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Der Organist kehrt zu den Wurzeln zurück


Autor: Daniela Röllinger

Albertshofen, Freitag, 20. April 2018

Mit 15 war er Organist, mit 16 hat er den Chor geleitet. Jetzt gibt Kirchenmusikdirektor Alexander Serr ein Konzert in Albertshofen.
Kirchenmusikdirektor Alexander Serr gibt anlässlich des 700-jährigen Jubiläums der ersten urkundlichen Erwähnung Albertshofens ein Orgelkonzert in seiner Heimatgemeinde.


Albertshofen Die Klänge der eindrucksvollen Orgel der St. Nikolauskirche in Albertshofen haben Alexander Serr schon als Kind fasziniert. Damit war die Saat für eine eindrucksvolle kirchenmusikalische Karriere gelegt. Am Sonntag, 22. April, um 18 Uhr gibt der Kirchenmusikdirektor aus Gunzenhausen ein Konzert in seiner Heimatgemeinde. Anlass ist das 700-jährige Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung Albertshofens.

Frage: Sie kehren am Sonntag für ein Orgelkonzert in Ihre Heimatgemeinde Albertshofen zurück. Was verbindet Sie mit dem Ort?

Alexander Serr: Sehr viel. Ich bin in Albertshofen aufgewachsen und habe die ersten 20 Jahre meines Lebens dort verbracht. Auf die musikalischen Ereignisse dort bin ich schon als kleines Kind aufmerksam geworden, vor allem der Musik in der Kirche habe ich sehr aufmerksam zugehört. Die Orgel hat mich schon im Vorschulalter fasziniert. Es ist wirklich ein ungewöhnlich großes und eindrucksvolles Instrument. Mich hat nicht nur die äußere Erscheinung beeindruckt, ich habe auch bald herausgefunden, dass sie ganz unterschiedliche Klänge erzeugt. Da hat sich der Wunsch entwickelt, selbst spielen zu können.

Haben Sie Unterricht genommen?

Serr: Nein, ich war von dem Wunsch so beseelt, dass ich einfach ohne Unterricht angefangen habe zu üben. Mit 15 Jahren war ich dann schon Organist, mit 16 habe ich die Leitung des Kirchenchores übernommen.

Ist das nicht sehr früh?

Serr: Für mich war das damals nicht ungewöhnlich. Erst später, in Gunzenhausen, habe ich gemerkt, dass es tatsächlich ungewöhnlich war. Es war wohl einfach die Kombination von Begabung und Willen vorhanden. Und in Albertshofen war für jemanden wie mich Bedarf da. Ich konnte dort einfach loslegen. Diese glücklichen Umstände haben dann auch meine Berufswahl beeinflusst.

Sie sind Kirchenmusiker geworden.

Serr: Ja. Ich habe Kirchenmusik studiert und danach 37 Jahre hauptamtlich als Stadt- und Dekanatskantor in Gunzenhausen gearbeitet. Meine Erfahrungen aus Albertshofen sind dort in meine Arbeit eingeflossen. Albertshofen hat mich geprägt, auch wenn ich lange Zeit nur ab und zu dort Verwandte besucht habe.

Und jetzt geben Sie dort wieder ein Konzert?

Serr: Nicht wieder, sondern zum allerersten Mal. Ich habe in Albertshofen noch nie ein Konzert gegeben, auch nicht in meiner Zeit als Organist.

Warum nicht?

Serr: Als 16-, 17-Jähriger wäre es mir vermessen vorgekommen, ein Konzert zu geben. Später war ich in Gunzenhausen stark eingebunden. Jetzt gebe ich das Konzert, weil Pfarrer Gölkel mich dazu eingeladen hat und weil ich im Ruhestand jetzt mehr Zeit habe.

Sie spielen in Albertshofen an einem außergewöhnlichen Instrument.

Serr: Die Voit-Orgel in der St. Nikolaus-Kirche ist ein überregional bedeutendes Kulturobjekt. Sie wurde um 1770 vom Schweinfurter Orgelbauer Rudolph Voit erstellt, der für die evangelischen Kirchen zuständig war. Wie der Hoforgelbauer Seufert aus Würzburg, der für die katholischen Kirchen tätig war, hat er Instrumente auf sehr hohem musikalischen und handwerklichen Niveau gebaut. Die Albertshöfer Orgel ist ein Musterbeispiel für eine mainfränkische Barockorgel und steht unter Denkmalschutz. Inzwischen ist sie fast 250 Jahre alt und hat trotz eines zwischenzeitlichen Umbaus noch viele originale klangliche Eigenheiten.

Wer hat die Orgel damals gezahlt?

Serr: Gestiftet wurde sie von einem Herrn Steurer aus Indonesien. Welche Verbindungen er nach Albertshofen hatte, ist nicht ganz klar, vielleicht stammte er aus dem Ort oder hatte Familie dort. Er ist jedenfalls nach Jakarta ausgewandert und hat da wahrscheinlich als Handelsmann Geld gemacht. Man weiß aber, dass die Spende erst einging, als das Instrument schon fertig war.

Wie haben Sie das Konzertprogramm zusammengestellt?

Serr: Ich überlege mir immer, für welche Leute zu welchem Anlass ich spiele. In Albertshofen habe ich den Anlass, das 700-jähriges Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung, mit berücksichtigt. Ich habe mir die Dorfchronik vorgenommen, bin durch die Jahrhunderte gegangen und habe einige bezeichnende Punkte herausgegriffen. Dazu spiele ich dann Stücke aus dieser Zeit, wenn möglich aus der Region. Auch am Sonntag sind einige Stücke fränkischer Komponisten zu hören, von Pachelbel zum Beispiel, oder Rathgeber. Ich überlege dabei auch, welche Zuhörer ich wohl habe: Wollen die ein sehr anspruchsvolles Orgelkonzert oder eher nicht zu abgehobene Stücke. Ich habe mich für viele relativ kurze, abwechslungsreiche Stücke entschieden.

Laut Programm gehört dazu auch ein Stück aus einem Notenbuch, das jahrzehntelang nicht genutzt wurde.

Serr: Dieses Orgelbuch lag viele Jahre an der Albertshöfer Orgel. Als ich es aufgeschlagen habe, habe ich festgestellt, dass es nagelneu war. Ein Buchbinder hatte es mit einem stabilen Einband gebunden, das war es dann aber auch. Die Stücke wurden nie gespielt.

Aus welcher Zeit stammt das Buch?

Serr: Diese Noten wurden 1929 vom damaligen Organisten angeschafft, er hat sie aber nie gespielt. Pfarrer Lutz hat sie mir dann fast 50 Jahre später zum Abschied aus Albertshofen geschenkt.

Warum wurden die Lieder nicht gespielt?

Serr: Die Stücke sind ziemlich schwer. Um sie zu bewältigen, hätte ein Dorforganist fast so spielen müssen wie ein studierter Profi. Da hatte sich einfach jemand zu viel vorgenommen. Aber es sind sehr gut komponierte Sachen im spätromantischen Stil, sie machen sich hervorragend, wie die Zuhörer am Sonntag feststellen werden.

Orgelkonzert in Albertshofen

Das Konzert: Kirchenmusikdirektor Alexander Serr gibt am Sonntag, 22. April, um 18 Uhr ein Orgelkonzert in der Kirche St. Nikolaus in Albertshofen. Anlass ist das 700-jährige Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung Albertshofens.

Der Musiker: Alexander Serr war von 1966 bis 1971 Organist und Leiter des Kirchenchores in Albertshofen. Von 1975 bis 2012 wirkte er als Stadt- und Dekanatskantor in Gunzenhausen.

Das Programm: Zu hören sind unter anderem Werke von Tilmann Susato, Johann Pachelbel, Valentin Rathgeber, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Karl Wolfrum und Johannes Michel. Nach dem Konzert gibt die Kirchengemeinde einen kleinen Imbiss, es gibt die Möglichkeit für gesellige Gespräche mit Kirchenmusikdirektor Alexander Serr.

Eintritt frei: Der Eintritt ist frei. Freiwillige Gaben sind für die Erhaltung der denkmalgeschützten Voit-Orgel in Albertshofen bestimmt.