"Das Bild der blutigen Schürze ist falsch": Warum dieser Fleischer den Begriff "Metzger" nicht mag
Autor: Diana Fuchs
Prichsenstadt, Donnerstag, 04. Juni 2020
Johann Bausewein aus Prichsenstadt blickt auf viele Jahrzehnte im Fleischerhandwerk. Er sagt: Es ginge auch ohne Massentierhaltung. Und: „Das Bild der blutigen Schürze ist falsch.“
Er hat sich seinen Beruf nicht selbst aussuchen können. Aber er hat ihn über 50 Jahre lang „mit einem guten Gefühl“ ausgeübt. Jetzt, mit 75 Jahren, ist Johann Bausewein noch immer im Betrieb anzutreffen, denn ab und zu hilft er einfach gerne mit.
Er hat erlebt, wie sich das Metzgerhandwerk in den vergangenen Jahrzehnten enorm gewandelt hat – parallel zu den gesellschaftlichen Werten. Was früher besser war und was heute besser ist, darüber denkt er ebenso nach wie über den Begriff „Metzger“ an sich: „Der ist irreführend.“ Johann Bausewein, den alle Hans nennen, sagt: „Metzger – das hört sich nach Messer und blutiger Schürze an.“
Natürlich: Messer sind wichtige Utensilien. „Aber wir sind doch deshalb keine blutrünstigen Menschen! Eigentlich müsste man uns besser Fleischer nennen. Wir sorgen für gutes, gesundes Fleisch.“ Bauseweins beruflicher Weg war nicht unbedingt vorgezeichnet. Denn Schlachten war eigentlich nicht seine Sache. „Schreiben Sie das nicht!“, sagt er heute über eine Begebenheit in seiner Jugend, die aber doch zu seiner Lebensgeschichte gehört: Als Kind sollte der junge Hans seinem Vater, einem Oberscheinfelder Hausmetzger, dabei helfen, ein Zicklein zu schlachten. Aber der Bub weigerte sich. Erst später – sein älterer Bruder war schon als Baby im Krieg gestorben – änderte sich seine Haltung: „Wenn ein Tier ein gutes Leben hatte, dann ist es für mich in Ordnung, daraus etwas Gutes für den Menschen zu machen.“ Also lernte Hans Bausewein Ende der 50er Jahre in Scheinfeld das Metzgerhandwerk. „Wir haben die Tiere bei den Leuten abgeholt. Wir haben alle gekannt. Vor dem Schlachten standen die Schweine ein, zwei Tage bei uns. Sie waren dann ganz ruhig und friedlich, als sie geschlachtet wurden.“
Wurst und Wein
Um die Meisterprüfung zu machen, zog es Bausewein 1968 nach Frankfurt. Dort blieb er aber nicht länger als nötig, denn daheim in Franken wartete jemand auf ihn: seine Christa. „Sie stammt aus der Prichsenstädter Metzgerei, die damals Sauer hieß, und hatte selber auch Metzgerin gelernt – das war schon noch was Besonderes für eine Frau“, erzählt Bausewein heute. 1969 heirateten die beiden, die seitdem zusammenhalten wie Pech und Schwefel. „Christa ist die Seele des Betriebs. Und ihre drei Schwestern Barbara, Richarda und Hella unterstützen uns bis heute super.“
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Gemeinsam baute das junge Paar nicht nur den Betrieb aus, sondern legte 1970 auch seinen ersten Weinberg an. „Jahr für Jahr hat es mit dem Wein besser geklappt“, erinnert sich Hans Bausewein an seine Anfänge als Weinbauer. „Wurst und Wein – das passt einfach zusammen.“ Kein Wunder, dass er zu den Pionieren gehörte, die 1977 das Prichsenstädter Straßenweinfest ins Leben riefen. „Denn Geselligkeit gehört auch zu Wurst und Wein!“
Bis in die 70er und sogar 80er Jahre hinein waren Hausschlachtungen in Franken noch etwas ganz Normales. Dann aber gaben immer mehr Menschen ihren landwirtschaftlichen Nebenerwerb auf. Gleichzeitig wuchs der Anspruch an die Metzgereien. Hans und Christa Bausewein trugen dieser Tatsache Rechnung und bauten 1978 neue Räume. Die Schlachttiere seien immer samstags von den privaten Höfen abgeholt und bis Montag in Prichsenstadt einquartiert worden. „Sie waren am Schlachttag ganz entspannt“, sagt Bausewein. Die Tiere seien liebevoll behandelt worden und hätten keine Angst gehabt. „Wenn ein Tier gut gehalten wurde, merkt man das später auch seinem Fleisch an. Nur dann hat es eine gute Qualität.“ Im Laufe der Zeit gab es immer weniger private Schweinehalter, von denen die Bauseweins ihre Tiere holen konnten.
Fleisch respektvoll behandeln
Deshalb kauften sie vom Staatsgut Schwarzenau frisch geschlachtete Schweinehälften zu. 2009, kurz nachdem Sohn Volker und seine Frau Manuela den Betrieb übernommen hatten, endete die Ära des Schweineschlachtens ganz. „Weil die bürokratischen Hürden immer größer wurden.“ Man musste gesonderte Schlachträume für jede Tierart nachweisen und auch die neuen EU-Hygienebedingungen hätten Platz erfordert, der am Standort mitten in Prichsenstadt einfach nicht vorhanden war.