Wenn Kräuterführer kochen, gibt es Klettenwurzelpesto und Nelkenwurz-Mousse.
Die Weißdornsuppe mit Mädesüßschäumchen dampft in den Tellern, das Klettenwurzelpesto auf Mehlbeerbrot steht bereit: Schon die Namen der Speisen verraten, dass hier Außergewöhnliches serviert wird. Die Zutaten kommen frisch aus der Natur, gesammelt und zubereitet von Kräuterführern aus der Region. Sie feiern damit den Abschluss ihres Weiterbildungskurses.
Kornelia Marzini ist Diplom-Biologin und die Fachfrau für Kräuter in der Region. Sie kennt die Pflanzen, die hier wachsen und weiß um ihre Bedeutung für den menschlichen Organismus. Es ist ein Wissen, dass sie gerne weitergibt und so bildet sie schon seit vielen Jahren Kräuterführer aus, bietet Kochkurse an und informiert über die medizinische Wirkung heimischer Kräuter und Gewächse. Im Aufbaukurs, der im März gestartet war und am Samstag zu Ende ging, kam keines der drei Standbeine zu kurz.
21 Frauen und Männer aus ganz Unterfranken hatten sich in den letzten Monaten regelmäßig mit Kornelia Marzini getroffen und häufig war auch Bianca Scherer vom Verband landwirtschaftliche Fachbildung, der das Seminar veranstaltete, mit von der Partie. Sie hat schnell gemerkt, warum der Kurs für Kräuterführer so etwas wie ein Selbstläufer ist – sehr beliebt und häufig schnell ausgebucht. „Es macht unheimlich viel Spaß, hier mitzumachen“, sagt Bianca Scherer und packt begeistert in der Küche mit an, als es ans Verarbeiten der am Vormittag gesammelten Zutaten geht. Gemeinsam mit anderen Teilnehmern ist sie für die Veilchencreme mit Himbeeren zuständig, gemahlene Alantwurzel ist hier die außergewöhnliche Zutat. Wie viele andere Produkte, mit denen an diesem Tag gekocht wird, hat die Alantwurzel eine heilmedizinische Bedeutung, wird vor allem bei Atemwegsbeschwerden eingesetzt.
Was in der Natur so alles wächst und wozu es gut ist, das haben die Teilnehmer in den verschiedenen Kurseinheiten gelernt. Seminare und Exkursionen führten sie hinaus in Flur und Wälder, um die Natur zu erkunden und die Zutaten zu sammeln, die in drei Kochschulungseinheiten verarbeitet wurden. Das Wissen um die Pflanzen – das Wachstum, ihre Eigenschaften und Wirkungen und die Verarbeitungsmöglichkeiten – ist wesentlicher Bestandteil des Kurses. Und so muss auch kräftig gepaukt werden. „Man kann sich natürlich nicht alles auf einmal merken“, weiß Kornelia Marzini. Zu groß ist die Vielfalt, zu breit gefächert das Thema. Deshalb rät sie, sich erst einmal zu merken, was einen interessiert. Wer unter leicht erhöhtem Blutdruck leidet, für den ist der Weißdorn interessant. Wer häufig erkältet ist, wird sich eher die Eigenschaften von Nelkenwurz merken. Bei Rheuma und Gicht kommt Giersch, auch Dreiblatt genannt und von vielen als lästiges Unkraut verteufelt, eine besondere Bedeutung zu.
Dieses Hintergrundwissen wurde vor allem an den Seminartagen vermittelt. Die Teilnehmer trafen sich abends, um die Pflanzen, ihr Aussehen und ihre Bedeutung für die Küche und den medizinischen Bereich kennen zu lernen. Kornelia Marzini hatte Anschauungsmaterialien dabei, erklärte die Wirkung der Tinkturen, informierte über Inhaltsstoffe und streute zwischendurch immer wieder Bestimmungsübungen ein, um die neuen Erkenntnisse zu vertiefen. Das an diesen Abenden erlernte Wissen wurde dann bei den Exkursionen angewandt. Wer erkennt die Pflanzen, wer weiß, wofür sie genutzt werden? Und natürlich wurde dabei auch eifrig gesammelt und geerntet, schließlich war ein wesentlicher Teil des Weiterbildungskurses die Verarbeitung der Wildkräuter und Wildsamen, der Früchte und Wurzeln in der Küche.
Für den Abschlusstag hatte sich Kornelia Marzini ein umfassendes Menü ausgedacht. Weißdornsuppe mit Mädesüßschaum gab es zunächst, danach ein Pesto a la Dioskorides, bei dem Klettenwurzeln verarbeitet wurden, und gebackene Austernpilze auf Weißdornbrot. Für die Wildrosenpizza hatten die Teilnehmer Hagebuttenmus verarbeitet, bei der Hauptspeise kamen Mischpilze und Holundersauce zum Einsatz. Der Genuss von Nelkenwurz-Mousse bot die Gelegenheit, sich noch einmal die gesundheitliche Wirkung der Nelkenwurzel in Erinnerung zu rufen: Die Tinktur hilft unter anderem gegen Erkältung, bei verdorbenem Magen, bei Zahnschmerzen und Zahnfleischentzündungen, bei schlecht heilenden Wunden.
Besonders gut gefallen hat den Teilnehmern, dass Theorie und Praxis sich abwechseln. „Das hat einen Riesenspaß gemacht. Ich nehme ganz viel mit“, freut sich ein Teilnehmer. So mancher zückt sogar beim Abschlussmenü noch Stift und Zettel, um Tipps von Kornelia Marzini zu notieren. Der Lernwille ist riesig, die Stimmung gut, es wird geplaudert und gelacht. Was die Aussage der Pflanzen-Kennerin Marzini bestätigt, wenn sie über den immer wieder schönen Kurs mit lauter netten Leuten spricht: „Bissgurken gibt es unter den Kräuterführerinnen nicht.“