Ein Kitzinger und zwei Kaiserinnen
Autor: Diana Fuchs
Kitzingen, Dienstag, 12. Oktober 2021
Das Leben von Kaiserin Elisabeth - „Sisi“ - wird aktuell gleich zweimal neu verfilmt. Harald Zierhut spielt in beiden Produktionen mit. Welche Sisi gefällt ihm besser?
Stille Wasser sind tief, heißt es. Harald Zierhut ist demnach ein sehr stilles Wasser. Im Sommer hat der Zollbeamte seinen Ruhestand angetreten. Doch statt die Beine über die Sessellehne baumeln zu lassen, schlüpft der engagierte Kitzinger Feuerwehrmann in eine Uniform nebst Stiefeln ohne Fußbett und stellt sich stunden-, ja tagelang damit aufs harte Pflaster am Bamberger Domberg oder an der Würzburger Residenz. Der 65-Jährige arbeitet als Komparse beim Film – derzeit bei gleich zwei neuen Filmen über Sis(s)i, die bayerische Prinzessin, die durch die Heirat mit Franz Joseph 1854 zur Kaiserin von Österreich-Ungarn wurde.
Harald Zierhut: In den alten Filmen mit Romy Schneider wurde der Kosename für Elisabeth mit Doppel-s geschrieben, Sissi. Die neue RTL-Produktion heißt einfach Sisi. Bei Netflix kommt der Name im Titel gar nicht vor, da lautet der Serientitel „The Empress“ , die Kaiserin.
Ihre Haare sind länger als sonst, oder?Was macht man nicht alles, um Sisi zu begegnen (lacht)! Nein, im Ernst, wir Komparsen dürfen unsere Haare eine Zeitlang nicht schneiden lassen. Wir werden am Set von zwei Dutzend Friseurinnen und Maskenbildnerinnen frisiert und bei Bedarf geschminkt. Je nach Szene werden auch mal Koteletten angeklebt oder Bärte.
Ich bin ein höherer Beamter beziehungsweise ein Gendarm. Als die gläserne Kutsche mit Sisi vorfährt und Franz Joseph seine Herzdame begrüßt, dränge ich zum Beispiel das aufgeregte Volk zurück. Generell macht man als Komparse aber vor allem eins: diszipliniert rumstehen, und zwar viele, viele Stunden lang.
(lacht) Was heißt da, als Beamter? Meine Frau schaut an Weihnachten alle alten Sissi-Folgen mit Romy Schneider, immer wieder. Meins ist das gar nicht, ich glaube, ich habe noch nie eine Folge zu Ende geguckt.
Und dann spielen Sie selbst mit? Wie kam das denn?Ich hatte mich vor vielen Jahren mal beworben, als Statisten für die TV-Serie „Der König“ mit Günter Strack gesucht wurden – da habe ich dann einen Gefangenen in der JVA Ebrach gespielt. Danach habe ich im Würzburg-Krimi „Freiwild“ mitgewirkt. Dann war ich wohl in einer Agentur-Datenbank gespeichert und habe bei verschiedenen Drehs mitmachen dürfen, etwa bei Oliver Kienles „Bis aufs Blut“ – da ist Simone Thomalla meine Eheberaterin. Und jetzt eben bei den Sisi-Serien.
Warum erfinden gleich zwei Konzerne Sisi neu, nachdem Romy Schneider und Karlheinz Böhm das Kaiserpaar in den 1950ern so legendär gespielt haben?Anscheinend ist es Zeit, mit der Glorifizierung des Lebens am Kaiserhof aufzuhören. In den neuen Produktionen geht es reeller zu, da spürt man die revolutionären Ansätze im Volk, es kracht auch mal gewaltig. Ich habe den Eindruck, dass der Charakter und die Lebenssituation von Sisi und ihrem Franz vielschichtiger abgebildet werden.