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Ein Pilz setzt dem Ahorn zu


Autor: Daniela Röllinger

Biebelried, Freitag, 05. April 2019

Eine Folge des trockenen und heißen Sommers: Die Rußrindenkrankheit hat den Landkreis Kitzingen erreicht. Besonders betroffen ist der Wald bei Biebelried. Auch für Menschen sind die Pilzsporen gefährlich.
Schutzkleidung ist für das Fällen der von der Rußrindenkrankheit befallenen Ahorn-Bäume unerlässlich. Auch das Forschungsteam aus Freising war bei der Untersuchung der Bäume bei Biebelried entsprechend ausgerüstet, um sich vor den Pilzsporen zu schützen.


„Tot. Tot. Tot.“ Edgar Kleinschroth von der Waldkörperschaft Biebelried geht strammen Schrittes durch den Wald und deutet auf Kirsche, Esche, Eiche... Besonders häufig aber auf Ahornbäume. Denen setzt die Rußrindenkrankheit zu. Im Sommer letzten Jahres hat die aus den USA stammende Krankheit erstmals Franken erreicht. Der Wald rund um Biebelried ist besonders betroffen.

Der Stamm ist dunkel, dünne Wasserreißer bahnen sich den Weg aus dem Stamm, die Rinde platzt ab. Dr. Peter Aichmüller vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten fasst ein Stück der Rinde an, schon bröckelt sie ab. Darunter kommt dunkler Staub zutage. Der Förster wischt mit dem Finger darüber, die Spur bleibt auf dem Zeigefinger hängen – oder besser die Sporen des Pilzes „Cryptostroma corticale“. Das ist der Pilz, der für geschwächte Ahornbäume den Tod bedeuten kann. Und der auch für den Menschen nicht ungefährlich ist.

Vergangenen Sommer haben drei Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) alarmiert: An Ahornstämmen zeigte sich das charakteristische Schadensbild der Rußrindenkrankheit. Ein Forschungsteam kam im Herbst in das Gebiet der Waldkörperschaft Biebelried, um sich die befallenen Bäume genauer anzuschauen und an der Krankheit zu forschen, die es in unserer Region bislang nicht gab.

Um 1890 wurde sie erstmals in den USA und Kanada beschrieben, berichtet Peter Aichmüller. In Europa trat sie 1945 erstmals am Bergahorn auf, so die LWF, dann in anderen europäischen Ländern und 2005 schließlich auch in Deutschland. Es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die Krankheit auch in den wärmebegünstigten Gebieten in Bayern auftauchen würde.

Der warme und trockene Landkreis Kitzingen ist damit wie geschaffen für den Pilz, vor allem nach dem trockenen Sommer des letzten Jahres. Latent ist der Pilz häufig am Ahorn vorhanden und auch nicht immer schädlich. Der Baum hat im Normalfall genug Kraft, sich zu wehren. Die Rußrindenkrankheit tritt dann auf, wenn die Bäume gestresst und geschwächt sind, wie eben durch außergewöhnlich lange Sommer mit Trockenheit, Wassermangel und großer Hitze, so die LWF. Auch starke Immissionen aus dem Straßenverkehr spielen wohl eine Rolle.

Schüttelfrost, Atemnot und Fieber

Der Ursprung des Namens Rußrindenkrankheit liegt in den schwarzen Sporen, die sich unter der Rinde bilden und dort einen bis zu einen Zentimeter dicken Belag bilden können, der wie Ruß aussieht. „Pro Quadratzentimeter sind es bis zu 100.000 Sporen“, sagt Peter Aichmüller. Platzt die Rinde ab, werden sie vom Wind verbreitet oder vom Regen abgewaschen.

Keinesfalls als Brennholz nutzen

Kommt der Mensch mit den schwarzen Sporen in Verbindung, kann es gefährlich werden. Werden sie eingeatmet, können sie die so genannte Farmerlunge, das sind Entzündungen der Lungenbläschen, hervorrufen, informiert die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau. Sechs bis acht Stunden nach dem Einatmen kann es zu Reizhusten, Fieber, Schüttelfrost und Atemnot kommen. Die Symptome halten mehrere Stunden, selten über Tage oder Wochen an. Der Landkreis Nürnberger Land hat in dieser Woche vorsichtshalber Hausärzte und Krankenhäuser über die Rußrindenkrankheit unterrichtet und die Öffentlichkeit in einer Pressemitteilung informiert.

Wer befallene Bäume entdeckt, sollte das Kitzinger Forstamt über den Standort informieren, so Peter Aichmüller, damit sie lokalisiert und eventuell auch untersucht werden können. Selbst fällen sollte man die Bäume auf keinen Fall, um nicht mit den Sporen in Berührung zu kommen. „Das geht nur mit Schutzausrüstung.“ Deshalb sollte man das Fällen, wenn es denn beispielsweise wegen der Verkehrssicherungspflicht notwendig ist, auf jeden Fall Fachleuten überlassen. Verwerten kann man das Holz nicht und auch nicht als Brennholz nutzen. „Sonst verteilen sich die Sporen zuhause in der Wohnung.“

Das Forschungsprojekt der Freisinger Fachleute in Biebelried lief bis Ende Februar, doch Peter Aichmüller rechnet damit, dass es verlängert wird, um mehr Erkenntnisse über den Pilz und seine Folgen zu erlangen. Normalerweise sollte man meinen, dass der Ahorn auf dem guten Lößboden in Biebelried keine Probleme mit der Trockenheit hat. „Eigentlich ist das ein hervorragender Standort“, sagt Aichmüller. Dass gerade dort ein so großes Gebiet betroffen ist, sei „sehr ungewöhnlich“.

Wie kann man gegen die Krankheit vorgehen? Die Bäume zu bewässern kann helfen, was in städtischen Grünanlagen auch gemacht wird. Dann kann sich der Baum besser gegen den Pilz wehren. Im Wald allerdings geht das nicht. Große Rodungsaktionen, wie es im Februar eine in Hessen gab, sind ebenfalls nicht angedacht. Dort waren etwa 30.000 Bäume auf einer Fläche von 20 Hektar erkrankt. Sind die Bäume zu schwach, sterben sie deshalb ab, einer nach dem anderen. „Tot, tot, tot.“ Es ist nichts zu beschönigen an den Worten von Edgar Kleinschroth.

Auf einen Blick: Die Rußrindenkrankheit am Ahorn

Die Krankheit: Bei der Rußrindenkrankheit befällt ein Pilz die Ahornbäume. „Cryptostroma corticale" liebt die Wärme und kann den Bäumen vor allem in langen, heißen Sommern schaden, wenn sie zu wenig Wasser bekommen oder durch andere Stressfaktoren geschwächt sind. Er wächst unter der Rinde und bildet dort teilweise zentimeterdicke Sporenbeläge aus, die wie Ruß aussehen, daher der Name „Rußrindenkrankheit“. Früher oder später stirbt der Baum ab.

Verbreitung: Erstmals wurde der Pilz 2005 in Deutschland im Raum Karlsruhe nachgewiesen, es folgten lokale Funde in verschiedenen Bundesländern. Im Juli 2018 konnten dann auch Nachweise an mehreren Fundorten auf der Fränkischen Platte erbracht werden.

Auftreten in der Region: Im Landkreis Kitzingen sind laut Staatsministerium Biebelried, Volkach und Willanzheim betroffen, im Landkreis Schweinfurt Geldersheim, Waigolshausen, Werneck, im Landkreis Würzburg Giebelstadt, Prosselsheim, Rottendorf und Winterhausen, im Landkreis Main-Spessart Arnstein, außerdem Bamberg und Neustadt an der Aisch.

Die Folgen für den Baum: Zu Beginn welken die Blätter, es gibt deutliche Blattverluste, sogar starke Äste können absterben. In der Rinde entstehen Risse. Unter der abgefallenen Rinde sind dicke schwarze Sporenlager zu sehen. Die Sporen werden vom Regen abgewaschen und vom Wind verbreitet.

Die Folgen für den Menschen: Die Sporen können allergische Reaktionen auslösen. Bei Menschen, die Sporen einatmen, kann es nach sechs bis acht Stunden zu Reizhusten, Fieber, Schüttelfrost und Atemnot kommen. Die Symptome halten mehrere Stunden, selten über Tage oder Wochen an.