Dietz am Marktplatz: Dornröschenschlaf ist beendet
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Donnerstag, 11. April 2019
Nach 13 Jahren Stillstand ist wieder Bewegung im Dietz-Haus am Kitzinger Marktplatz. Flohmarkt vom 12. bis 14. April. Langfristige Lösung ist in Sicht.
Es tut sich was. Nach vielen Jahren des Stillstandes. Das Dietz-Haus am Kitzinger Marktplatz öffnet an diesem Wochenende wieder seine Türen. Erst einmal kurzfristig. Aber ein langfristiges Konzept ist in Planung.
Das Wort „Schandfleck“ hört Volker Schmidt nicht gerne. Weil es den Besitzern des Hauses und ihrer Geschichte nicht gerecht wird. Viele Kitzinger und Auswärtige haben das Anwesen, direkt am Marktplatz in 1a-Lage, in den letzten Jahren allerdings als Schandfleck wahrgenommen. Ein Brand hatte dem Gemäuer zugesetzt, der Laden war seit 2006 verwaist. Zuletzt hatte der Stadtmarketingverein mit mehreren Aktionen versucht, das Ansehen des Gebäudes und des Marktplatzes aufzuhübschen. Jetzt keimt Hoffnung auf eine langfristig sehenswerte Lösung auf.
Volker Schmidt ist seit dem Jahr 2017 als Verwalter eingesetzt. Er kennt die Besitzerfamilie Dietz gut, war mit der ältesten Tochter Jahre lang befreundet. Schon nach dem Brand im November 2013 war er als Berater hinzugezogen worden. „Aber leider nicht dauerhaft“, sagt er. Die Umstände waren nicht einfach. Die Familie musste einiges wegstecken. Vertrauen war verspielt worden.
Ein Ausleger in der Marktstraße weist noch heute auf den Ursprung des Hauses hin. Die Zinngießerfamilie Dietz begründete Anfang des 19. Jahrhunderts eine Tradition im Herzen der Stadt. Zuletzt hatten Heinrich und Mathilde Dietz Jahrzehnte lang ein Geschäft in dem Haus geführt, das seine Bezeichnung Gemischtwarenladen mehr als verdient hatte. „Hier hat man wirklich alles gefunden“, erinnert sich Walter Vierrether. Sowohl Einheimische als auch die stationierten US-Soldaten deckten sich liebend gern bei Dietz ein. Mit dem Abzug der Soldaten im Jahr 2006 schlossen Heinrich und Mathilde Dietz ihr Geschäft. „Das Haus ist dann in eine Art Dornröschenschlaf verfallen“, erinnert sich Volker Schmidt.
Die Eheleute wollten sich zur Ruhe setzen, ihre beiden Töchter hatten kein Interesse an einer Übernahme. Mehrfach seien „helfende Hände“ aufgetaucht. Menschen, die angeblich mit Rat und Tat zur Seite stehen wollten, die beiden Ruheständler laut Volker Schmidt aber „nach Strich und Faden ausgenommen haben.“ Kurz nach der Geschäftsschließung habe einer dieser selbst ernannten Helfer die Ladenbesitzerin um 25.000 Euro erleichtert. „Das Misstrauen gegenüber irgendwelchen Hilfsangeboten ist ab diesem Zeitpunkt natürlich stetig gewachsen“, sagt Schmidt.
Die beiden hätten ihren Mut verloren, durchaus vorhandene Mietangebote eher als Bedrohung denn als Chance wahrgenommen. „Sie wollten irgendwann einfach nur in Ruhe gelassen werden“, sagt Schmidt. Mathilde habe schwere Depressionen erlitten, ihr Mann starb 2014. Vorher musste er allerdings den Brand im Erdgeschoss des Hauses miterleben. „Der wurde offiziell als Unfall bewertet“, erinnert sich Schmidt. Vor dem Fenster im Erdgeschoss war ein Sofa abgestellt, das Feuer fing. Die Flammen griffen auf das Haus über. „Die Familie hatte damit überhaupt nichts zu tun“, beteuert Schmidt. Aber sie hatte den Schaden.
Die Feuerwehr holte Mathilde aus der Wohnung im Obergeschoss und brachte sie in die Klinik. Von dort ging es direkt ins Altenheim. „Dieser Vorfall hat noch mal Spuren hinterlassen“, sagt der Verwalter, der seit zwei Jahren versucht, die Dinge aufzuarbeiten und einen Weg in die Zukunft zu finden. Die durchaus vorhandenen Versicherungen für einen Schadenfall, wie den Brand von 2013, wurden nicht abgerufen. Die Ansprüche sind mittlerweile verjährt. Konten müssen überprüft, eine künftige Nutzung des Gebäudes in die Wege geleitet werden. Volker Schmidt ist von Mathilde Dietz diesbezüglich umfassend bevollmächtigt worden. „Wir planen die Zukunft des Hauses gemeinsam“, erzählt er. Oberstes Ziel ist eine langfristige Vermietung.