Der Charme des Handgemachten
Autor: Tessy Korber
Marktbreit, Montag, 31. Juli 2017
Die Wiederaufführung der Trash-Perle "Und ewig fließt der Mee" lockte über 600 Fans
Es begab sich im Jahre 1993, dass in der Marktbreiter Kunstkneipe Tomtolli der Besitzer Erich Schuller mit seinen Freunden saß und beim Bier vor sich hin dachte. Bis er die Erleuchtung hatte: „Wir drehen einen Film. Wir hier, einfach so. Über uns Franken.“ Und so geschah es.
„Es war Winter, es war langweilig und wir wollten etwas dagegen tun“, fasst Jürgen Schroll die damalige Lage zusammen. Schroll spielte im Film einen der Piraten. „Eine tragende Nebenrolle“, wie er meint. Was aber nichts mit dem Tragen der angeblich 25 verbrauchten Bierkästen während des Drehs zu tun hatte. Bier spielte allerdings, wenn man den Beteiligten glauben darf, bei der ganzen Angelegenheit eine prominente Rolle.
Das Filmedrehen lag ihnen ebenfalls nahe. Wolf Demel, Mit-Ideengeber, -Drehbuchautor und -Produzent ist mit seiner Firma Checknology inzwischen professionell als Produzent von audiovisuellen Medien unterwegs. Er habe „immer schon gefilmt, das war unser Ding, Konzerte, gespielte Witze, jeden Scheiß, der uns einfiel.“ Film also. Der dritte im Bund war Stefan Schroll, und zusammen haben die drei 70 Leute auf die Beine gestellt, die mitwirkten und halfen: Freunde, Verwandte, Kneipenbesucher. „Ich war beim Holzhacken, als Erich mich fragte, ob ich eine Filmrolle spielen wollte, und ich ließ die Axt fallen und folgte ihm.“ So schildert Oskar Münzer, im Film der Markgraf, das „aufreibende Casting“.
Jeder Lacher ist willkommen
Der damalige Bürgermeister Walter Härtlein erlaubte den Jungfilmern, an sonst verschlossenen Orten wie den Räumen des Schwarzen Turmes oder im Rathaus zu drehen, das Kino Casablanca in Ochsenfurt half bei der Technik, die Laienspielgruppe der Rathausbühne steuerte einige Kostüme bei. Den Rest holte man aus dem Fundus von Oma und Opa und Erich Schullers Antiquitätensammlung, packte alles in einen Bus und fuhr an den Marktstefter Hafen. Und schon konnten die Dreharbeiten beginnen.
„Und ewig fließt der Mee“ ist theoretisch ein Historienfilm, praktisch eine Sketch-Revue, die deutlich von Monty-Python beeinflusst ist und sich um Fragen der Kunst oder Historizität nicht schert. Jeder Lacher ist willkommen, man wollte Spaß an der Sache haben – und hatte ihn ganz offensichtlich.
Der Charme des Handgemachten war Trumpf. Dass die Leibeigenen Turnschuhe tragen, der Markgraf Bananen isst, die Mainpiraten sich nach der Karibik sehnen, die Zwangsrekrutierung als Butterfahrt angepriesen wird und für den vermeintlich in Schnaps konservierten Opa eine Mumifizierungssteuer anfällt – das ist mal Not, mal Satire – und der Unterschied schert keinen. Die Handlung? Wichtig ist sie nicht: Der Markgraf von Ansbach verkauft, wie seinerzeit viele Landesherren, Untertanen an England als Soldaten für dessen Kolonialkrieg in Amerika. Das Gold, das er dafür bekommen soll, wird von Piraten gestohlen. Die Tochter des Markgraf verliebt sich in den Piratenkapitän, befreit ihn, als ihr Vater ihn fängt und fährt mit ihm mainabwärts in den Sonnenuntergang.
Der Film wurde im Tomtolli uraufgeführt, lief an einem Wochenende im Casablanca, bei einem Open Air in Erlach und 2010 nochmals im Casablanca als vom Publikum gewählter Film des Monats.