Kein "Monsterbiber" - „Abschießen ist kein Allheilmittel“
Autor: Daniela Röllinger
Kitzingen, Donnerstag, 22. Juli 2021
Etwa 230 Biber gibt es im Landkreis Kitzingen. Mit ihnen und anderen Wildtieren muss die Gesellschaft wieder leben lernen, sagt Dieter Lang von der Unteren Naturschutzbehörde. Manche wollen das aber gar nicht einsehen.
- Wie geht der Mensch mit Wildtieren wie dem Biber um?
- Typische Konfliktfälle zwischen Mensch und Biber
- Biber früher fast ausgerottet, seit 1966 wieder in Bayern
- Tiere sind streng geschützt
- Wie gelingt der Interessensausgleich zwischen Biber und Mensch?
- Lage im Landkreis Kitzingen
Gibt es ein Biberproblem im Landkreis Kitzingen? „Das ist die Frage“, sagt Dieter Lang. „Ist es nicht eher ein gesellschaftliches Problem?“ Es gehe nicht darum, ob Biber, Waschbär, Wolf, Fischotter und Saatkrähe gut oder böse sind, sondern vielmehr um die Frage, wie der Mensch mit Wildtieren umgeht, findet der Fachmann von der Unteren Naturschutzbehörde. „Sie sind in der Kulturlandschaft angekommen. Aber nicht in der Gesellschaft.“
Menschen und Biber - typische Konfliktfälle
Ein gebissener Angler, Löcher in Wegen, unterhöhlte Dämme, große Schäden für Teichwirte, Probleme bei Kläranlagen.... Der Biber hat in den vergangenen Wochen im Landkreis mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. Man fühle sich im Stich gelassen, so ein Vorwurf mehrerer Betroffener. Es müsse sich etwas ändern.
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Die Fakten rund um den Biber sind schnell erzählt: Im 19. Jahrhundert galt der Biber in Europa als fast ausgerottet. In den 1920er Jahren begann die Wiedereinbürgerung, zunächst in Russland, Lettland und Schweden, es folgten weitere Länder. 1966 wurde der Biber nach Bayern zurückgebracht. Die Wiederansiedlung gelang, die Population wuchs.
Ein komplexes Thema
Die Tierart ist nach europäischem Recht, der FFH-Richtlinie und dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt, die Tiere dürfen nicht gejagt werden, die Bauten und Röhren nicht zerstört. Wobei die „letale Entnahme“, wie es offiziell heißt, mit Ausnahmegenehmigung erlaubt ist. Dort, wo der Biber große Schäden anrichtet oder Gefahr im Verzug ist, darf er mit Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde geschossen oder mit Fallen gefangen werden. Dies gilt aber vor allem für gewerblich genutzte Fischteiche oder Kläranlagen, für die freie Landschaft liegt die Messlatte extrem hoch.
Grundlage für die Entscheidungen rund um den Biber ist das Bayerische Bibermanagement, sagt Dieter Lang. „Das ist unsere Bibel.“ Darin geht es um den Interessensausgleich zwischen Biber und Mensch, es geht um Beratung, Prävention, Schadensausgleich und „Zugriff“ – damit ist die Tötung oder die Beseitigung von Biberbauten gemeint.
Im Landkreis Kitzingen gibt es derzeit etwa 70 Biberreviere, insgesamt leben hier etwa 230 Biber. Für deren Schutz und das Miteinander von Mensch und Tier investiert die Untere Naturschutzbehörde viel Zeit. Mindestens acht Stunden, umgerechnet also einen Tag, pro Woche ist einer der drei Mitarbeiter mit dem Biber beschäftigt: Anrufe und Mails, Beratung, Ortstermine, Stellungnahmen, Absprache mit den Biberberatern des Landkreises...