Müll in der Stadt - Ist nur die Jugend Schuld?
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Freitag, 17. Juli 2020
Die Müllablagerungen in Kitzingen erhitzen die Gemüter. Ist es nur die junge Generation, die sich falsch verhält? Und wie lässt sich das Problem beheben?
Es gibt ein paar Stellen, da stapelt sich der Müll regelrecht. Am Bleichwasen, am Mainkai, an den Containerstandorten. Die Stadtreiniger müssen dort vor allem an den Wochenenden ganze Arbeit leisten. Ein „Generationenproblem“ vermutet OB Stefan Güntner und suchte das Gespräch mit den Feiernden am Bleichwasen. Ob das reicht, um dem Problem Herr zu werden?
„Ich finde den Ansatz des Oberbürgermeisters, dort persönlich aufzulaufen, gut“, meint Stadtjugendpfleger Jochen Kulczynski. Die Betroffenen sollten das Gefühl haben, dass sie grundsätzlich willkommen sind. „Aber sie müssen sich natürlich auch an Regeln halten.“ In der Jugendarbeit sei es ein Ziel, eine Art „persönliche“ Bindung zwischen Kindern und Jugendlichen und dem öffentlichen Raum herzustellen. „Wenn sie das Gefühl haben, dass es ihr Platz ist, steigt zumindest bei den meisten die Motivation auch darauf aufzupassen“, erklärt der Leiter von JungStil.
Emilia Plomitzer ist 17 Jahre jung und Schülersprecherin im Armin-Knab-Gymnasium. Am Stadtbalkon sitzt sie auch hin und wieder mit ihren Freunden. Die Tüten und Flaschen, die dort liegen gelassen werden, fallen auch ihr negativ auf. „Einige wenige beachten halt nicht die Regeln“, bedauert sie. Dr. Benjamin Lange kann sich vorstellen, um wen es sich dabei vor allem handelt. Der Privatdozent an der Uni Würzburg nähert sich dem Thema aus wissenschaftlicher Perspektive. Im Kern würden Klischees oftmals zutreffen. Man könne tatsächlich davon ausgehen, dass es sich um ein Generationenthema handelt, dass es vor allem die Jüngeren sind, die ihren Müll nicht wegräumen. „Aber das haben die Älteren als Jüngere eventuell auch schon gemacht“, sagt er und schmunzelt.
Der Medienpsychologe geht jede Wette ein, dass es sich vor allem um ein Phänomen junger Männer handelt. Die sind in einem bestimmten Alter nun mal Regelbrecher, stehen vermeintlich über den Dingen, fühlen sich stark und unbesiegbar. In der Phase des Rebellierens bräuchten junge Männer viel Stimulierung und Nervenkitzel. Dieses „robuste Verhaltensmuster“ ziehe sich durch viele Generationen und sei in ganz unterschiedlichen Kulturen zu beobachten.
Also einfach machen lassen und auf bessere Zeiten warten? „Natürlich nicht“, sagt Lange. Als Gesellschaft habe man sich auf bestimmte Regeln verständigt. „Und die müssen auch durchgesetzt werden.“ Die Höhe der Strafe sei dabei allerdings nicht allein entscheidend, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden. Will heißen: oft kontrollieren, häufig vor Ort sein.
In den Sozialen Medien werden die möglichen Konsequenzen aus dem Müllproblem kontrovers diskutiert. Auf Facebook bedauern viele Nutzer, dass es zu wenig Mülleimer gebe, andere meinen, dass es an der Erziehung mangele. Auch in der Keltenstraße und am Fahrradweg zwischen Kitzingen und Albertshofen seien wilde Müllablagerungen zu beobachten. Ein Vorschlag lautet, den Bleichwasen künftig mit Kameras zu überwachen.
In den Schulen setzt man auf frühe Aufklärung. Emilia Plomitzer berichtet von der AG Nachhaltigkeit, die rund 20 Mitglieder hat. Gemeinsam werden neue Mülleimer gebaut, aufgestellt und an jedem Freitag in der Woche geleert. Wegen Corona musste in diesem Jahr allerdings einige Projekte verschoben beziehungsweise abgesagt werden. Beim Schulfest sollte eigentlich auf einem Second-Hand-Markt Geld gesammelt werden, bei der „Tour de Müll“ sammeln Schülergruppen normalerweise Abfall im Stadtgebiet ein. „Wir waren auch schon am Bleichwasen und haben viele Flaschen und Zigaretten aufgesammelt“, berichtet sie. Eine frühe Hinführung zum Thema würde Kinder und Jugendliche durchaus dazu animieren, ihren Müll ordentlich zu entsorgen, meint sie.