Druckartikel: Alles Quark oder was?

Alles Quark oder was?


Autor: JULIA VOLKAMER

Kitzingen, Dienstag, 02. Juni 2020

Zwei Expertinnen vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen erklären, warum man in der Corona-Küche zurück zu den Wurzeln gehen und der Wocheneinkauf wieder in Mode kommen sollte.
Beim gemeinsamen Kochen lernen Kinder viel über den Geschmack und die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln.


So viel wurde schon lange nicht mehr zu Hause gekocht. Die Kantinen sind geschlossen, ein warmes Mittagessen wird es weder in der Kita noch in den Schulen so bald wieder geben. Die Hauptmahlzeiten finden fast ausschließlich zu Hause statt – und werden zur Herausforderung für die ganze Familie.

Ruth Halbritter betont das ganz deutlich. „Alle sind gefragt, und alle sollten mithelfen“, erklärt sie und findet es alarmierend, dass die Devise „Frauen an den Herd“ gerade eine Renaissance erlebt. Sie ist am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für die Küchenpraxis in der Fachschule für Ernährung und Haushaltsführung zuständig und weiß, was alles dazugehört zum Herstellen eines vollwertigen und trotzdem günstigen Gerichtes. Zum Beispiel das Einkaufen.

„Kochzeit kann auch

Spielzeit sein.“

Thea Schlesinger, Ernährungsexpertin

In Zeiten von Mundschutz und Abstandsgeboten bietet es sich fast schon an, wieder zum guten alten Wocheneinkauf zurückzukommen. „Er spart Zeit und Geld und schont außerdem die Umwelt, weil zusätzliche Autofahrten ausfallen“, weiß Ruth Halbritter. „Allerdings setzt er eine gute Planung voraus.“ Die beginnt damit, am Wochenende die Angebote zu studieren und dementsprechend einen Wochenspeiseplan zu erstellen. Das könne zum Beispiel in einer kleinen Familienkonferenz passieren, bei der jeder seine Wünsche äußern und sich einbringen kann. Teure Spontan- und Verlegenheitskäufe, getreu dem Motto „was koche ich heute“, fallen hingegen weg.

Der durchdachte Einkaufszettel

Dann braucht es einen durchdachten Einkaufszettel. Der enthält alles, was für die Zubereitung der warmen Mahlzeiten gebraucht wird, Lebensmittel für Frühstück und Zwischen- sowie kalte Mahlzeiten, dazu einen Wochenvorrat an Obst, Gemüse, Milch und Milchprodukten. Außerdem müssen regelmäßig die Vorräte aufgefüllt werden: Trockenprodukte wie Reis, Nudeln, Mehl, Salz, Zucker und Hülsenfrüchte lassen sich ebenso wie Konserven sehr lange lagern – im Gegensatz zu Brot. Das kann man geschnitten kaufen, portionsweise einfrieren und nach Bedarf auftauen.

Dann kann es auch schon losgehen mit dem Kochen – gerne als Gemeinschaftserlebnis. Thea Schlesinger kennt sich nicht nur mit Ernährungslehre aus, sondern weiß auch um die Freude, die Kinder beim Kochen haben. „Sie lernen nicht nur die Lebensmittel und ihren Geschmack kennen, sondern essen das, was sie selbst gemacht haben, auch viel lieber.“ So könne mancher Gemüseverächter bekehrt werden, indem er es selbst schnippeln, anbraten oder unterrühren und dabei vielleicht auch schon mal naschen darf. „Kochzeit kann auch Spielzeit sein“, sagt Thea Schlesinger. Kinder entwickeln so eine ganz andere Wertschätzung der Speisen. Auch wenn es mal nur eine Ofenkartoffel mit Quark ist. Denn einfach bedeutet ja nicht schlecht. Und aufgewärmt schmeckt's noch mal so gut – zumindest „alles Soßige wie Bolognese, Gulasch oder auch Suppen“, findet Ruth Halbritter. Wichtig sei dabei die sachgerechte Lagerung im Kühlschrank. So können Reste mit ein bisschen Fantasie am nächsten Tag zu einem ganz neuen Gericht werden: Ist Hackfleischsoße übrig, wird daraus eine Lasagne, Gemüsereste schmecken gratiniert besonders lecker und die Kartoffeln kann man zum Kloß, geschnitten in der Pfanne oder als knuspriges Kartoffelküchlein weiterverarbeiten. Dazu gibts dann Apfelmus – wenn das kein Gaumenschmaus ist.

Alles in allem sollte man sich kochtechnisch an seine Wurzeln erinnern: an Omas Küche. Die war saisonal und regional, es wurde Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten verkocht und Fleisch aus eigener Schlachtung serviert, und wenn das alles verzehrt war, gab es Mehl- oder Milchspeisen. Die sind übrigens viel besser als ihr Ruf und können sogar süßen Heißhungerattacken vorbeugen. „Was soll denn an Grieß- und Reisbrei oder einem Pfannkuchen schlecht sein?“, fragt sich Ruth Halbritter, und Thea Schlesinger ergänzt: „Mit Vollkornmehl angerührt und mit Kompott oder eingelegtem Obst serviert, wird er zu einem vollwertigen Mahl.“ Wichtig sei es, auf Zucker im Teig oder Brei zu verzichten. Der gehört zu den „schlechten Kohlehydraten“, Ballaststoffe und Stärke indes zu den „guten“. „Davon nehmen wir eher zu wenig auf“, sagt die Ernährungsexpertin. Dafür zu viel Fett und im Durchschnitt auch mehr als genug Eiweiß. „Wichtig ist, immer frischen Salat, Rohkost und Obst einzuplanen“, erklärt auch Ruth Halbritter. „In unserer Region haben wir dafür beste Voraussetzungen.“

Sie empfiehlt, sich bei den Direktvermarktern vor Ort die vielfältigen Obst- und Gemüsekisten zu holen. Das stärkt nicht nur das eigene Immunsystem, sondern auch die regionalen Anbieter. Beides ist in diesen Zeiten ganz besonders wichtig – und macht das Einkaufen, Kochen und Essen noch um einiges wertiger.

Einkaufshilfe und Küchenhelfer

Nach Saison Obst und Gemüse sollte man nach Saison kaufen. Wer unsicher ist, kann mit der App „Der Saisonkalender“ des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) herausfinden, welche Ware gerade Saison hat.

Nach Region Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) bietet die Regio-App an, mit der man eine Umkreissuche nach regionalen Lebensmitteln und regionalen Anbietern starten kann. Ein ähnliches Angebot findet man unter www.regionales-bayern.de

Nach Augenmaß Jedes achte Lebensmittel, das gekauft wird, landet am Ende im Müll. Die App „Zu gut für die Tonne“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft bietet Rezepte für die kreative Resteküche und interpretiert Klassiker wie die „Armen Ritter“neu. Mehr Infos zu allen Apps gibt es unter www.ernaehrungstage.de

10 Regeln Für eine vollwertige Ernährung hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung diese Empfehlungen ausgesprochen: Lebensmittelvielfalt genießen, Gemüse und Obst – nimm Fünf am Tag, Vollkorn wählen, mit tierischen Lebensmitteln die Auswahl ergänzen, gesundheitsfördernde Fette nutzen, Zucker und Salz einsparen, am besten Wasser trinken, schonend zubereiten, achtsam essen und genießen, auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben. Erläuterungen und weitere Infos gibt es unter www.dge.de