichtiger wird.