Elisabeth und Bill Bess haben die Kitzinger Kneipenszene mehr als vier Jahrzehnte lang geprägt. Jetzt wird ihr „Gasthaus zum Ochsen“ in eine Wohnung umgebaut.
Sie haben die wilden Zeiten in Kitzingen miterlebt. Mehr noch: Sie haben sie mitgeprägt. Elisabeth und Bill Bess gehören zu den bekanntesten Gesichtern der Stadt. Zumindest für all diejenigen, die sich gerne in Kneipen und Restaurants aufhielten.
Drei Wirtschaften haben der gebürtige Amerikaner und die Mainbernheimerin in Kitzingen geführt. Mit 80 Jahren stand Elisabeth Bess noch im „Ochsen“ und hat ihre Gäste bedient. „Es war ein harter Job“, sagt sie. „Aber auch eine sehr schöne Zeit.“
Die begann im ehemaligen Marktcafé. Bill Bess muss bei der Erinnerung lachen. „Wir wussten nicht, auf was wir uns da eingelassen hatten“, sagt er. Schnell wurde ihm und seiner Frau allerdings klar, wofür das Marktcafé in Kitzingen berühmt war. „Im Mülleimer fanden wir beim Aufräumen immer jede Menge Silberpapier“, erinnert sich Elisabeth Bess. „Und ein paar Haschbrocken waren meistens auch noch da“, ergänzt ihr Mann.
Fünf Jahre Marktcafé
Fünf Jahre lang führten sie die berüchtigte Kneipe im Herzen Kitzingens, 1979 übernahmen sie die „Waffenschmiede“, die vorher und heute als Fränkischer Hof firmiert. Eine Menge Arbeit war damit verbunden. „Zum Glück half die ganze Familie mit“, berichtet Elisabeth Bess. Ihre Eltern haben gekocht und gespült, der Bruder hat die Zimmer gemacht. „An Gästen hat es nicht gemangelt“, erinnert sie sich. Die folgten den Wirtsleuten von einem Etablissement zum anderen.
1984 übernahmen die beiden das Gasthaus „Zum Ochsen“ in der Oberen Kirchgasse. Insgesamt 30 Jahre führten sie es, mit einer Unterbrechung von fünf Jahren. „Das war die schönste Zeit im Leben“, meint Elisabeth Bess. Gerammelt voll sei die Kneipe immer wieder gewesen, die geräumige Theke war oft gut mit Stammgästen belegt. „Wir haben viele große Partys gefeiert“, bestätigt ihr Mann, der mit der US-Armee 1964 nach Deutschland kam – und wegen der Liebe bis heute geblieben ist. Bill Bess kann sich noch erinnern, wie es zu seiner Anfangszeit in den Kitzinger Kneipen zuging. Schwarze und weiße Soldaten waren in getrennten Räumen untergebracht, zum Schluss landeten fast alle in der berüchtigten Hillbilly-Bar. „Grundsätzlich ist Kitzingen auch heute noch ein guter Standort für Gastronomie“, urteilt er. Die letzten beiden Jahre seien allerdings für alle Kollegen schwierig gewesen. „Corona hat vieles kaputt gemacht“, bestätigt seine Frau.
Mit 80 Jahren noch gearbeitet
Kurz vor dem Ausbruch der Pandemie, im Jahr 2019, haben die beiden ihre Karriere beendet – im Alter von 80 beziehungsweise 72 Jahren. „Das Zumachen war nicht einfach“, erinnert sich Elisabeth Bess. Zuletzt waren immer mehr Stammgäste verstorben oder konnten aus Altersgründen nicht mehr kommen. Also lockten die Wirtsleute neue Gäste an, indem sie Dart-Computer installierten. Vereine trugen im „Ochsen“ ihre Wettbewerbe aus. „Man muss sich halt immer etwas einfallen lassen“, sagt Bill Bess.
Das gilt auch für Jens Fiebig, den Besitzer des Hauses, das auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Die Leiterin des Stadtarchivs, Doris Badel, hat einen Eintrag aus der Denkmalliste gefunden, in dem es heißt: Gasthaus, Traufseithaus mit verputztem Fachwerkobergeschoß, 18. Jh. „Ich schätze jedoch, dass das Haus – wie die benachbarten Häuser auch – aus dem 16. Jahrhundert stammt.“ Ein Ölgemälde von Georg Martin aus dem Jahr 1628 bestätigt diese Vermutung. Dort ist das Haus bereits zu sehen. „Sicher ist es noch viel, viel älter“, meint Badel. „Es gehört schließlich zum alten Stadtkern.“