Das große Herzensprojekt
Autor: Diana Fuchs
Dettelbach, Dienstag, 07. Juni 2022
Hunderte Krebs- und Palliativ-Patienten bekommen Mutmacher und Wärmespender von den fleißigen Näherinnen des Dettelbacher Frauenbundes, der im Juli sein 100-jähriges Bestehen feiert.
Es gibt Treffen, die man nicht so schnell vergisst. Arbeit, die richtig Spaß macht. Das ist der Fall, wenn man als Redakteur den Dettelbacher Frauenbund besuchen will – und mitten in einer Wolke aus unzähligen weichen Stoffherzen landet.
Gelächter, Stimmengewirr und Kaffeeduft dringen aus dem Pfarrheim in der Dettelbacher Altstadt. Sobald man die Tür öffnet, blicken einem anderthalb Dutzend Gesichter entgegen, allesamt gut gelaunt oder gar lachend. Um einen langen Tisch herum sitzen die Frauen, jede hat Nähutensilien in der Hand. Zwischen ihnen auf dem Tisch türmt sich ein kunterbunter Berg aus lauter kuscheligen Stoffherzen. Manche gepunktet, manche geblümt, andere einfarbig oder mit geometrischen Mustern – jedes Kissen ist ein Unikat.
Für wen fertigt der Dettelbacher KDFB, der Katholische Deutsche Frauenbund, denn so viel Herziges an? Elisabeth Rost, die Vorsitzende, erklärt: „Wir nähen die Herzkissen für Menschen, die mit einer folgenschweren medizinischen Diagnose konfrontiert sind.“ Unter anderem Brustkrebspatientinnen und Patienten auf der Palliativstation der Uniklinik und des Juliusspitals in Würzburg erhalten die Handarbeit der Dettelbacher Frauen.
Die farbenfrohen Kissen sollen Freude und Hoffnung schenken. Dass das klappt, weiß Marianne Schilling aus Erfahrung. „Ich war selbst schon mal von Brustkrebs betroffen“, sagt die 70-Jährige, die leidenschaftlich gerne näht. „Da ist man sehr dankbar über jede liebevolle Geste und Unterstützung.“
Auf die Rechnung verzichtet
Im Januar las Marianne Schilling in der KDFB-Mitgliederzeitschrift „engagiert!“. Plötzlich fiel ihr ein Schnittmuster ins Auge für ein Herz aus reinem Baumwollstoff, das man als Nackenstütze oder zur Druckentlastung nach Operationen verwenden kann. Die Dettelbacherin war sogleich begeistert und probierte die Nähanleitung aus. Daraus entstand der Prototyp für eine wahre Serienproduktion: 450 Herzkissen haben die Dettelbacher Frauen mittlerweile fertiggestellt und für Patienten gespendet.
„Den Großteil hat Marianne Schilling genäht“, würdigt Frauenbund-Vorsitzende Elisabeth Rost ihre passionierteste Näherin. Doch auch die anderen Mitglieder packen mit Leidenschaft an. „Die Stoffe müssen waschbar und natürlich auch vorgewaschen sein“, erzählt Rost. Für jedes Herz braucht es Vorder- und Rückseite, die exakt zugeschnitten und dann miteinander vernäht werden. „Dann wird Füllwatte hineingegeben und das verbliebene Loch zugenäht.“ Ganz am Schluss wird noch ein Schildchen mit einem kleinen Gruß und dem Wunsch „Gute Besserung“ angeheftet. All diese Arbeitsschritte teilen sich die KDFB-Damen.
„Die Frauen sind einfach unschlagbar!“, lobt Elisabeth Rost ihr Team und umschließt mit einer ausholenden Geste den ganzen langen Tisch. Die Frauen nicken lachend, einige rufen: „Aber unser Mann auch!“