Zweite Tötung in nur einem Jahr: Stadt beseitigt Biber, obwohl dieser unter Naturschutz steht
Autor: Diana Fuchs
Iphofen, Freitag, 07. Februar 2020
Erneut wird ein Biber am Stadtsee erlegt. Noch am Abend vorher hatten Bürger eine Mahnwache für das geschützte Tier an der Falle abgehalten. Vergebens.
Es ging alles ganz schnell. Am Mittwochabend, als die Sonne hinterm Iphöfer Stadtsee sank, steckte eine Gruppe von Menschen am Seeufer noch Plakate in den Boden, auf denen stand: „Rettet den Biber“ und „Nachbarschaft ist möglich“. Wenige Stunden später saß das Tier in der Falle. Gestern in den Morgenstunden wurde es abtransportiert und getötet. Möglich wurde das mithilfe einer Ausnahmegenehmigung.
"Ich dachte, dass kann doch nicht wahr sein"
Steffi Hipfel spazierte am Mittwochmorgen mit ihrem Hund rund um den Iphöfer Stadtsee. Das tut die 51-Jährige oft. „Ich mag die Strecke um den See sehr.“ An diesem Morgen ist jedoch etwas anders als sonst: Hipfel beobachtet, wie Mitarbeiter des städtischen Forstbetriebs eine große, lindgrün gestrichene Falle am Seeufer aufstellen – für den Biber, der seit einiger Zeit am See lebt.
Das machte Steffi Hipfel unglücklich und auch ein bisschen wütend. „Ich dachte, das kann doch nicht wahr sein.“ Für sie war die Wiederkehr des lange als ausgerottet geltenden und unter Naturschutz stehenden Nagers ein gutes Zeichen dafür, dass Mensch und Tier sich Lebensraum teilen können. Doch die 51-Jährige war auch gewarnt: Dem Vorgänger des Stadtsee-Bibers war es 2019 bereits an den Kragen gegangen. Er war im April gefangen und erschossen worden.
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Bleiberecht für den Biber
Als Hipfel nun die Falle sah, fragte sie sich, wie auch schon zu Zeiten des Vorgänger-Bibers: „Können wir uns nicht mit der Natur arrangieren?“ Sie erzählte Freunden und Bekannten von ihrer morgendlichen Beobachtung – und schnell wurde klar, dass es Widerspruch gegen das erneute Töten des Bibers geben sollte. Friedlichen Widerstand. „Wir haben uns gedacht, dass wir abends direkt neben der Falle eine Mahnwache veranstalten.“
Tierschützerin Sabrina Bremer meldete das Vorhaben ordnungsgemäß bei den Behörden an. Wegen der Dringlichkeit – es war ja nur noch wenige Stunden Zeit – übernahm die Polizei die Aufsicht über die Versammlung. Zwei Kollegen der Polizeiinspektion waren vor Ort, als um 17 Uhr ein gutes Dutzend Menschen jeden Alters zusammenkam. Einige hatten Kerzen dabei, andere selbst gebastelte Schilder mit Botschaften wie „Bleiberecht für den Biber“.
„Was heißt schon Gefahr?“
Friedlich wurde knapp zwei Stunden lang geredet und diskutiert. „Ich finde die Gründe für die Ausnahmegenehmigung undurchsichtig. Was heißt schon Gefahr? Es läuft doch gar niemand direkt am Ufer, so dass er in einen Bibertunnel treten und stürzen könnte“, meinte zum Beispiel Rita aus Markt Einersheim. „Auch Bäume fällt der Biber nicht am helllichten Tag, wenn Leute unterwegs sind.“
Andrea Drexelius betonte, dass der Biber auch viel für den Artenschutz tue: Wo er aktiv ist, siedelten sich auch viele Insekten und Kleintiere an. Sabrina Bremer von der Tierschutzpartei fand: „Wir nehmen allen möglichen Tieren ohnehin schon so viel Lebensraum weg. Wir müssen Kompromisse machen.“