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Leiche in Schubkarre: Zehneinhalb Jahre wegen Totschlags


Autor: Franz Barthel

Würzburg, Montag, 10. Dezember 2012

Einen Tag nachdem er eine gute Bekannte (32) in ihrer Wohnung erwürgt hatte, bummelte ein 45 Jahre alter Gärtner mit einer anderen Bekannten im Wildpark in Sommerhausen. Vom Schwurgericht wurde der Mann wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Mit einem Aktenordner versuchte der zu zehn Jahren und sechs Monaten verurteilte Mitarbeiter des Städtischen Gartenamtes sich vor Pressefotografen und Kameras zu schützen.


Nachdem der Angeklagte und eine Zeugin während der Beweisaufnahme aus dem Zuhörerraum massiv beleidigt worden waren, verlief die Urteilsverkündung nach der Ankündigung des Gerichts, im Wiederholungsfall hart durchzugreifen, unspektakulär: Der Angeklagte, ganz in Schwarz, hatte den Kopf bis fast auf die Tischplatte gesenkt, schüttelte gelegentlich leicht den Kopf, wenn der Vorsitzende Richter bei mehreren denkbaren Varianten beschrieb, wie es gewesen sein könnte. Das waren seine einzigen Reaktionen auf die zehneinhalb Jahre hinter Gitter. Vor und nach der Urteilsverkündung versuchte der Angeklagte ziemlich erfolglos, sein Gesicht vor zahlreichen, von allen Seiten auf ihn gerichteten Fernsehkameras mit einem Aktenordner zu verbergen.

"Der 45-Jährige ist nicht der blutrünstige Frauenkiller, wie ihn die Boulevardpresse gern gehabt hätte" , sagte der Vorsitzende Richter Burkard Poepperl und bekannte, dass dem Gericht bei der Beweislage die Entscheidung schwer gefallen sei. Obwohl bärenstark, sei der Angeklagte vorher nie durch aggressives Verhalten aufgefallen.

Die Frage, warum er dann so etwas machte, könne ebenso wie die Frage nach dem konkreten Tatverlauf nicht beantwortet werden - trotz erfolgreicher Arbeit der Kriminalpolizei am Tatort und in der Umgebung. Man sei weitgehend auf die Angaben des Angeklagten angewiesen. Auch für die Vorgeschichte der "Beziehungstat" lassen die Spuren am Tatort mehrere Varianten zu.

Ganz sicher sei nur, dass die allein erziehende Mutter, stellvertretende Leiterin eines Lebensmittelmarktes, tot war, als der Gärtner sie nach Mitternacht auf einem Acker am Stadtrand von Würzburg vergraben hat. Vorher ist er mit einem Schubkarren, auf dem unter einer Decke die Leiche lag, kreuz und quer durch den Würzburger Stadtteil Heidingsfeld gefahren. Weil die Tote wiederholt auf die Fahrbahn gefallen war, hatte er sie zuletzt mit Klebeband im Schubkarren fixiert.


Trotz geistiger Defizite - voll verantwortlich


Drei bis fünf Minuten lang müsse der Angeklagte seine Bekannte gewürgt haben, so ein Rechtsmediziner, ebenso lange dauerten wohl die Todesangst der Frau und ihr qualvolles Sterben. Für dieses Handeln sei der Gärtner laut Urteil, auch wenn er erhebliche geistige Defizite nahe am Schwachsinn hat, voll verantwortlich.
Angeblich war an dem Abend, als der Angeklagte die Bekannte aufsuchte, Kuscheln und Computer-Spiele angesagt. Streit habe es gegeben, weil die Bekannte dem Gärtner nahe gelegt habe, die Beziehung zu einer Frau abzubrechen, die er während einer Kur kennen gelernt hatte.

Da der Angeklagte überhaupt nicht dem Typ Mann entsprach, den die 32-Jährige nach Angaben von Freunden und Bekannten suchte, ging es ihr bei der Warnung vor der Kur-Bekanntschaft vermutlich nicht, wie der Gärtner meinte, um Eifersucht in eigener Sache, sondern darum, ihn als guten Bekannten zu schützen. Denn die neue Freundin, berichtete der Angeklagte angeblich an dem Abend, lebe derzeit noch bei einem anderen Mann, aber nur, weil sie dessen finanzielle Unterstützung brauche.


Kein Versöhnungssex war Streitauslöser


Als der Angeklagte, weil er nicht gern streitet, die Wohnung verlassen wollte und daran gehindert wurde, hat er der Bekannten drei heftige Schläge ins Gesicht versetzt. So lautet zumindest seine Sicht der Dinge. Dass man danach, weil er über sich selbst entsetzt gewesen sei und heftig zitterte, zum Versöhnen ins Bett ging und einvernehmlich Geschlechtsverkehr hatte, sei voll daneben gegangen: Schon nach einer Minute sei alles vorbei gewesen.

Das Gericht hatte Zweifel, ob der Angeklagte danach wirklich so massiv, wie er in der Verhandlung behauptete, beleidigt wurde: Dass er keinen "hoch kriegt", habe die Frau gelästert, ihn einen Dorfdeppen genannt, einen "Pimmel-Zwerg" und ein Muttersöhnchen.

Zur Verurteilung wegen Totschlags erklärte das Schwurgericht, dass mehrere Mordmerkmale, an die man zunächst denken könnte, tatsächlich nicht gegeben waren. So gehe man davon aus, dass der Gärtner erst nach der Tat, um 0.21 Uhr in der Nacht, auf die Idee gekommen sei, mit der Kreditkarte seines Opfers in einer Sparkasse 1600 Euro aus dem Automaten zu holen. Dabei sei es ihm in erster Linie darum gegangen, die Ermittler auf eine falsche Fährte zu locken. Das Geld hat er zum Teil in der Umgebung des Tatortes verstreut.

Das Gericht ging beim Angeklagten von echter Reue aus, berücksichtigte sein frühes Geständnis, erinnerte aber, neben Mutter und Bruder, an ein weiteres Opfer des Verbrechens: Dem schwer behinderten Sohn der Getöteten könne man nicht vermitteln, was da passiert ist. Der habe aus Enttäuschung darüber, dass ihn die Mutter nicht mehr besucht, ein Bild von ihr zerrissen.