Aus vollem Herzen Einzelhändler
Autor: Daniela Röllinger
Kitzingen, Montag, 02. August 2021
Drei Beispiele aus der Kitzinger Innenstadt zeigen, wie Geschäftsnachfolge gelingen kann. Die Mitarbeiter spielen dabei immer eine entscheidende Rolle.
Wie kann Nachfolge im Einzelhandel gelingen? Darauf lässt sich mit Vorschriften und Fakten, mit Ratschlägen und Tipps antworten. Oder mit Beispielen. Wir stellen drei aus der Kitzinger Innenstadt vor.
Moritz Schilling ist 28 Jahre alt und seit Anfang des Jahres Geschäftsführer von Schilling Main Fashion in Kitzingen. Mitten in der Pandemie hat er den Schritt gewagt, sich selbstständig zu machen. Statt mit ausführlicher Beratung im Geschäft ging es also mit Click & Collect los. Rahmenbedingungen, die einen Start nicht einfach machen.
Trotzdem hat Moritz Schilling seine Entscheidung noch keinen einzigen Tag bereut. „Den Grundgedanken, mich selbstständig zu machen, hatte ich schon länger“, sagt der Obernbreiter. Er hat eine Ausbildung im Textilhandel absolviert, danach noch seinen Betriebswirt gemacht, hat bei verschiedenen Firmen der Branche gearbeitet und war zwischendurch im Personalbereich tätig, wobei auch diese Arbeit mit Mode verbunden war.
„Das Team ist das Wichtigste“
Als er Mitte vergangenes Jahr erfuhr, dass „Theresa Store“ Ende 2020 schließen wird, nutzte er die Gelegenheit. Zumal ihm das Geschäft in der Ritterstraße nicht fremd war: Seine Mutter arbeitete schon seit 14 Jahren bei „Theresa“, davon sieben in Kitzingen. Sie kennt die Kunden, weiß, was geht in Kitzingen und was nicht. Die Idee, das Geschäft zu übernehmen, kam aber nicht von ihr, sondern von ihrem Sohn und ihrem Mann. Und ausschlaggebend dafür, dass diese Idee tatsächlich umgesetzt wurde, war das Team. „Alle Mitarbeiter haben gesagt: Wir sind dabei“, freut sich Moritz Schilling. „Das ist ein großes Glück, denn das Team ist das Wichtigste!“
Mitarbeiter und Standort blieben also gleich und es wird auch weiterhin Mode verkauft. „Aber es war keine Übergabe, sondern ein Neustart“, erklärt Mutter Claudia Schilling. Auch die Ware wurde nicht übernommen, sondern von der Vorgängerfirma an die Kunden abverkauft. Der Wechsel sei gut organisiert gewesen, schon am 1. Januar konnten Umbauarbeiten gestartet werden. Zu der Zeit war das Geschäft wegen Corona geschlossen, erst am 15. Januar durfte mit Click & Collect gestartet werden.
Vom Mitarbeiter zum Chef
Gerade in der Corona-Pandemie sei es ein Vorteil gewesen, dass Team und Branche im Geschäft gleich blieben, dass die Kundschaft bekannt war und auch heute noch immer wieder gerne im Geschäft einkauft. „Mit etwas völlig Neuem zu starten, wäre wahrscheinlich schwieriger gewesen. Da muss man sich erst einen Namen machen“, so Schilling. Wobei dieser Satz nicht ganz wörtlich gemeint ist, denn der Name hat sich ja geändert – das war sowohl dem neuen Geschäftsführer als auch dem vorherigen Geschäftsinhaber wichtig.
Anders ist es bei „Otto – Mode für Ihn“. Das alteingesessene Geschäft in der Kaiserstraße hat seinen Namen, seit Schneidermeister Carl Otto 1897 das 1873 gegründete Bekleidungsgeschäft Dürr übernahm. Es wurde über die Töchter und Schwiegersöhne weitergegeben, der Name der Besitzer änderte sich, der Name des Geschäftes blieb. Auch für den heutigen Inhaber und Geschäftsführer Detlev Bachmann und seinen Sohn Domenic käme es nie in Frage, das zu ändern. In Kitzingen geht man „zum Otto“, wenn man Herrenmode kaufen will.