Damit der Ortolan überlebt
Autor: Hanna Bausewein
Kitzingen, Freitag, 09. August 2019
Der schön gefärbte Singvogel, der vielerorts schon ausgestorben ist, braucht auch im Raum Kitzingen dringend Hilfe - etwa durch die BBV-Kampagne "Bayern blüht".
Ein grün-graues Köpfchen, gelbe Augenringe und ein zimtbrauner Bauch sind das Markenzeichen des Männchens. Der Ortolan ist ein heimischer Singvogel und hat die Größe eines Spatzes. Aktuelle Kartierungen zeigen, dass der standorttreue Wahl-Franke vom Aussterben bedroht ist. Das wollen unter anderem Landwirte verhindern.
Durch die blühende Flur fährt ein Schlepper. Ein Meer aus bunten Blumen ziert seine grüne Grundfläche. Er wirkt fast so malerisch wie die Blumenwiese, an der er vorbeifährt. Bedruckt ist der Bulldog mit den Worten „Bayern blüht auf“. Was steckt hinter diesem Slogan des Bayerischen Bauernverbandes? „Es hieß immer, die bayerischen Landwirte würden nichts für den Artenschutz tun. Mit dieser Kampagne beweisen wir, dass schon seit Jahren freiwillige Projekte im Gange sind“, erklärt Alois Kraus, Kreis-Obmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Kitzingen.
Der Obernbreiter Landwirt Horst Schmidt hat 8000 Quadratmeter Blühflächen angesät und dem ortsansässigen Kindergarten eine Patenschaft für eine Blühfläche geschenkt. Die Kinder durften diese selbst mit anlegen und ihre Entwicklung ständig überwachen. „Die Sprösslinge können die Natur entdecken. Nebenbei sind sie ein Sprachrohr, durch das die Eltern vom Naturschutz in ihrer Nähe erfahren“, sagt Horst Schmidt.
Dennoch: Schmidt befindet sich in einem Zwiespalt. Einerseits will er ökologische Landwirtschaft betreiben. Andererseits weiß er, dass die Nutzung eines Hackstriegels oder Hackgeräts anstatt von Pflanzenschutzmitteln auch Nachteile hat. Der Hackstriegel fährt durch das Getreidefeld und „striegelt“ nicht nur das Unkraut aus dem Feld. Er kann auch die Nistplätze von Bodenbrütern und den Lebensraum anderer Arten zerstören.
„Vielleicht ist es möglich, die Felder so zu bewirtschaften, dass das Striegeln unmittelbar vor und dann erst wieder nach der Brutzeit erfolgt“, schlägt Dipl.-Biologin Dagmar Kobbeloer vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. (LBV) vor. Schmidt würde das gerne so machen, aber er muss sich eben auch nach der Natur richten – sprich: nach den Wachsphasen auf seinem Acker.
„Was für den Einen gut ist, ist für den Anderen schlecht. Wichtig ist, dass man ein Gleichgewicht schafft“, stellt Sabine Keil aus Hüttenheim fest. Sie hat auch Blühflächen angesät, für die ganz normale Bürger eine Patenschaft übernehmen können. Damit gibt Keil – wie fast 300 andere bayerische Landwirte – Mitbürgern, die selbst vielleicht keinen Garten und keine Felder besitzen, die Möglichkeit, sich für die Artenvielfalt zu engagieren. Das Geld, das sie durch die Blühpatenschaft einnimmt, gleicht den Ertragsausfall aus.
Eines der letzten Ortolan-Gebiete
Franken, vor allem entlang der Mainschleife, ist eines der letzten Habitate, wo der Ortolan noch zu finden ist. „Der Ortolan ist ein Boden-Brüter, der Ackerland mit Bäumen als Sing-Warte benötigt. In Franken gab es vor allem früher Streuobst-Gebiete mit klein parzellierter Bewirtschaftung. Das war der ideale Lebensraum für die Ammern-Art“, weiß Biologin Dagmar Kobbeloer. Weil der Ortolan ein Langstreckenzieher ist und zum Überwintern bis nach Afrika fliegt, brütet er nur einmal im Jahr – im Gegensatz zu der mit ihm verwandten Goldammer. „Das macht es für den Ortolan schwierig, Brutverluste oder Jahre mit schlechtem Bruterfolg auszugleichen.“ Seine Nester legt er vorwiegend in Getreide-, Luzerne- oder Erbsenfeldern an, weil dafür eine Halmhöhe von zehn bis 20 Zentimetern ideal ist. „Der Ortolan bevorzugt eine lückige Vegetation und benötigt Erd- und Graswege für die Nahrungssuche.“