Aus dem Stall ins Osternest
Autor: Daniela Röllinger
Neuses am Berg, Dienstag, 30. März 2021
Der Eine produziert die Eier in Neuses am Berg, der Andere vermarktet sie in der ganzen Region: Die Familien Paul und Endres arbeiten seit zehn Jahren Hand in Hand.
Gelb, pink, grün, blau... Gerade noch strahlend weiß, tanzen nach wenigen Sekunden leuchtend bunte Eier über das Förderband. Bis zu 15.000 Eiern kann die Färberei von Endres-Ei in Großrinderfeld pro Stunde einen bunten Anstrich verpassen. Auch Tausende von Eiern aus Neuses am Berg werden hier gefärbt.
Anfangs wurden sie ausgelacht. Das könne nichts werden, hat so mancher gesagt, als Gudrun und Günter Paul beschlossen, ihren Betrieb umzustrukturieren. Zunächst hatten sie einen Milchviehstall, dann einen Schweinekaltstall. Der war nicht groß genug, um wirklich existieren zu können. Aber in einen Schweinebetrieb investieren, während die Fleischpreise immer mehr sinken? Ein Telefonat mit einem Bekannten kurz vor Weihnachten 2009 brachte die zündende Idee: „Der Endres sucht einen Bauern, der Lust hat, einen Legehennenstall zu bauen.“ Am nächsten Tag nahm Günter Paul Kontakt mit Christian Endres auf, wenig später gab es das erste Treffen mit dem Chef von Endres-Ei in Großrinderfeld. Man war sich schnell einig. 2010 bauten die Pauls ihren ersten Stall in Neuses am Berg, 2011 nahmen sie den Betrieb auf. „Wir hatten das Tier gefunden, das zu uns passt.“ Heute leben um die 25.000 Legehennen in drei Ställen – zweimal Freilandhaltung, einmal Bodenhaltung. Die Ställe sind größer als sie für die Zahl der Tiere sein müssten. „Wir haben mehr Fläche für die Tiere, als wir für Bodenhaltung bräuchten“, sagt Günter Paul.
25.000 Hühner – das hört sich viel an. „Im Vergleich zu den Betrieben in Norddeutschland sind wir ein Nebenerwerbsbetrieb“, macht Günter Paul deutlich. Trotzdem fallen viele Eier an, die es zu vermarkten gilt. „Die Vermarktung macht die meiste Arbeit und kostet viel Zeit“, erklärt Claus Schmiedel vom Amt für Landwirtschaft, der bei einem Besuch gemeinsam mit Behördenchef Gerd Düll und Klaus Niedermeyer vom Verband für landwirtschaftliche Fachbildung die Vertragseiproduktion am Beispiel des Teams Paul/Endres vorstellt. „Der Landwirt soll sich darum kümmern, dass es den Tieren gut geht. Das kann er“, ist die Devise von Christian Endres. „Die Vermarktung können viele nicht. Das übernehmen wir.“ Insgesamt zehn Partnerbetriebe hat das Großrinderfelder Unternehmen inzwischen, die Pauls sind einer davon. Sie haben den Vorteil, dass sie sowohl Freiland- als auch Bodenhaltungseier produzieren können.
Bodenhaltung und Freiland
Für den Laien ist die Unterscheidung klar: Die Henne im Stall legt das Bodenhaltungsei, diejenige, die raus darf, das Freilandei. Doch so einfach ist es nur auf dem Papier. Zum einen, weil die Tiere momentan wegen der Vogelgrippe nicht ins Freie dürfen. Damit dürfte es theoretisch derzeit keine Freilandeier geben. „Trotz der Aufstallungspflicht dürfen die Eier noch 16 Wochen lang als Freilandeier vermarktet werden, auch wenn sie im Stall gelegt werden“, erklärt Claus Schmiedel. Am 11. März wurde die Stallpflicht im Landkreis Kitzingen erlassen. Bleibt es bei den Beschränkungen, dürfte es ab Anfang Juli keine Freilandeier mehr aus der Region geben – und auch keine Bioeier.
Ausschlaggebend dafür, wo die Tiere sich aufhalten, sind vor allem das Kaufverhalten der Verbraucher und die Vorgaben der Vermarktungsordnung. Bleiben die Freilandeier in den Regalen liegen, weil der Verbraucher lieber Eier aus Bodenhaltung kauft, rüsten die Pauls um, um nicht auf den Eiern sitzen zu bleiben.
Dabei haben die Hennen der Familie Paul einen Vorteil gegenüber anderen Tieren, die in „normaler“ Bodenhaltung leben. Der zusätzlich an den Stall angebrachte Wintergarten lässt die Tiere zu jeder Tageszeit an die Frischluft. Das sei ein über den Standard hinausgehendes Extra von Endres-Ei, so Christian Endres. „Die Luken hinaus ins Grün bleiben zwar geschlossen, aber die Tiere dürfen sich im Wintergarten mit frischer Luft begnügen – auch in Zeiten von Vogelgrippe“, erklärt Gudrun Paul. Sie werde oft angesprochen, wenn die Hühner nicht auf der Wiese sind. „Es ist schwer, den Leuten das verständlich zu machen.“
Während der Coronazeit sei das Verbraucherverhalten deutlich erkennbar gewesen, berichtet Gudrun Paul. „Es gab einen wahnsinnigen Freilandboom. Und als erlaubt wurde, dass man wieder in Urlaub fahren darf, wollten plötzlich alle nur noch Bodenhaltung.“ Ihre Erklärung: Bodenhaltungseier sind günstiger – die Leute wollten ihr Geld lieber für Urlaub nutzen.