Ein Schmuckstück wird saniert
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Freitag, 16. Juli 2021
Am Kitzinger Rathaus bröckeln Teile der Fassade und ganze Natursteine sind marode. Jetzt beginnen die Arbeiten hinter einem gelb-blauen Schutzvorhang.
Von weitem sieht es so aus, als schmücke sich das Kitzinger Rathaus für den Besuch des ukrainischen Ministerpräsidenten Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj. Davon kann aber keine Rede sein. Die gelb-blauen Farben sind keine Reminiszenz an die ukrainische Nationalflagge, sondern das Erkennungszeichen der ausführenden Malerfirma. Bis Ende des Jahres sollen die Fassade saniert, schadhafte Stellen ausgebessert sein und das Rathaus in neuem Glanz erstrahlen.
„Es wird Zeit“, sagt Johannes Schrauth, Leiter des Hochbauamtes und schaut an dem Gebäude hoch. Seit etwa 40 Jahren ist das Rathaus, dessen ältester Gebäudeteil aus dem 16. Jahrhundert stammt, nicht mehr restauriert worden. Risse haben sich in der Fassade gebildet, an den Simsen sind Absplitterungen zu erkennen, ganze Steine müssen ersetzt werden.
Auch an den Figuren hat der Zahn der Zeit genagt. An einigen Gemälden gibt es Fehlstellen, dem „Kätherle“ fehlt ein Stück vom Fuß und dem „Häcker“ ist schon lange sein „Korscht“ – fränkisch für Weinbergshacke – abhanden gekommen. „Die liegt bei uns im Bauamt“, sagt Dennis Bischof. Wenn die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sind, wird auch der „Korscht“ wieder an Ort und Stelle platziert .Läuft alles nach Plan, werden die Arbeiten insgesamt rund 600.000 Euro kosten.
Wenn schon, dann richtig
Im Januar diesen Jahres hatte der Stadtrat die Arbeiten bewilligt. Jetzt ist das Gebäude komplett eingerüstet – nicht nur der historische Teil, sondern auch die Nebengebäude in der Kaiserstraße 15 und 17 sowie in der Marktstraße 36. „Wenn, dann machen wir es richtig“, meint Johannes Schrauth. Der gesamte Komplex soll schließlich wieder in frischem Glanz erstrahlen. Die Arbeiter orientieren sich dabei an der historischen Fassade. Eine aufwändige Bemalung von Teilen der Fassade im so genannten Graffito-Stil ist abgelehnt worden. „Das war eine typische Kunstform am Anfang des 20. Jahrhunderts“, erinnert Schrauth.
Mit dem historischen Rathaus, das im Lauf der Jahrhunderte immer wieder restauriert und erneuert worden ist, habe das Graffito nichts zu tun gehabt.
Einfach und zweckmäßig lautet das Motto der Arbeiten, die Stadträte haben auch auf eine vorgeschlagene Beleuchtung in der Nacht verzichtet. Nicht nur aus Kosten-, sondern auch aus Umweltgründen. „Die Lichtverschmutzung wird immer mehr zu einem Thema“, erinnert Johannes Schrauth. Lichtquellen ziehen Insekten an und sind mitverantwortlich für deren Rückgang.
Fünf Firmen im Einsatz
Fünf Firmen sind beauftragt worden – vom Maler über den Verputzer bis hin zum Spengler und Dachdecker. Den Löwenanteil an den Arbeiten werden die Steinrestauratoren zu bewältigen haben. Für die fachliche Begleitung konnte der Königsberger Bildhauer und Steinrestaurator Petro Schiller gewonnen werden. Er hatte sich den Zustand der Fassade im Juli des letzten Jahres zwei Tage genau angeschaut und war zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Schäden generell in einem normalen Rahmen bewegen. Einige Natursteine befinden sich laut Schiller jedoch in einem katastrophalen Zustand. Es sei Zeit für eine umfangreiche Restauration.