Koch hat im Silvesterstress zugestochen
Autor: Franz Barthel
Würzburg, Donnerstag, 27. Juni 2013
In der Küche renommierter Würzburger Weinstuben hat ein Koch (49) an Silvester, im Stress nach etwa 500 Gerichten, einem Kollegen mit einer Fleischgabel in die Schulter gestochen, weil der sich seiner Meinung nach recht langsam bewegte. Nun stand er wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht.
Die "Stichelei" endete nach kurzem Prozess ohne Urteil. Wenn der Koch 1500 Euro an ein Kinderzentrum zahlt, wird das Verfahren eingestellt. Der Mann hat eindrucksvoll den Stress am Silvester-Abend beschrieben und, dass plötzlich kein Rotkraut mehr in Reichweite war: 30 Essen, fix und fertig, konnten nicht raus aus der Küche, nur weil der Vorratsbehälter fürs Rotkraut leer war. Und in der Situation habe der später Angestochene nicht reagiert. Statt selbst los zu rennen und Rotkraut zu holen, sei er da gestanden und habe abgewartet, wer jetzt wohl die Panne ausbügelt und den Nachschub an Rotkraut organisiert.
"Gabel in der Hand vergessen"
In der Situation, so der angeklagte Koch, habe er seinen langjährigen Kollegen "anstumpen" wollen, als Aufforderung, selbst das Rotkraut zu besorgen. Er habe ihn geschubst und dabei vergessen, dass er eine Fleischgabel in der Hand hielt. "Wenn ich grad einen Kochlöffel in der Hand gehabt hätte" , so der Angeklagte, wär's weniger dramatisch gewesen. Und dafür, sagte der Koch mit einem gewissen Talent zum Alleinunterhalter, soll ich jetzt "hingerichtet" , er meinte verurteilt, werden.
Richter Thomas Behl stellte erst mal klar, dass er wenn, dann verurteilt, aber niemals hinrichtet. Er wisse nicht, wer dem Koch solche Schauermärchen über ihn erzählt hat. Der Koch ging dann recht diplomatisch vor, mit Streicheleinheiten für das hohe Gericht. Er lese in der Zeitung immer gern die Verhandlungen von Richter Behl, weil der meistens am Schluss den Angeklagten noch einen knackigen Satz mit auf den Weg gibt, nach Hause oder in die Zelle.
Und was er sonst noch alles, volksnah- allgemeinverständlich und nicht so juristisch-geschwollen sagt, der Herr Richter, wie der da immer "seinen Senf dazu gibt", das gefalle ihm, aber dass er einmal selbst vor dem steht, damit hätte er niemals gerechnet. Er habe doch kein Messer gezogen, um damit einen zu bedrohen. Das Verhältnis zwischen Täter und Opfer sei nach dem Stich mit der Fleischgabel nicht beeinträchtigt, man arbeite ganz normal zusammen, wie seit vielen Jahren.
Zwei Millimeter breit
Er vermute, so der Angeklagte, dass es die Ehefrau des Kollegen war, die ihren Mann in der Neujahrsnacht nach Dienstschluss erst ins Juliusspital zur Begutachtung und dann zur Polizei zum Anzeigen schickte. Die Stichverletzung soll, so der ärztliche Befund, zwei Millimeter breit gewesen sein und die Tiefe konnte der Notarzt nicht schätzen. Für alle Fälle ist das Opfer für drei Tage krank geschrieben worden. Als Zeuge sagte der Verletzte: Für ihn sei alles erledigt, er wolle nur seine Ruhe, der Angeklagte habe ihn seit dem Vorfall nicht mehr angefasst.
Nicht einmal der Staatsanwalt wollte, dass der Koch, der im Silvester-Stress die Fleischgabel in seiner Hand vergessen hatte, deswegen richtig bestraft wird. Man einigte sich auf die Geldbuße von 1500 Euro, stellt das Verfahren ein und der Angeklagte steht auch in Zukunft nicht-vorbestraft am Herd. Um seine Worte zu übernehmen: Zu der befürchteten "Hinrichtung" ist es nicht gekommen.
Zum Schluss hatte der Richter dann doch noch eine Frage, die mit dem Rotkraut-Fall unmittelbar nichts zu tun hatte. Er kenne einen Kellner aus diesen Weinstuben, nicht von einer Verhandlung, sondern als Gast. Ob der noch beim "...-Spital" arbeite. Ja, sagte der Koch und der Richter bat ihn um einen Gefallen: "Richten Sie ihm aus, dass ich eigentlich als alter Bekannter fest mit einer Einladung zu seiner Hochzeit gerechnet hatte". Aber, dass der Keller den Richter bei seiner Hochzeit nicht dabei haben wollte, ist ja nicht strafbar.