Steht der Nachfolger schon fest?
Ahrens: Noch nicht. Es gibt zwei Bewerbungen. So viel kann ich aber schon verraten: Egal, wer es wird: Die Kitzinger dürfen sich freuen.
Haben Sie sich auf Kitzingen gefreut, als Sie im Sommer 1981 kamen?
Ahrens: Natürlich. Und es waren tatsächlich sehr spannende Jahre. Ich wurde gleich zum Verbindungspfarrer ernannt, habe bis 2006 engen Kontakt mit den US-Amerikanern gehalten und meinen Beitrag für ein gutes Verständnis zwischen den Kitzingern und den US-Soldaten geliefert.
Welche Anliegen waren Ihnen noch wichtig?
Ahrens: Die Ökumene. Ich freue mich, dass wir die Kirchengemeinden tatsächlich in all den Jahren näher zusammengebracht haben. Die hohen Teilnehmerzahlen am Vater-Kind-Zelten mit rund 200 Eltern und Kindern pro Jahr oder beim jährlichen Motorradgottesdienst freuen mich natürlich auch. Beide Veranstaltungen habe ich mit ins Leben gerufen.
Sie haben auch den Faschingsgottesdienst in Kitzingen eingeführt. Wie haben die Menschen darauf reagiert?
Ahrens: Da muss ich ein wenig ausholen (schmunzelt).
Gerne.
Ahrens: In Kitzingen gibt es zwei Richtungen von Protestanten. Die Kulturprotestanten und die typisch unterfränkischen Protestanten mit anarchischen Zügen. Letztere hatten kein Problem damit, dass am Altar auch mal Motorräder stehen oder leicht bekleidete Gardemädchen tanzen. Erstere schon.
Wie hat sich das ausgewirkt?
Ahrens: Durch Proteste. Mündlich und schriftlich beim Dekan. Es hieß, ich habe den Altar entweiht. Die Kulturprotestanten sind nun mal sehr von sich überzeugt und konservativ geprägt. Sie feiern das Reformationsfest sehr groß und lieben pompöse klassische Konzerte.
Wie sind Sie mit der Kritik umgegangen?
Ahrens: Man darf in solchen Sachen nicht nachtragend sein.
Fühlen Sie sich dem anarchischen Gedanken näher?
Ahrens: Beide Strömungen haben ihre Berechtigung, aber ich bin überzeugt davon, dass die Landeskirche anarchische Züge braucht. Da bin ich ganz bei Luther und seinem Appell „wider den Stachel zu löcken.“
Warum ist dieses Aufbegehren auch im Jahr 2019 noch notwendig?
Ahrens: Weil es innerhalb der evangelischen Kirche Überlegungen gibt, die in die falsche Richtung zielen. Die Einführung größerer Dekanate beispielsweise, wie es sie bei den Katholiken schon gibt. Aber das kann nicht die Antwort sein. Wir müssen unsere Pfarrer aufs Land bringen, in die Gemeinden. In den Büros helfen uns die Seelsorger nicht weiter. Dafür müssten wir allerdings für unseren wunderschönen Beruf werben, junge Menschen begeistern.
Die Landeskirche hat ein Nachwuchsproblem?
Ahrens: Das ist richtig. Bis ins Jahr 2035 werden wir nach den neuesten Schätzungen 500 bis 600 weniger Pfarrer haben als aktuell. Das ist ein Rückgang von rund 20 Prozent.
Rund 200.000 Austritte pro Jahr, leere Gotteshäuser. Ist die evangelische Kirche in einer Krise?
Ahrens: Ich würde eher sagen, in einer Umbruchphase. Die Kirchlichkeit ist deutlich anders geworden, orientiert sich nicht mehr an den Sonntagsgottesdiensten. Das Interesse an Seelsorge spüre ich aber genauso wie früher. Die Menschen wollen bei Taufen oder Beerdigungen begleitet sein, aber es geht ihnen nicht mehr so sehr um regelmäßige Gottesdienstbesuche an Sonntagen.
Sie hatten vor dreieinhalb Jahren einen schweren Herzinfarkt, lagen fast vier Wochen im Koma. Die Gesundheit dürfte für Sie das höchste Gut sein in Ihrem neuen Lebensabschnitt.
Ahrens: Auf jeden Fall. Ich bin dankbar, dass ich wieder einen relativ normalen Tagesablauf habe. Ich muss regelmäßig Tabletten nehmen, gehe jeden Tag auf den Cross-Trainer und passe beim Essen und Trinken auf. Mein Professor an der Klinik wundert sich, wie gut es mir schon wieder geht.