Action auf dem Acker
Autor: Diana Fuchs
Kitzingen, Montag, 30. Sept. 2019
So funktioniert Solidarische Landwirtschaft: Die Geschichte eines Biobauern und seiner Ernteteiler.
Es staubt ein bisschen. Und es riecht herrlich kartoffelig. So muss das im Spätsommer sein. Gerade ist der Traktor vorbeigetuckert und der angehängte Roder hat jede Menge Kartoffeln aus dem Boden an die Oberfläche geworfen. Eine bunte Schar von Helfern macht sich daran, die Erdäpfel aufzulesen und zu sortieren: die schönen und großen in hohe Kisten, die kleineren und gespaltenen in niedrige. Die Sonne scheint, Alt und Jung sind friedlich bei der Feldarbeit vereint, sie lachen und reden und wischen sich zwischendurch den Schweiß von der Stirn.
Die siebenjährige Edda ist am Rand des Feldes in die Hocke gegangen und durchpflügt mit den Fingern den lockeren Boden. Sie benutzt ihre Hände wie Schaufeln und hält dann triumphierend drei dicke Knollen hoch: „Da findet man viel, wenn man rumwühlt!“
Erich Gahr nickt. „Schau mal, so geht es noch leichter“, sagt der Biobauer und schwingt eine Art Hacke. „Das ist ein Krail“, erklärt er, während er mit dem Gerät immer wieder die sandige Erde durchkämmt und verschollene Kartoffeln ans Tageslicht bringt. Edda ruft ihre Geschwister: „Kommt schnell her! Da finden wir viiiiiiel!“
Erich Gahr ist seit 35 Jahren Biobauer aus Leidenschaft. Seine Tochter wird seinen Naturkosthandel weiterführen, nicht aber die Landwirtschaft selbst. Doch was wird aus Letzterer, wenn der Seniorchef einmal in Ruhestand geht? Gahr ist auf eine Initiative gestoßen, mit der er sich, wie er sagt, hundertprozentig identifizieren kann: Solidarische Landwirtschaft, kurz SoLaWi.
Das bedeutet: Ein landwirtschaftlicher Betrieb schließt sich mit Privatleuten zusammen. Letztere leisten monatlich einen festgeschriebenen Betrag, damit die Felder – unabhängig von Marktzwängen – nachhaltig bestellt werden können. Im Gegenzug erhält jeder Einzahler einen Teil der Ernte. Wer möchte, kann hautnah dabeisein, wenn seine Nahrungsmittel entstehen, und beim Säen, Pikieren, Topfen, Jäten und Ernten mithelfen.
„Kerngedanke jeder SoLaWi ist es, Bewusstsein für einen achtsamen Umgang mit der Natur zu schaffen“, berichtet Erich Gahr. „Außerdem wollen wir Umweltbildung leisten und gleichzeitig ökologische Landwirtschaft fördern.“ Wirtschaftliche Zwecke verfolge die SoLaWi nicht. „Ich freue mich, dass ich meine Erfahrung an folgende Generationen weitergeben kann.“
Für dieses Wissen sind zum Beispiel Nadja Racky und ihre Familie dankbar. Zusammen mit ihrem Mann Bastian und den vier Kindern Ina (10), Erik (9), Edda (7) und Jon (4) ist die Grundschullehrerin an diesem schönen Samstagnachmittag aus dem nahen Örtchen Mainstockheim zum Kitzinger Kartoffelfeld geradelt. Jetzt packen alle Fünf beim Kartoffelverlesen an.