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Den Glauben erleben


Autor: Julia Volkamer

Kitzingen, Freitag, 17. Juni 2022

Das Prediger-Ehepaar Christoph und Brigitte Bahr nimmt Abschied von der Landeskirchlichen Gemeinschaft in Kitzingen.
Bei seiner Beauftragung trat Prediger Christoph Bahr (Dritter von links) unter anderem auch mit dem Dekanat Kitzingen in eine vertrauensvolle Beziehung und feierte zusammen mit den damaligen Kirchenvorständen Fritz Zeltner, Vera Fehrer-Plitt und Margot Engel sowie Verbandsinspektor Konrad Flämig und Dekan Hanspeter Kern.


So richtig erklärbar ist es nicht, aber es gibt Menschen, die umgibt eine ganz besondere Aura. Christoph Bahr ist einer von ihnen. Und seine Frau Brigitte gehört untrennbar dazu. „Sie müssen ihn selbst erleben“, sagt Fritz Zeltner, einer der Wegbegleiter des Prediger-Ehepaares der Landeskirchlichen Gemeinschaft in Kitzingen – und lädt dafür zu einer der letzten Gelegenheiten ein. Am Sonntag, 19. Juni, wird Christoph Bahr mit einem Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet. Nach fast zehn Jahren des Wirkens.

„Menschen erleben an jedem Tag Wunder, sie nehmen sie nur nicht wahr. Aber wenn man will, kann man sie sehen.“
Christoph Bahr, Prediger

Und das taten die Bahrs, nicht nur in ihrer eigenen Gemeinde. Vor allem mit der katholischen Kirche gab es eine enge Vernetzung. Christoph Bahr war es immer wichtig, miteinander zu arbeiten und nicht gegeneinander. Das passte nicht zu seinem Naturell, das sich in erster Linie für die Menschen interessierte und dafür, ihnen die Lehre von Jesus Christus näher zu bringen – auf seine Weise.

So, wie er selbst auch seine ganz eigene Berufungsgeschichte erlebt habe, durch gesundheitliche Probleme gezwungen wurde, seinen Traum als Elektrotechniker aufzugeben. Seine zweite Leidenschaft galt das Arbeiten an und mit Menschen. Dadurch fiel seine Wahl auf Sozialpädagogik, bis er nach intensivem Befragen der Menschen in seiner Umgebung und dem Forschen im eigenen Inneren eine „klare Weisung von Gott“ erhielt. Es folgten vier Jahre Studium in der Schweiz, ehe es Christoph Bahr und seine Frau – er lernte sie während des Studiums kennen – wieder nach Deutschland verschlug. Genauer nach Naila in Oberfranken. Zu seiner Frau. Das war vor über 40 Jahren. Von dort aus führte der Weg über Fürth und Regensburg nach Kitzingen, wo er seit knapp zehn Jahren als Pastor, Seelsorger, Jugendsozialarbeiter und vieles mehr tätig ist.

Denn Christoph Bahr hat vielfältige Talente. Fritz Zeltner beschreibt ihn als spontanen Menschen, der es schafft, andere zu begeistern, mitzureißen, zu ermutigen, mitzuarbeiten. Wie sonst außer mit ehrenamtlich Engagierten wäre die Gemeindearbeit in einer rund 120 Mitglieder zählenden Gemeinschaft möglich? Bahr ist als einziger hauptamtlich angestellt – der Vergleich mit einer großen Familie passt also ins Bild. „Es ist erstaunlich, welche Kraft jedes Mitglied in die Gemeinschaft einbringt“, sagt Christoph Bahr – ob musikalisch, schauspielerisch, kulinarisch. Und vor allem seelsorgerisch. Gerade während der Pandemie sei das deutlich geworden, als ein Herzinfarkt sein Leben bedrohte und innerhalb von kürzester Zeit die Krebsdiagnose seiner Frau die Familie erschütterte. „Die Gemeinschaft hat es geschafft, dass die Arbeit weiter ging“, erinnert sich Bahr an diese schicksalhafte Zeit – die er ohne Gott und die Gemeinschaft nicht überstanden hätte. Da ist sich der Prediger ganz sicher.

Er ist allerdings auch kein Mensch, der hadert. Der fordert. Sondern einer, der zufrieden ist mit dem, was er hat. Und der vertraut. „Prediger sein ist schön, wenn auch finanziell nicht unbedingt lukrativ“, sagt Bahr. „Für uns hat das aber nie eine Rolle gespielt. Wir hatten, was wir brauchten, und irgendwie hat sich immer etwas ergeben. Menschen erleben an jedem Tag Wunder, sie nehmen sie nur nicht wahr. Aber wenn man will, dann kann man sie sehen.“

Und so war es nicht verwunderlich, dass Christoph und Brigitte Bahr in ihrer Kitzinger Zeit so einiges auf den Weg brachten, um diesen Glauben unter die Menschen zu bringen: Anfang des Jahres organisierten sie zusammen mit anderen Freikirchen eine Allianzgebetswoche, es gab Treffen mit den Verantwortlichen der katholischen und evangelischen Kirche in Kitzingen, die im Brückenfest mündeten. Höhepunkt der ökumenischen Zusammenarbeit wird das Fest der Kirchen am 10. Juli an der Kitzinger Mainlände sein. Zum Ende des Monats verabschieden sich die Bahrs endgültig aus Kitzingen. Ihren Ruhestand verbringen die beiden in Puschendorf bei Fürth.

Zum Abschied wünscht sich Christoph Bahr, das die Arbeit in seiner Gemeinschaft weitergeht. Zunächst mit Hilfe der Ehrenamtlichen, denn für seine Stelle gibt es noch keinen neuen Bewerber. „Es gibt Veränderungen, die nicht planbar und schon gar nicht wünschenswert sind. Wir müssen hier einen langen Atem haben und die Situationen meistern.“

Allen Kitzingern ruft er zu, dass sie sich zum einen bewusst werden, in welch schöner Umgebung sie leben („Kitzingen ist ein bisschen wie Regensburg, die schönste Stadt Bayerns“). Und zum anderen, dass es in Kitzingen ein geistliches Angebot gibt, etwas, das das ganze Leben anspricht. „Bei den Herausforderungen, die auf uns zukommen, ist es wichtig, das wir nicht alleine sind und bleiben“, findet Christoph Bahr – und lädt dazu ein, sich beim Fest der Kirchen ein eigenes Bild von der Vielfalt des Glaubens zu machen. Und von der Aura seines Predigers.

Abschied von den Bahrs

Zur Person: Christoph und Brigitte Bahr sind Eltern zweier Töchter und eines Sohnes und bald fünffache Großeltern. Nach Stationen in Naila, Fürth und Regensburg verschlug es den Prediger und die Erzieherin und Diakonin nach Kitzingen. Für ihren Ruhestand werden sie nach Puschendorf bei Fürth ziehen.

Gemeinschaft: Die Landeskirchliche Gemeinschaft in Bayern besteht seit 1924, als sich drei Verbände zusammenschlossen. Die Gemeinschaft an sich, die Christoph Bahr als evangelikal-pietistisch („Es geht um das Leben nach dem Tod, aber auch, wie man mit dem Leben umgeht“) beschreibt, bildete sich schon viel früher aus Bibel- und Gebetsgruppen sowie einer Evangelisationsbewegung innerhalb der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern heraus. Sie wird getragen von ehrenamtlich Mitarbeitenden, geleitet durch landeskirchliche Pfarrer und durch vom Gemeinschaftsverband angestellte Prediger. Die Gemeinschaft finanziert sich ausschließlich durch Spenden.

Abschied: Am Sonntag, 19. Juni, findet um 14.30 Uhr ein Gottesdienst mit anschließendem Empfang im Garten der Landeskirchlichen Gemeinschaft Kitzingen, Richthofenstr. 41, statt. (ljr)