Burnout der Bäume
Autor: Diana Fuchs
Kitzingen, Dienstag, 13. August 2019
Die Buche war eine Hoffnungsträgerin in Sachen Waldumbau. Nun verdurstet auch sie. Was bedeutet das? Förster Behr redet Tacheles.
Klaus Behr hat gehofft und gebangt. Jetzt ist er traurig: „Dass unsere Wälder so rasch und massiv unter dem Klimawandel leiden würden, wer hätte das gedacht?!“ Der Förster steht am Rand des Steigerwalds auf einer kleinen Anhöhe und lässt seinen Blick über die Wälder wandern. Diese sind in diesem Jahr nicht einheitlich grün wie sonst um diese Zeit, sondern mit grau-braunen Flecken gesprenkelt. „Wir hier in Franken, speziell im warm-trockenen Weinland rund um Kitzingen, sind ganz vorne mit dabei: Uns erwischt der Klimawandel als Erste!“ Die Wälder, eine Lebensgrundlage unserer Kinder und Enkel, seien „ernsthaft bedroht“. Behr: „Der Klimawandel ist nach den beiden Dürresommern 2015 und 2018 erstmals hautnah erlebbar.“
Behr, 64 Jahre, gebürtiger Bamberger, stammt aus einer Försterfamilie und ist schon sein ganzes Berufsleben lang mit den Wäldern des Steigerwalds verbunden: bis 2005 als Forstamtsleiter in Eltmann und seitdem als Leiter des Bereichs Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen. „Ich spüre, wie weit sich die meisten Menschen von der Natur entfernt haben und deshalb die bedrohlichen Zeichen vor ihren Augen nicht erkennen“, sagt er und deutet auf die Flecken an den Waldhängen. „Das sind die Kronen abgestorbener Buchen.“
Buchen?! Dass der Kampf um die Fichte und gegen die Borkenkäfer in den fränkischen Trockengebieten langfristig kaum zu gewinnen sein würde, darauf hatten sich die Förster innerlich eingestellt. Die Buche dagegen galt zumindest in den fränkischen Mittelgebirgen als widerstandsfähige Leitbaumart der natürlichen Waldgesellschaft. In Sachen Waldumbau hatten die Fachleute unter anderem auf sie gesetzt. „Niemand von uns hätte gedacht, dass es der Rotbuche so rasch an den Kragen geht! Das ist schockierend!“ Der Klimawandel mit seinen Witterungsextremen habe damit „eine neue Dimension erreicht“.
Betroffen sind nahezu alle Baumarten. Auf über 100 000 Kubikmeter schätzen die Förster im Landkreis Kitzingen den Schadholzanfall durch den Sturm Fabienne sowie Dürre- und Insektenschäden. Das entspricht in etwa drei Prozent des Holzvorrates – „das klingt wenig, ist aber wahnsinnig viel“!
Da die Bäume durch Trockenheit und Hitze stark geschwächt sind, haben Schädlinge ein leichtes Spiel – vom Borkenkäfer über den Kiefernprachtkäfer und Schmetterlingsraupen an der Eiche bis hin zur Rußrindenkrankheit beim Bergahorn und zum Eschentriebsterben. „Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht.“
Und der Regen der letzten Wochen? Lässt er nicht auf Erholung hoffen? „Besser als Nichts.“ Trotzdem winkt Klaus Behr ab: Die Wasserspeicher in den Waldböden seien noch lange nicht wieder aufgefüllt. Besonders auf den Sand- und Tonböden, auf südseitigen Hängen, an flachgründigen Hangkanten und Kuppen gehe das Sterben unaufhaltsam weiter.
Eine wirtschaftlich direkt zu spürende Folge: Der Holzmarkt bei Fichte und Kiefer, den europaweit besonders betroffenen Baumarten, ist total zusammengebrochen. Viele Waldbesitzer schlagen die toten Nadelbäume gar nicht gleich ein, weil sich der Aufwand nicht mehr lohnt: Für einen Festmeter Kiefernholz, das nach dem Absterben des Baumes vom Bläuepilz besiedelt wird, gibt es gerade noch 33 Euro, weit weniger als die Hälfte des normalen Preises. „Das deckt gerade einmal die Arbeitskosten bei Sammelhieben.“