Ein buntes Arbeitsleben
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Mittwoch, 09. Februar 2022
Seit 26 Jahren leitet Manfred Markert die Geschicke der Lebenshilfe in Kitzingen. Die hat sich seit ihren Anfängen stark gewandelt – und ist jetzt mitten in der Gesellschaft angekommen.
           
Kitzingen Die Lebenshilfe Bayern feiert ihren 60. Geburtstag. Ihre Einrichtungen sind längst ein Teil des öffentlichen Lebens geworden. Mit der Frühförderstelle, der Heilpädagogischen Tagesstätte, den Lebenshilfe-Wohnstätten und der St. Martin-Schule ist die Lebenshilfe in Stadt und Landkreis Kitzingen präsent und angesehen. Das war nicht immer so, wie Manfred Markert zu berichten weiß. Er ist seit 1996 Geschäftsführer des Lebenshilfe Kitzingen e.V.
Markert: 1965, drei Jahre nach der bayernweiten Gründung, aber noch vor der Würzburger Vereinigung (grinst). Die Anfänge waren spartanisch. Es ging vor allem darum, Menschen mit Behinderungen eine Beschäftigung zu verschaffen. Im Archiv finden sich Unterlagen, die zeigen, dass beispielsweise Gürtelschnallen für eine hiesige Lederwarenfabrik angefertigt wurden.
Von einem Recht auf Schulbildung für Menschen mit geistiger Behinderung war damals noch nicht die Rede?Markert: Allerdings, das kam erst in den 1970er-Jahren auf. Unsere St. Martin-Schule wurde 1978 eingeweiht.
Markert: Das kann man so sagen. Sie wurde 2011 und 2012 grunderneuert. Wir haben hier tatsächlich sehr gute Bedingungen, um unsere rund 100 Schüler und 24 Kindergartenkinder zu betreuen. Sonderschullehrer, Erzieher, Therapeuten, Kinderpfleger und Schulbegleiter unterrichten und betreuen die Kinder und Jugendlichen in Schule und Tagesstätte.
Markert (lacht): Ganz anders. Ich saß damals in einem Büro ohne Fenster, es gab wenig Technik, der Verein war zudem finanziell nicht auf Rosen gebettet. Wir haben die Struktur nach und nach aufgebaut und verbessert. Die jetzige Frühförderstelle wurde ins Leben gerufen, bekam in der Inneren Sulzfelder Straße ein neues Domizil, die Schule und die Heilpädagogische Tagesstätte wurden immer weiter ausgebaut und modernisiert.
Eine Erfolgsgeschichte?Markert: Im Rückblick gesehen, ja. Glücklicherweise haben Bund und Land das Teilhabegesetz mit Leben gefüllt, die nötigen Institutionen auch finanziell unterstützt. Menschen mit Behinderung standen vor 50 Jahren noch am Rand der Gesellschaft, wurden misstrauisch beäugt oder gemieden. Jetzt sind sie mittendrin. Das Verständnis hat sich gewandelt.
Woran liegt das?Markert: Vor allem an den vielen kleinen Projekten, die landesweit gestartet wurden. Sie haben Möglichkeiten für Begegnungen geschaffen. Wir arbeiten beispielsweise mit dem AKG und der Siedlungsschule zusammen. Schüler nehmen gemeinsam an Chorprojekten oder Sportfesten teil. Faschingsgesellschaften laden uns zu ihren Sitzungen ein, das Benefiz-Weinfest in Castell ist vielleicht das bekannteste Inklusions-Fest im Landkreis. Durch die vielfältigen Begegnungen konnten Vorurteile abgebaut werden, das Verständnis ist gewachsen. Und natürlich hat uns Barbara Stamm als Vorsitzende enorm geholfen. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Rechte von Menschen mit Behinderung geht, sie fühlt sich als Teil der Lebenshilfe-Familie.