Nachfrage nach Hunden in Corona-Zeiten boomt: Experten warnen vor Kauf zu Weihnachten
Autor: Daniela Röllinger
Kitzingen, Montag, 14. Dezember 2020
Experten warnen vor unüberlegtem Kauf eines Haustieres zu Weihnachten. Nicht jeder hat die Konsequenzen im Blick.
Ausgangsbeschränkung. Wie schon im Frühjahr dürfen die Bürger auch jetzt wegen der Corona-Pandemie nur aus wichtigen Gründen das Haus verlassen. Auf der Suche nach einem solchen „wichtigen Grund“ sind viele Menschen auf den Hund gekommen. Bei vielen Züchtern und Tierheimen stehen seit Februar/März die Telefone nicht mehr still. Doch ein Großteil der Anfragen ist unüberlegt.
„Sind die süüüßßß!“ Der Satz entschlüpft einem beim Anblick der Welpen von Astrid Scheder reflexartig. Die Prichsenstädterin züchtet Havaneser, freundliche, aufgeweckte, kinderliebe kleine Hunde, ideal für Familien. „So einen will ich auch“, sagt manches Kind da schnell. Normalerweise reagieren Erwachsene rational, erklären Sohn und Tochter, wie viel Arbeit mit der Anschaffung eines Hundes verbunden ist. Eine Rationalität, die in Zeiten von Corona verschwunden zu sein scheint.
Nachfrage nach Hunden durch Corona gestiegen
Die Zahl der Menschen, die in diesem Jahr einen Hund wollen, ist riesig, berichten Züchter. Schließlich sitzt man viel zuhause, viele arbeiten im Homeoffice. Da passt ein knuddeliger kleiner Freund doch ganz gut. Zumal er ja auch noch den Wunsch nach Nähe erfüllt – einen Hund kann man streicheln und knuddeln. Also wird spontan eine Liste von Züchtern im Internet aufgerufen und schnell mal durchtelefoniert.
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Den plötzlichen Run auf die Vierbeiner hat Astrid Scheder vor allem zu Beginn der Pandemie täglich zu spüren bekommen. „Das Frühjahr war der Wahnsinn.“ An manchen Tagen hat das Telefon fast alle zehn Minuten geklingelt. Die Zahl der Anfragen war zigmal so hoch wie in früheren Jahren. Seit 2015 züchtet die Prichsenstädterin Havaneser – „ein 24-Stunden-Job“. Ein bis zwei Würfe zieht sie jedes Jahr groß. Sie schaut schon immer ganz genau hin, wem sie ihre Tiere anvertraut.
In ausführlichen Telefonaten wird erst einmal geklärt, wie ernsthaft die Anfrage ist, ob der Interessent sich seiner Verantwortung bewusst ist, ob er sich mit der Rasse auseinandergesetzt hat, ob überhaupt Zeit für ein Tier ist. Die große Anzahl der Anfragen aber sprengt in diesem Jahr den zeitlichen Rahmen. „Jetzt müssen die Leute sich erst mal schriftlich bewerben. So kann ich vorsortieren.“ An Berufstätige verkauft sie ihre Hunde grundsätzlich nicht, es sei denn, Oma und Opa oder sonst jemand, der immer da ist, lebt mit im Haus und ist auch wirklich bereit, sich zu kümmern. Das Wort „Homeoffice“ kann und mag Astrid Scheder da gar nicht mehr hören. „Die Leute denken, sie sind ja jetzt gerade zuhause. Aber was in einem Vierteljahr ist, darüber denken sie nicht nach.“
Züchterin mahnt: "Das ist ja nicht so, wie wenn man etwas im Supermarkt kauft"
Dass die Züchterin den Verkauf ihrer Hunde an Bedingungen knüpft, versteht nicht jeder. „Aber es geht ja nicht darum, die Welpen loszuwerden. Ich will, dass sie gut versorgt sind.“ Schließlich gehe es um ein neues Familienmitglied, auf das man mit Vorfreude wartet. „Das ist ja nicht so, wie wenn man etwas im Supermarkt kauft. Das sind Lebewesen.“
Hundeerziehung: Das große Handbuch auf Amazon ansehenAuch die Leiterin des Kitzinger Tierheims schüttelt nur den Kopf, wenn sie auf die Nachfrage nach Hunden im Coronajahr 2020 angesprochen wird. „Es war einfach unglaublich.“ Unglaublich aus zwei Gründen: Zum einen, weil die Anzahl der Interessenten plötzlich so groß war und teilweise noch ist. „Es gab jeden Tag Anfragen.“ Zum anderen, weil die meisten sich gar nicht richtig damit beschäftigt hatten, was es bedeutet, ein Tier zu kaufen. „90 Prozent der Anfragen waren unseriös“, sagt Angela Drabant.